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PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

Titel: PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Unmittelbar neben ihm zirpten Grillen.
    Er blinzelte, suchte nach den unermüdlichen Musikanten und erinnerte sich, wie er als Kind inmitten üppiger Blumenwiesen Grillen und Zikaden eingefangen hatte.
    Von irgendwoher erklang heller Gesang. Ein Lied, das er nicht kannte. Aber die Stimme ...
    Meliassa? Jäh öffnete er die Augen.
    Der Sommer verflog und wich der nüchtern, beinahe kühl anmutenden Zentrale der BAMAKO. Meliassa Detom sang immer noch. Eigentlich summte sie nur diese einschmeichelnde Melodie. Varro ließ sie gewähren, er dachte nicht daran, den Zauber des Augenblicks zu durchbrechen.
    Die Panoramagalerie zeigte die Nagelraumer unverändert im Formationsflug. Sie hatten sich weiter von der Sonne entfernt, und hinter ihnen ...
    Callis Varro blinzelte. Er massierte sich die Augenwinkel. Da war etwas, das er deutlich spüren, aber nicht sehen konnte. Etwas Irreales und für ihn Unfassbares folgte den Sonnennägeln der Spenta.
    Der Kommandant glaubte, den Anblick erzwingen zu müssen, doch er blieb blind für das, was er eigentlich sehen wollte.
    Er hörte Sphärenklänge ...
    Roch die würzige Sommerluft seiner Heimat ...
    Schmeckte das Salz des Meeres, das mit dem Wind heranwehte ...
    Spürte die Sonne, die vom Himmel herabbrannte.
    Das alles hatte einen Namen: ARCHETIM.
    In der Sekunde wurde Callis Varro bewusst, dass die Spenta im Begriff waren, den Korpus der toten Superintelligenz aus der Sonne herauszulösen und abzutransportieren. Mit ihren vierzehn Nagelraumern zogen sie den Leichnam hinter sich her durch den transparenten Bereich der Fimbul-Kruste.
    Solange die Farben wogten, hatte sich ARCHETIMS Korpus, der seit einer Ewigkeit in Sol ruhte, noch nicht vollständig gelöst.
    »Meliassa!«, rief Varro. »Die Spenta nehmen den Leichnam mit sich. Kannst du den Psi-Korpus mit der Ortung erfassen?«
    Ihre Melodie verstummte, das Lächeln in ihrem Gesicht blieb. Der Kommandant zweifelte nicht daran, dass sich die Ortungschefin ähnlich gelöst und zufrieden fühlte wie er selbst. Jeder an Bord hatte daran teil. Wahrscheinlich spürten in diesen Minuten alle im Solsystem die friedvollen, positiven Empfindungen.
    Varro zweifelte nicht daran, dass diese Kraft von ARCHETIM ausging, dem sechsdimensionalen Juwel in der Sonne Sol. ES hatte ebenso von der übergeordneten Kraftquelle gezehrt wie der Nukleus der Monochrom-Mutanten.
    »Keine Ortung!«, meldete Detom. »Die Taster zeigen nichts, was als Hinweis auf den Leichnam zu identifizieren wäre.«
    Der Kommandant nickte stumm. Zu viel schoss ihm gleichzeitig durch den Kopf. War es richtig, die Spenta mit den sterblichen Überresten der Superintelligenz ziehen zu lassen? Was würde danach mit Sol geschehen?
    Andererseits würde schon der Versuch, die Nagelraumer mit ihrer Fracht aufzuhalten, jede Hoffnung auf eine positive Veränderung sofort zunichtemachen.
    Wer immer diese Entscheidung zu treffen hatte, ob Bull oder Ybarri, um nichts in der Welt wollte Callis Varro in dessen Haut stecken.
    Mit weiterhin nur langsam steigender Geschwindigkeit entfernten sich die vierzehn Schiffe der Spenta von der Sonne. Mittlerweile hatten sie die DON REDHORSE in geringem Abstand passiert und waren nun in der Heckansicht zu sehen.
    Vergeblich suchte Varro nach einem Hinweis, wie die Spenta den Korpus an ihren Schiffen verankert hatten. Energiefelder erschienen ihm als die eingängigste Lösung. Aber Energien, selbst wenn sie einer höheren Dimension angehörten, konnten angemessen werden.
    »Bleib dran!«, bat er die Ortungschefin. »Ich will wissen, wie sie den Transport bewerkstelligen.«
    Meliassa Detom summte ihre sanfte Melodie, aber nach wenigen Takten sah sie auf. »Was hast du davon? Willst du die Spenta aufhalten?« Sie warf ihm einen Kussmund zu. »Warum genießt du nicht einfach den Augenblick, solange er besteht?«
    »Warum ...?«, wiederholte Varro gedehnt, verschränkte die Hände im Nacken und schaute zur Panoramagalerie auf. »An den Spenta liegt mir nichts. Aber diese tiefen Empfindungen, die ARCHETIM in mir auslöst ...«
    »Auch die anderen Schiffe können den Korpus nur schwer anmessen!«, rief der Funker unvermittelt. »Immerhin bekommen sie wenigstens einen vagen Schatten in die Anzeige. Ich habe mich eben mit zwei guten Bekannten ausgetauscht, beide in gehobener Position in der Sonderflotte.«
    Varro fühlte sich irritiert. Die Störung durch Maxx Hovan empfand er wie ein aufziehendes Gewitter im lauschigen Abendwind. Die Lippen aufeinandergepresst

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