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PR 2684 – Ein Pfand für die Spenta

PR 2684 – Ein Pfand für die Spenta

Titel: PR 2684 – Ein Pfand für die Spenta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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um seine Gefangenen zu beobachten.
    Und Gefangene waren alle rund 100.000 Besatzungsmitglieder an Bord: SOLAG-Angehörige, Buhrlos, Terra-Idealisten, Monster, Extras, SOL-Farmer und ... Deccon hielt in seiner gedanklichen Aufzählung unwillkürlich inne, denn er sah, dass zwei der Buhrlos sich gegenseitig Zeichen gaben. Der High Sideryt hatte die wichtigsten Signale der Weltraummenschen studiert und sich eingeprägt, doch das gestenreiche stumme Gespräch lief so schnell ab, dass er ihm höchstens bruchstückhaft folgen konnte. Er sah, dass einer der Buhrlos kurz die Hände über dem Kopf verschränkte.
    Das hieß: Ich habe etwas Bedeutsames gefunden!
    Deccon verließ seinen Platz an den Kontrollen und begab sich zu einem Interkomanschluss. Wenn sich der fast zwei Meter große Hüne mit dem von Muskeln und Fleischwülsten bedeckten Körper durch seine Zentrale – er nannte den Raum auch seine Klause – bewegte, wirkte er trotz seiner Trägheit auf eine schwer beschreibbare Weise gebieterisch und entschlossen. Sein Gesicht war massig, rot und aufgedunsen; die Röte zog sich bis zum kahlen Schädel hinauf. Deccons Nase war aufgequollen, fast wie eine Art Geschwür; seine Lippen wulstig wie zwei fette, eng nebeneinanderher kriechende Würmer. In diesem Gesicht waren die Augen kaum zu sehen; wenn Deccon die Brauen hob, erinnerten sie an zwei graue, in feuchten Beton gedrückte Steine.
    Der High Sideryt schaltete den Interkom ein. Als uneingeschränkter Herrscher der SOLAG konnte er fast jeden Punkt innerhalb des Schiffes erreichen. Dennoch gab es ein paar Ausnahmen, was ihn ungemein störte, im Augenblick jedoch nicht zu ändern war.
    Ein Bildschirm erhellte sich, die eigentliche Zentrale der SOL wurde sichtbar.
    »Wer hat Dienst an den Kontrollen?« Deccons Stimme klang tief und dunkel. Sie verstärkte den düsteren Gesamteindruck des Mannes.
    »Brooklyn«, antwortete jemand, sich außerhalb des Sichtbereiches der Aufnahme befindend.
    Der High Sideryt bewegte sich zur Seite. Seine Jacke, die ebenso wie die Hose aus blau schimmernden Metallschuppen zusammengesetzt war, klirrte leise. Obwohl sich die Kleidung eng an den Körper schmiegte und seine Konturen deutlich erkennen ließ, wirkte sie wie eine Rüstung. Um den Hals trug Deccon ein goldenes Kettchen, an dem ein kleiner Kasten befestigt war. Niemand wusste, was sich in diesem Behältnis befand.
    Brooklyn tauchte auf dem Interkomschirm auf. Deccon erinnerte sich daran, dass niemand ihren richtigen Namen kannte. Es ärgerte ihn ein bisschen, denn er sah darin einen gewissen Autoritätsverlust, was ihn selbst anging. Brooklyn gehörte jedoch zur Gruppe der Fortschrittlichen unter den Magniden, und da Deccon insgeheim mit dieser kleinen Partei sympathisierte, vermied er es, ihre Angehörigen zu sehr unter Druck zu setzen.
    »Hallo, Chart«, sagte Brooklyn freundlich.
    »Wie viele sind draußen?«, wollte Deccon wissen.
    Sie dachte nach, als sei sie von der Direktheit seiner Frage irritiert.
    Wie kann sie nur so liebenswürdig und charmant sein? , fragte er sich ärgerlich. Ich möchte zu gern wissen, was wirklich im Kopf dieser grauhaarigen, alten Dame vorgeht.
    »Einundzwanzig«, sagte Brooklyn schließlich.
    Unwillkürlich überlegte er, wie viel E-kick das bedeutete. Er fluchte leise. Seine Gedanken kreisten viel zu oft um E-kick. Dabei hatten sie in diesem Augenblick andere Sorgen.
    Und was für Sorgen! , dachte er.
    »Hast du eine Namensliste?«
    Ihre Verwirrung wuchs. »Wozu brauchst du eine Namensliste, High Sideryt?«
    »Ich glaube, dort draußen geht etwas Ungewöhnliches vor«, antwortete er.
    Sie sah erstaunt aus. »Zweifellos«, bestätigte sie ironisch. »Wir zappeln wie ein Fisch an der Angel.«
    Was, zum Teufel, wusste sie über das Angeln? , schoss es ihm durch den Kopf.
    Sie fuhr fort: »Wahrscheinlich kommt etwas vorbei.«
    Seit zweieinhalb Wochen wurde die SOL von allen möglichen Objekten überholt, die ebenfalls im Kraftfeld von Mausefalle gefangen waren – und überholte ihrerseits langsamere Gebilde. Es war auch für die Wissenden innerhalb der SOLAG nicht möglich, die Kriterien zu erkennen, nach denen sich die Geschwindigkeiten all der Dinge bestimmten, die in Mausefalle festsaßen. Besonders teuflisch erschien Deccon die Tatsache, dass jedes eingefangene Objekt, einschließlich der SOL, sein Tempo ständig änderte. Auf diese Weise ließ sich nicht einmal bestimmen, wann das Schiff die Bahn des äußersten der insgesamt dreiundzwanzig

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