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PR 2673 – Das 106. Stockwerk

PR 2673 – Das 106. Stockwerk

Titel: PR 2673 – Das 106. Stockwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Hand ließ die Puppen wie Perlmutt schimmern.
    »Das sollen Sayporaner sein!«, platzte Daniil Veriaso heraus.
    Der Jülziish drückte ihm eine der Puppen in die Hand. »Wirf sie ins Feuer! Lass sie brennen! Sie müssen den Schmerz spüren, nur dann werden sie sich zurückziehen. Verbrenn sie!«
    Der Blue deutete auf ein loderndes Feuer mitten auf dem Zugangsweg zum nächsten Gebäude.
    Veriaso wirkte unschlüssig.
    »Das ist Voodoo, so etwas wie eine uralte terranische Religion«, sagte Bull zu dem Spezialisten. »Das meiste davon kannst du als Aberglaube abtun.«
    »Der Blue ist überzeugt, dass es hilft«, wandte Sarmotte ein. »Er denkt sogar daran, die Puppen aufzuspießen wie Insekten.«
    Nun erkannte Reginald Bull in dem Gebäude einen schiefen Voodoo-Tempel. Stimmen hallten durch das Gemäuer, wurden aber vom Fauchen des auflodernden Feuerballs übertönt, als Veriaso die kleine Puppe in die Flammen warf. Die Verpuffung fiel heftig aus, offenbar war der stilisierte Sayporaner mit Pulver gefüllt gewesen. Bully schnupperte Geruch von Schwarzpulver.
    »Hoffentlich hilft es.« Ollowa seufzte.
    »Der Tempel ist Papa Legba geweiht, dem Mittler zwischen Gott und den Menschen«, sagte Leccore. »Papa Legba ist ein freundlicher und hilfsbereiter Loa.«
    »Und was ist ein Loa?«, erkundigte sich die Mutantin.
    Bully warf ihr einen schnellen Blick zu. Sie nickte knapp, also hatte sie versucht, in Leccores Gedanken einzubrechen, wenngleich vergeblich. Das Ziel war immer noch nicht greifbar, und Leccore schwieg.
    »Ein Loa ist ein Geist oder auch ein Gott, jedenfalls verfügt er über große Macht und beinahe uneingeschränkte Möglichkeiten. Menschen, die sie verehren, können die Loa fast jeden Wunsch erfüllen«, erläuterte der TLD-Chef.
    »Ich hätte jedenfalls einen Wunsch.« Bull warf einen Blick auf die Zeitanzeige. Seit ihrem Aufbruch aus dem Muurt-Quartier waren erst dreißig Minuten verstrichen. Den Zeitrahmen hatte Leccore von vornherein genannt.
    Noch bestand kein Anlass, auf den Paratronschirm über dem Tower feuern zu lassen und die Robotvögel einzusetzen. Ein derart brachiales Vorgehen hätte die Gefahr potenziert, dass die Gegner sich absetzten und das Transitparkett mit einem zurückgelassenen Sprengsatz zerstörten. Genau das wollte Bully vermeiden.
     
    *
     
    An den Tempel anschließend, im ähnlichen Stil erbaut und zum Teil mit makaber wirkenden Utensilien geschmückt, erhob sich ein Speiselokal. Papa Legba, verkündete eine blinkende Leuchtschrift.
    Attilar Leccore ging auf das Lokal zu.
    Hinter ihnen erklang das Fauchen neuer Verpuffungen. Als Bully sich umwandte, sah er, dass der Jülziish plötzlich alle Hände voll zu tun hatte, Flechtpuppen zu verteilen. Einige Dutzend Menschen drängten sich um ihn und seinen kleinen Stand. Auch aus dem Tempel kamen Terraner und steuerten auf das Lokal zu, das den Abschluss einer Sackgasse bildete und sich an die von rotbraunen Gesteinsadern durchzogene Felswand anlehnte.
    »Das Papa Legba hat einen guten Ruf«, sagte Leccore wie beiläufig. »Bodenständige terranische Küche und jede Menge selbst gebrannter Rum, der im Tempel geopfert werden kann. Wir werden hier essen.«
    »Wir werden ... was?« Bull glaubte, sich verhört zu haben.
    »Ein leichtes Abendessen«, antwortete der TLD-Leiter. »Deshalb sind wir hier.«
    Bully war sich nicht schlüssig, wie er reagiert hätte, hätte Leccore ihm nicht zugeblinzelt. Irgendwo im Papa Legba gab es also eine Schnittstelle zum TLD-Tower, gut fünfundvierzig Kilometer von diesem entfernt.
    Bull nickte nur, und als sie eintraten, zog er seine Kombination zurecht. Es war kurz nach halb sechs abends, und der geräumige Gastraum war schon zur Hälfte belegt. Sofort taxierten neugierige Blicke die Eintretenden.
    Natürlich hätten sie mit angelegten Kampfanzügen größtes Aufsehen erregt. Deshalb also hatte Leccore auf Zivilkleidung bestanden.
    Eine Frau stürmte auf sie zu.
    »Um alles in der Welt, der Roboter bleibt draußen!«, dröhnte sie in tiefem Bass, mit rauchig kratzender Stimme. »Der verschreckt mir alle Gäste! Ein TARA ... bei allen guten Geistern, das geht überhaupt nicht.«
    »Ein einfacher Hilfsroboter«, beschwichtigte Leccore. »Nur die Hülle ...«
    »Egal!«
    Die Frau war heran. Prustend stemmte sie sich die fleischigen Hände in die Seite und funkelte Leccore herausfordernd an.
    Sie war schwergewichtig und hätte nicht besser in das Umfeld passen können. Feuerrotes Haar ließ die dunkle Haut und

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