PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock
Inspektor fühlte sich in unendliche Höhen emporgehoben und wurde eins mit dem Universum, das im Schock der uferlosen Trauer verharrte. Von oben betrachtete Paitäcc den Kosmos und blickte hinab auf das winzige Sonnensystem, in dem seine Armada der 40.000 Zapfenraumer, bemannt mit 80 Millionen Dosanthi-Kriegern, auf den Angriffsbefehl wartete.
Paitäcc sah sich selbst im Sessel des Oberbefehlshabers. Er sah Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Mannes, der sich anschickte, zum mächtigsten Sayporaner des künftigen Neuroversums zu werden.
Während Milliarden Intelligenzen im Solsystem von unendlicher Trauer ergriffen wurden und sich mit dem Tod in all seinen Facetten konfrontiert sahen, hing Paitäcc seinen faszinierenden Plänen von Einfluss und Macht nach.
Er musste es den anderen Anwärtern auf das Amt des Dekans beweisen. Er würde Paichander beerben, die Schritte seines Volkes im Neuroversum lenken und rasch zur Legende werden. Danach konnte er die Unendlichkeit anstreben, entstofflicht durch einen statischen Transmitter Jahrhunderttausende überdauern und hin und wieder zu seinem Volk zurückkehren.
Paitäcc, der Urdekan.
Wohlige Hitze durchpulste seinen Leib.
»Es ist ... überwältigend«, raunte Chourvläsd neben ihm.
Paitäcc dachte an die Dosanthi, die er für ihre Einzigartigkeit verehrte. Ihre Angst wurde in Wechselwirkung mit den Wänden und der Dosan-Drüse in Aggression transformiert. So aufgeladen mit Calanda, musste der Schock, den ARCHETIMS Herauslösung aus der Sonnengruft ausgelöst hatte, wie ein Brandbeschleuniger wirken.
Waren die Dosanthi schon von Natur aus wegen ihre Angstausdünstungen ein unübertroffenes Element der sayporanischen Kriegsführung – die zusätzliche Stimulanz würde sie zu gottgleichen Kämpfern erheben.
»Es stimmt«, hauchte Paitäcc ergriffen. »Und es ist überwältigend.«
*
Sintan Trok zitterte. Klebriger Schweiß troff vom nackten Körper des Dosanthi, lief an der Wand herunter und tropfte in das Ferrokat-Moos, das den Boden der Wohnkaverne bedeckte.
Rings um Trok brüllten seine Kameradinnen und Kameraden. Wie er mit einem mühsamen Drehen des Kopfes feststellte, hatten sie sich – obwohl sie ebenfalls noch an der Wand klebten – bereits dem Agalaria hingegeben, dem Zustand höchster Erregung.
Ihre bebenden Körper glänzten im Halblicht der Wohnhöhle. Sintan Trok roch die Aggressionen, die kochende Leidenschaft, wie sie nur während des Agalarias freigesetzt wurden.
Allein er wehrte sich gegen die Verwandlung. Möglichst lange wollte er mit der maximalen Körperfläche an der Wand kleben, um besonders viel Calanda aufzunehmen.
Wogen der Trauer und des Schocks spülten über ihn hinweg. Trok dachte an seine Familie. An seine Frau Hera Trok und ihre gemeinsame Tochter Mili, die nur wenige Tage vor seinem Einsatz in diesem Sonnensystem die Furcht der Welt erspürt hatte.
»Mit Geburtswut treten wir ins Leben, voll Todesangst verlassen wir es eines Tages wieder«, zitierte er krampfhaft konzentriert.
Das Agalaria kam, und Sintan Trok konnte dem nicht länger trotzen. Er spürte, wie sich seine Wirbelsäule krampfhaft aufbäumte und sein Körper förmlich auseinandergedehnt wurde und sich straffte. Teilweise verlor er den Klebehalt an der Wand, drohte abzurutschen.
Wut und Aggressionen brandeten in ihm auf, ein Gefühl, als würden sie seinen Geist zerreißen. Nie zuvor hatte er das Calanda so intensiv wahrgenommen wie diesmal.
Sintan Trok stöhnte in wachsender Erwartung.
»Weshalb geht es nicht los?«, rief Kana Misan mit erstickter Stimme. Unruhig bewegte sie sich neben ihm. »Worauf warten Sie noch?«
»Geduld!«, herrschte Trok sie an.
Mit Kana Misan unterhielt er während längerer Einsätze körperliche Kontakte, um der Angst der Einsamkeit zu begegnen. Er mochte die zierliche Dosanthi, entwickelte sogar einen starken Beschützerinstinkt, sobald sie von ihrer Furcht gequält wurde.
Im Zustand des Agalaria galten solche Kümmernisse nicht. Er war Kana Misans Vorgesetzter, und sie hatte zu funktionieren wie alle Dosanthi an Bord der Zapfenraumer.
In jäher Wut ließ Sintan Trok sich hinabgleiten, trat in die Mitte der Wohnkaverne und streckte sich, bis die Gelenke knackten.
Tief atmete er ein. »Die Furcht gehört allein den Dosanthi!«, rief er bebend. »Die Furcht macht uns Dosanthi schwach und stark zugleich. Sie verwandelt sich in Zorn, in Wut, in Aggression. Sie wird zum Schwert, das die stärksten Felsen
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