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PR 2673 – Das 106. Stockwerk

PR 2673 – Das 106. Stockwerk

Titel: PR 2673 – Das 106. Stockwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Flemming, für uns beide ist das keine Schwierigkeit. Ich gebe dir als Leiter der Terra Intern den Auftrag, AGENT GREY nach seiner Einschätzung zu fragen. Ist das in Ordnung für dich?«
    Es kostete ihn Überwindung. Nicht einmal Fydor Riordan als Abteilungsleiter hatte das Recht, ihm diese Frage zu genehmigen. Burnett stellte trotzdem die Verbindung zur Biopositronik her. Gegen die Vorschriften. Und AGENT GREY antwortete ihm.
    »Die Fakten sprechen für Attilar Leccore.«
    »Ich habe es befürchtet«, sagte Riordan.
    »Eben hättest du auf ihn gewettet ...«
    »Das heißt nicht, dass ich Leccore als den richtigen einschätze – das ganz und gar nicht.« Fydor Riordan schüttelte den Kopf.
    Auf Burnett wirkte er benommen, beinahe angeschlagen.
     
    *
     
    Einen Monat danach wurde Attilar Leccore mit einem kleinen internen Fest im Tower des Terranischen Liga-Dienstes in sein neues Amt als Leiter des TLD eingeführt.
    Immer schon waren Feierlichkeiten für Leccore nur eine lästige Pflicht gewesen, der er sich so oft entzogen hatte, wie es ihm möglich gewesen war. Das wussten alle, und trotzdem – oder gerade deswegen – wurde es ein beachtliches Fest. Ein Höhepunkt jagte den anderen und ließ Leccore nicht zur Ruhe kommen.
    Da war die holografische Animation, an deren Erstellung Flemming Burnett keineswegs unbeteiligt gewesen war, die den neuen ersten Mann des Liga-Dienstes unvermittelt mit einer Extremsituation konfrontierte. In diesen Minuten zeigte sich, welche schauspielerischen Talente in manchem Agenten schlummerten.
    Leccore meisterte den blutigen Ernstfall und griff, die Hände noch mit synthetischem Blut verschmiert, nach seinem mit Vitaminen angereicherten Wasser.
    »Das war nett«, stellte er fest, »aber leider zu durchsichtig. Ich hoffe, dass sich alle hier in einem Ernstfall noch größere Mühe geben werden. Wenn das so ist, können wir gut miteinander auskommen.«
    »Wenn nicht?«, rief jemand aus dem Hintergrund.
    »Muss ich darauf eine Antwort geben?«
    Einige lachten. Burnett lachte ebenfalls, aus Höflichkeit. Er fragte sich, warum Fydor Riordan nicht einmal zur Debatte für das Amt des TLD-Chefs gestanden hatte. Lag es daran, dass Fydor sich weit genug in den Vordergrund spielte?
    Deine Zeit wird kommen. Das hatte Fydor Riordan ihm vor Jahren gesagt, nicht wortwörtlich, wenigstens ungefähr. Burnett wartete seitdem darauf, er war geduldig.
    Überrascht registrierte er, dass Riordan unvermittelt auf Leccore zuging. Fydor wirkte ernst, beinahe verbissen, und als er Leccore schon nahe war und die rechte Hand hob, sah es aus, als wolle er den neuen Leiter niederschlagen.
    Leccore reagierte unsicher. Dass er sich versteifte, war zu sehen, aber er hütete sich vor einer abwehrenden Bewegung. Ein angespannter Zug erschien in seinem Gesicht, wich Verwunderung, einer unausgesprochen bleibenden Frage.
    Riordan hatte die rechte Hand geöffnet und die Finger gespreizt. Für einen Moment drehte er die Hand so, dass jeder sehen konnte, dass er nichts verborgen hielt. Er nickte Leccore zu und griff hinter dessen rechtes Ohr.
    Sekundenlang herrschte angespannte Stille, niemand redete mehr. Als Fydor Riordan die Hand zurückzog, hielt er etwas zwischen Zeige- und Mittelfinger – und es war eindeutig, dass er den kleinen Gegenstand hinter Attilar Leccores Ohr hervorgezogen hatte.
    Wieder hob er die Hand, aber diesmal streckte er nur die beiden Finger aus und ließ jeden erkennen, was er festhielt.
    Eine Münze.
    Riordan lächelte schüchtern, als er die Münze Leccore gab.
    Der stutzte, drehte sie plötzlich interessiert, schaute den Zauberkünstler an und dann wieder die Münze. Es war deutlich, dass er wenig damit anzufangen wusste.
    »Danke!«, sagte er dennoch und an die Feiernden gewandt: »Die Münze trägt mein Konterfei.«
    Fydor Riordan sammelte Münzen, das hatte Burnett irgendwann mitbekommen. Trotzdem erschloss sich ihm der Sinn des lapidaren Zaubertricks nicht.
    Er wollte Fydor fragen, aber er sah ihn nicht mehr.

5.
     
    Nachtasyl.
    Dort herrschte quirlige Geschäftigkeit rund um die Uhr. Ein Leben im Untergrund, dem gegenüber den frühen Jahren der Hauch des Verruchten abhandengekommen war.
    Noch vor wenigen Jahrhunderten als Geheimtipp extrovertierter Kreise gehandelt, hatte sich dieser Bereich Sub-Terranias mittlerweile bei allen Bevölkerungsschichten etabliert. Nachtasyl war zum subplanetaren Vergnügungsviertel mutiert, in dem die Mieten trotz des enormen Zulaufs extrem preiswert

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