PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock
spaltet!«
»Okená!«, hallte es aus zwei Dutzend Kehlen von den Wänden.
»Wir werden die Prüfung bestehen!«, deklamierte er. »Wir werden den Zorn ertragen, denn der Zorn ist für unsere Feinde bestimmt!«
»Okená!«
Keuchend vor Anstrengung blickte sich Sintan Trok um.
Die Dosanthi an den Wänden bewegten sich wie im Zustand der Raserei, schafften es aber, den Klebekontakt beizubehalten. Der Drill, der jedem in endlosen Exerzierstunden in Fleisch und Furcht übergegangen war, zahlte sich endlich aus.
Minuten vergingen. Dann erklang das dumpfe Signal, das die Lautsprecherdurchsage ankündigte.
»Wutentbrannte Krieger«, dröhnte Chular Sairetts heisere Stimme. »Es ist so weit! Unser Oberbefehlshaber Paitäcc hat den Angriff bestimmt! Die Schiffe erheben sich aus der Sturmwelt, damit ihr euer Calanda in die Raumstationen und zu den Planeten und Monden dieses Sonnensystems tragen könnt. Eure Anführer wissen, was zu tun ist. Sammelt allen Zorn und die Wut, euer Calanda. Unsere Waffen werden aus den Ängsten der Feinde geboren!«
»Okená!«, brüllte Sintan Trok, und seine Dosanthi brüllten ebenfalls aus Leibeskräften.
*
Der Boden bebte unter seinen Füßen. Von beispiellosen Aggressionen geschüttelt, richtete Sintan Trok sich zu voller Größe auf.
»Löst euch von den Wänden!«, befahl er barsch. »Steigt herab! Zieht die Monturen an! Kämpft!«
Die Dosanthi stürzten ihm förmlich entgegen. Innerhalb weniger Sekunden entfalteten sie die bereitliegenden Kampfanzüge und schlüpften hinein.
»In Fünfergruppen aufstellen!«
Sintan Trok stieg in seine eigene Kampfmontur und schloss die Magnetsäume. Er schritt die Reihen ab und prüfte bei jedem Krieger, ob der Anzug korrekt verschlossen war. Zu oft hatte Trok erlebt, dass kurz vor einem Einsatz Anzugrechner eine Fehlfunktion meldeten, weil ihre bis zum Überfluss erregten Träger sämtliche Warnlichter übersehen hatten.
Zufrieden stellte er fest, dass seine Krieger sogar unter den diesmal außergewöhnlichen Bedingungen perfekt funktionierten.
»Diese Mission ist nicht wie jede andere!«, verkündete er laut. »Das Einsatzgebiet erstreckt sich über ein vollständiges Sonnensystem. Deshalb werden wir nicht wie üblich über das Transitparkett gehen, sondern direkt von der Kaverne aus den Einsatz antreten.«
Der Anführer taxierte die Gesichter seiner Kämpfer. Er gab alle Informationen bewusst erst kurz vor dem Einsatz. Informationen zu einem früheren Zeitpunkt trugen nur den Keim der Angst in sich. Nun aber loderte das verzehrende, aufwühlende Calanda in allen.
»Wir werden gegen die militärischen Einrichtungen eines Mondes des sechsten Planeten eingesetzt«, fuhr er fort. »Sobald die SYVATT das Einsatzgebiet erreicht hat, wird unsere Kaverne abgekoppelt und ausgeschleust. Ab da ist jeder Helm geschlossen zu halten! Die SYVATT wird unsere Kaverne mittels Traktorstrahlen absetzen und anschließend alle anderen Kavernen ebenfalls in ihre Zielgebiete bringen. Ich höre!«
Es gab keine Fragen. Sintan Troks Kämpfer gierten dem Einsatz entgegen. In diesen Minuten interessierte es sie nicht, dass die Wohnkavernen mit den Dosedo-Wänden größter Gefahr ausgesetzt wurden.
Falls ihre Kaverne bei den Kampfhandlungen zerstört wurde oder aus anderen Gründen später nicht wieder in die SYVATT eingeschleust werden konnte, standen sie vor erheblichen Unannehmlichkeiten. Dosanthi benötigten ihre Zuflucht, ihre Wände, wie die Luft zum Atmen. Falls mehr als vierzig von ihnen in einer Wohnkaverne zusammengepfercht wurden, führte dies über kurz oder lang zu Angstzuständen, einem Lagerkoller und verlangsamten Calanda-Aufladezeiten.
Erneut spürte Sintan Trok, dass der Boden unter seinen Füßen bebte. Er warf einen hastigen Blick auf die Anzeige seines Unterarm-Displays.
»Wir sind ausgeschleust!«, rief er. »Helme schließen, es geht los!«
*
Der Regen vermischte sich mit seinen Tränen. Ihm war, als habe der Himmel bewusst sämtliche Schleusen geöffnet, um die Trauer wegzuschwemmen. Aber das machte seine Trauer nur noch schlimmer.
Er starrte zu Boden, auf seine Schuhspitzen, und zählte seine Schritte, während er als Erster der Trauergemeinde dem Sarg folgte. Neben ihm schluchzte Manda, die Freundin seines tragisch ums Leben gekommenen Bruders. Ein unnötiger, sinnloser Tod, vier Tage nach Onnys achtzehntem Geburtstag.
Warum Onny und nicht ich? Ich lebe schon ein Jahr länger ... Callis ließ seinen Tränen freien
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