PR 2673 – Das 106. Stockwerk
Natur. Ich habe überraschend Besuch erhalten; die Tochter eines ehemaligen Freundes ist für einige Tage in Terrania abgestiegen. Leider weiß ich nicht so recht, was ich mit ihr anfangen soll.«
Burnett hielt Spezialwerkzeug in Händen, das er nicht loslassen konnte, ohne neue Probleme zu verursachen. »Wie alt ist das Kind? Ungefähr so groß?«
Es wirkte eigenwillig, als er mit den Ellenbogen gestikulierte. Riordan wurde ziemlich schnell klar, dass der Kybernetiker eine Größe andeutete.
»Die Kleine ist schon ein wenig größer«, spottete Riordan. »Eine junge Frau, um die dreißig; genau weiß ich das nicht, und ich werde sie auch nicht nach ihrem Alter fragen. Sie ist mütterlicherseits Ferronin, väterlicherseits Terranerin. Schon deshalb will sie sich Terrania ansehen. Aber ich komme mit jungen Frauen, nun ja, nicht so zurecht, wie sie sich das vorstellen. Du würdest mir einen großen Gefallen tun, Flemming.«
Ein schnell intensiver werdendes Knistern erklang. In einem von Burnett geöffneten Versorgungsring stob ein Funkenregen auf. Hastig arbeitete er weiter und sah erst nach vier oder fünf Minuten wieder auf.
Die Erleichterung war ihm anzumerken.
Flemming Burnett war alles andere als ein Frauenheld, aber eine Stadtführung quer durch Terrania für eine junge Halbferronin zu übernehmen ...
»Das sollte kein Problem sein«, erklärte er. »Hat sie besondere Wünsche?«
*
Wünsche habe sie eigentlich keine, beschied ihm die junge Frau, als sie Burnett am nächsten Tag in seiner Wohnung in Monggon-Ost aufsuchte. Allerdings würde ihr bestimmt die eine oder andere Sehenswürdigkeit in den Sinn kommen, sobald sie sich wieder damit befasse.
Ve Kekolor war auf Terra geboren. »Im Jahr 1433«, ließ sie Burnett wissen. »Mein Vater ist Terraner, derzeit leben er und meine Mutter auf Ferrol. Mir selbst gefällt es auf Terra sehr viel besser. Mag sein, dass ich länger hierbleiben werde, womöglich für immer. Ich weiß es noch nicht.«
Ve war einen Meter fünfundsechzig groß und breitschultrig. Für eine Ferronin hatte sie sehr feingliedrige Arme und Hände. Das sei das genetische Erbe ihres Vaters, erklärte sie amüsiert, von ihrer Mutter habe sie als Ausgleich die nette zartblaue Hautfarbe mitbekommen und das schulterlange kupferfarbene Haar.
Der Kupferton harmonierte gut mit ihrer Haut und betonte das runde Gesicht. Ve Kekolors Augen schimmerten ebenfalls wie blankes Kupfer.
Kurz entschlossen griff sie nach Burnetts Hand und schob ihre Finger zwischen die seinen. Er schaute sie verblüfft an, fühlte sich beinahe überrumpelt. Trotzdem dachte er nicht daran, sich ihrem Griff wieder zu entziehen. Im Gegenteil, für einen Moment stieg in ihm das Verlangen auf, Ve fester an sich zu ziehen. Nur der Umstand, dass Kekolors Vater und Fydor Riordan befreundet waren, hinderte ihn daran.
Es war lange her, dass er eine Frau im Arm gehalten hatte, und irgendwie waren ihm danach Positroniken und Altertümer reizvoller erschienen. Ob er an jenem Tag etwas falsch gemacht hatte, war längst im Dunst verblassender Erinnerung untergegangen, er wollte es auch gar nicht mehr wissen. Ves Nähe, ihre Wärme und der leicht herbe Hauch, der sie umwehte, waren in der Hinsicht eine neue Erfahrung für ihn.
Vorübergehend fragte sich Burnett, ob diese Begegnung womöglich gar nicht so zufällig war, wie Riordan sie abgetan hatte.
Die junge Frau lachte leise. Ihr Griff um seine Hand wurde fester, sie lehnte sich an seinen Arm.
»Gehen wir!«, bat sie. »Mir wird schwindlig bei dem Gedanken daran, endlich wieder auf Terra zu sein.«
Er war nahe daran, mit der freien Hand durch ihr luftiges Kupferhaar zu fahren, das ihn an Bündel hauchfeiner Impulsleiter erinnerte, doch er ließ die Hand sinken. Ve Kekolor sah ihm in die Augen.
Für Sekunden sah er, wie sich in ihrem Blick Zufriedenheit und Spott mischten.
Ve löste sich von ihm.
»Danke, Flemming! Dafür, dass du mir alles zeigen willst, was dir gefällt.«
Tat er das? Er hatte nicht darüber nachgedacht. Der Residenzpark mit der Solaren Residenz war ohnehin eines der Wahrzeichen von Terrania City. Wenn er die Ziele schon nach seinem Geschmack aussuchen durfte – und wer hätte ihn daran gehindert? – ,würde er genau dort anfangen.
»Hast du besondere Wünsche, Ve?«, wollte er wissen. »Etwas, woran dein Herz von früher hängt?«
Sie antwortete mit einer unschlüssigen Geste.
»Ehrlich gesagt, ich habe mich durch einige Tourismusprogramme
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