PR 2672 – Kosmische Agonie
Wohl vieler zugunsten des Gewinnes weniger in den Hintergrund stellt? Sollte nicht auch für dich die Rettung eurer Welt im Vordergrund stehen, weit vor allen Interessen an einem einzigen System?«
Einen Moment wirkte es, als wollte Anicee antworten, dann schwieg sie.
Es gibt immer noch Dinge, die der Umbrische Rat uns gegenüber zurückhält, erkannte Shanda. Vermutlich bereut Anicee bereits, in einem schwachen Moment die Flotte befreit zu haben. Ob sie weiß, dass Ollaron zum Weltenkranz-System aufgebrochen ist?
Einen Moment war die Funkenmutantin versucht, in den Geist der jungen Frau einzudringen. Als hätte Anicee ihre Absicht erraten, sah sie zu Shanda. Unter ihrem Blick fühlte Shanda sich, als würden ihre Glieder zu Eis.
»Warum ist sie hier? Warum seid ihr beide hier?«
»Shanda und ich waren an der Ephemeren Folie«, erklärte Bull. »Wir haben versucht, mit den Spenta zu reden.«
»Sie hat mit ihnen geredet?«
»Nein. Ein Sayporaner, der zugesagt hat, uns zu unterstützen. Chourtaird.«
»Ein Chour.« Es schien sie nicht zu überraschen. Shanda fragte sich, wie viel Anicee von der internen Politik der Sayporaner wusste. »Und was hat er erfahren?«
»Dass die Spenta Probleme bei der Loslösung ARCHETIMS haben. Aber sie haben ihm nichts Genaueres gesagt. Sie misstrauen ihm.«
»Zu Recht, würde ich sagen.«
»Sie glauben, die Menschen hätten irgendetwas getan, um den Korpus an die Sonne zu binden. Wir haben aber nicht herausfinden können, was sie meinen. Ohne genauere Informationen können wir aber keine Nachforschungen anstellen.«
»Und nun wollt ihr den Segen der Sayterraner, damit die Spenta mit euch zusammenarbeiten.«
»Richtig. Hilf uns, den Spenta zu helfen und damit allen Völkern dieses Raums. Hilf uns, das wieder auszugleichen, was passiert ist.«
Anicee löste ihre Arme aus der Verschränkung und wandte sich ab. »Ich werde mit dem Rat reden. Wir werden morgen darüber abstimmen.« Ohne ein weiteres Wort verschwand sie in einen der angrenzenden Räume.
»Ich schätze, damit sind wir entlassen«, knurrte Bull.
Dass er nicht glücklich war, erkannte Shanda an seiner Haltung, auch ohne es erspüren zu müssen. In seinen Augen lag jedoch etwas anderes, als er Anicee nachsah. Eine widerwillige Anerkennung.
Die junge Frau hatte ihn beeindruckt.
*
Rence war nicht da, als Shanda in die Wohnung zurückkam. Lediglich eine Antwort auf ihre Nachricht erwartete sie. Sie war knapp, seine Absage aufgrund eines wichtigeren Termins. Von anfänglicher Wut verfiel Shanda in das Gefühl, eine solche Zurückweisung auf gewisse Weise verdient zu haben.
Sie schrieb stattdessen auf, was sie fühlte und dachte, und ließ auch das einfließen, was Reginald Bull gesagt hatte. Sie machte eine schonungslose Bestandsaufnahme dessen, was sie verband, und dessen, was sie trennte, und versuchte, daraus eine mögliche gemeinsame Zukunft zu entwickeln.
Als sie fertig war, war die halbe Nacht vergangen. Dafür konnte sie endlich wieder schlafen.
Um 11.05 Uhr weckte die Hauspositronik sie mit der Meldung, dass der erwartete Anruf Reginald Bulls gerade einginge.
»Nur Ton«, forderte sie dieses Mal und sprang aus dem Bett. »Guten Morgen, mein Resident!«
»Guten Tag, Shanda. Ist dir schon langweilig?«
»Oh, ich lerne gerade, die Langeweile zu genießen«, antwortete sie auf dem Weg ins Bad. Das Schlafhemd ließ sie einfach unterwegs fallen. »Aber ich gestehe, ich bin noch nicht sehr gut darin. Wie stehen die Dinge?«
Hastig duschte sie, während Bully ihr berichtete, dass der Rat zusammengetreten war und lange beraten hatte. »LAOTSE meint, es sah erst einmal nicht gut aus, aber schließlich haben sie sich durchgerungen, uns zu unterstützen. Leider hat er keine Details offengelegt. Ich hätte gerne gewusst, welche Position Anicee vertreten hat. – Jedenfalls hat der Rat sie beauftragt, uns zu helfen. Sie will in einer Stunde mit uns zur KLEOPATRA überwechseln.«
Shanda verschluckte sich fast. »Eine Stunde? Ich bin nicht sicher, ob ich das schaffe ...«
»Ich kann dir einen Gleiter schicken. Er holt dich auf dem Dach eures Hauses ab.«
»Lieber unten im Tiefparkbereich. Ich weiß nicht, ob auf dem Dach schon alles repariert ist. Wir hatten doch einen Meteoritensplittereinschlag. Nichts Dramatisches und gerade darum weit hinten in der Prioritätenliste der Reparaturen ...«
Humpelnd arbeitete sie sich auf dem Weg zur Küche in ihre Hose. Der Duft von Kaffee empfing sie bereits. Sie
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