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PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

Titel: PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Lauf. Nur mühsam verbiss er sich einen gellenden Aufschrei.
    Warum?
    Vor vier Wochen seine Eltern. Nun der Bruder.
    Klatschnass hing ihm das Haar ins Gesicht. Im Nacken rann die Nässe unter den Kragen und den Rücken hinab.
    Er blieb stehen. Alles in ihm sträubte sich dagegen, auch nur einen Schritt weiterzugehen. Er wollte nicht sehen, wie der Sarg in die Tiefe hinabgelassen wurde. Ganz da unten, in der klebrigen Nässe des Bodens, zwischen bleichen Würmern und dünnen Wurzeln regierten Moder und Verwesung.
    »Callis!«
    Das war Mandas Stimme, zitternd und kaum verständlich. Er hatte nicht mehr die Kraft, ihr ins Gesicht zu sehen. Manda war dabei gewesen, erschien ihm seitdem wie ein lebender Leichnam. Aus ihrem fröhlichen Lachen war ein eingefallenes Totengesicht geworden, aber sie wehrte sich gegen jede medizinische Hilfe.
    Die Schritte der anderen – Callis Varro hörte sie nicht mehr. Nur den Regen und sein eigenes wimmerndes Keuchen. Schluchzend schlug er sich die Hände vors Gesicht.
    Jemand berührte seinen Arm, griff fester zu. Zitternde Finger gruben sich in sein Fleisch und ließen doch sofort wieder los.
    Ein vielstimmiger entsetzter Aufschrei begleitete das Geräusch eines fallenden Körpers. Eine Frauenstimme kreischte wie irr – Mandas Mutter. Männer brüllten nach einem Medoroboter.
    Callis wurde angerempelt, zur Seite gestoßen. Er taumelte, dann versackte alles um ihn. Dem Gefühl zu fallen folgte sein ungläubiger Blick in den wolkenverhangenem Himmel. Blut rann über seine Hände. Beim Versuch, den Sturz abzufangen, hatte er sich Fleisch von den Handflächen gerissen.
    Einige der Trauergäste knieten neben Manda, redeten auf sie ein, schlugen ihr ins Gesicht, schrien. Endlich ging ein Zucken durch ihren schlaffen Körper.
    Schwer atmend kniete Callis auf dem rauen Boden. Keine zwei Schritt neben ihm schwebte der Sarg auf den Antigravfeldern. Callis schlug sich die Hände vors Gesicht, ließ sie langsam abwärtsgleiten. Bebend wandte er sich zu den anderen um, und dann waren da plötzlich nur noch gellende Schreie. Er selbst schrie ebenfalls aus Leibeskraft, als er das Blut an seiner Kleidung hinablaufen sah.
    Die Schreie veränderten sich, wurden rhythmischer, begleitet von körperlich spürbaren Vibrationen.
    Alarm?
    Nur langsam fraß sich die Erkenntnis in Callis Varros Bewusstsein vor. Er sträubte sich dagegen, ließ sich weiter von seiner Trauer leiten, sah den Sarg und Manda totenblass daneben, und endlich schwebte eine kleine Medoeinheit heran.
    Der Roboter achtete nicht auf Manda ...
    Varro schrie und schlug um sich, als eine kräftige Hand seinen Kragen zur Seite zog. Sofort spürte er einen unwiderstehlichen Griff um die Handgelenke. Dem leisen Zischen einer Hochdruckinjektion folgte aufwallende Hitze. Er rang nach Atem, spürte Schweiß über das Gesicht rinnen. Beinahe schmerzhaft hämmerte das Herz gegen die Rippen.
    »Die Irritationen gehen schnell vorüber«, sagte eine Roboterstimme. »Öffne die Augen, Callis!«
    Ein widerstrebendes Zögern. Was immer der Roboter von ihm wollte, es war belanglos angesichts der tiefen Trauer ...
    Scheinbar unaufhörlich heulte der Vibrationsalarm. Das passte zu seiner Stimmung.
    »Sieh auf den Panoramaschirm! Jetzt, sofort!«
    Es fiel ihm schwer, die Augen zu öffnen. Wie Blei hingen die Lider herab, von Tränen verklebt. Und schon die gedämpfte Helligkeit in der Zentrale schmerzte bis tief in seinen Schädel hinein.
    Wieder wollte er die Hände hochreißen, der Medoroboter hinderte ihn daran.
    Im nächsten Moment zwang er sich selbst, hinzusehen.
    Neptun stand im Holo, deutlicher sichtbar gemacht, als es der optischen Realität entsprach. Noch präziser erschien Varro, was da durch die Atmosphäre des Planeten pflügte.
    Während er ungläubig auf das Panoramabild starrte, sprang ihm die nächste Vergrößerungsstufe entgegen.
    Ein unbekanntes Objekt.
    Ihm fehlte jeder Größenvergleich, aber dennoch: Das bizarre Gebilde war nicht klein. Das spürte er. Ein Raumschiff, das aussah, als wäre es ein ins Riesenhafte vergrößerter Tannenzapfen. Zumindest war das Varros erster Eindruck, und was er sah, behagte ihm nicht.
    Wie Feuer brannten seine Augen. Immer noch rannen Tränen an seiner Nase abwärts. Callis Varro blinzelte, aber das machte es kaum besser.
    Die Ortungsdaten wurden eingeblendet. Nichts über Masse, Energielevel, erkennbare Bewaffnung.
    Vielleicht wurde dieses fremde Raumschiff von der Ortung gar nicht erfasst? Zumindest

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