Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2687 – Alles gerettet auf ewig

PR 2687 – Alles gerettet auf ewig

Titel: PR 2687 – Alles gerettet auf ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
Vom Netzwerk:
die von unglaublicher Plastizität und Farbigkeit waren, fast unwirklich wirklichkeitsgetreu: Toufec sah Asin, seinen kleinen Bruder, roch dessen salzige Haut, das Haar, spürte ihn Schulter an Schulter. Er sah sich neben Asin an einem Feuer sitzen; er sah etliche Söhne seines Oheims, seinen Oheim selbst, Tante Selsabil im Plausch mit zwei weiteren Gattinnen seines Oheims. Er sah den entblößten Nachthimmel, aber die Myriaden Sterne funkelten in einer neuen, fremdartigen Häme und Niedertracht.
    Das ist keine Erinnerung!, versuchte Toufec sich klarzumachen. Das ist das Werk der Antuu. Aber sein Gedächtnis war ihm aus der Hand genommen, die Antuu schalteten und walteten darin wie Rachegötter.
    Toufec sah eine Gewalt aus der Wüste kommen, wesenlos und ohne jede greifbare Gestalt, schiere Wucht und Barbarei. Sie sprengte das Feuer, sie griff nach den Tanten, nach dem Oheim und nach dessen Söhnen und tat ihnen alles Böse der Welt an.
    Schließlich griff sie, ohne dass Toufec es hätte verhindern können, nach Asin. Sie schälte Asin die Haut vom Leib, sie stemmte ihm die Rippen auseinander, zerquetschte die Organe, die Beckenknochen, den Schädel, bis alles nur ein blutiger Brei war, graue Knochensplitter darin, alles so unkenntlich, dass Toufec nicht einmal mehr Trauer oder Mitleid empfinden konnte, nur nackte, alles durchdringende Pein.
    »Die Antuu versuchen dich zu manipulieren«, drang die Stimme Pazuzus in sein Bewusstsein. »Achtung! Dies ist keine Realität!«
    Toufec wusste das. Aber er schrie wie von Sinnen in Anbetracht der physischen Vernichtung seiner Familie. Diese Realität, die keine Realität war, stank nach Blut und Innereien und war gesättigt von einem Weh ohne Grund und Ende.
    Alles Verlorene wieder verloren.
    Hättest du ihn verklären lassen, säuselte eine Stimme. Diesen Asin. Er hieß doch Asin? Asin also. Hättest du dich verklären lassen. Eine Stimme wie wunderbarer wohltuender Spätsommerniesel nach der Tageshitze. Eine Stimme, von der er wusste, dass sie ihn auslöschen wollte.
    Toufec meinte, die Nanogenten in seinem Schädel bei der Arbeit zu spüren. Was hatte den Schutzwall, den Pazuzu gegen eine geistige Beeinflussung errichtet hatte, so erschüttert? Warum drangen die Gespenster der Antuu und ihr Sirenengesang bis zu ihm vor?
    »Hilf mir!«, schrie er.
    »Ich arbeite daran«, sagte Pazuzu ruhig.
    Irgendwo detonierte wieder ein Antuu, links von ihm; dann ein weiterer unter ihm. Eine Druckwelle erfasste ihn; erneut brauchte Pazuzu mehr als einen Lidschlag, um Toufec zurück ins Gleichgewicht zu bringen.
    Das lodernde Feuer tobte sich an der Nanogentenfolie aus und drang nicht vor bis an Toufecs Körper. Aber noch immer erfüllte das Blendwerk der Antuu seine Sinne.
    Allerdings verblassten die Gerüche allmählich, wie er erleichtert feststellte.
    »Sehr pfiffige Mentaltechnologie, was die Antuu da einsetzen«, hörte er Pazuzu sagen.
    Toufec raffte sich zu einer sarkastischen Erwiderung auf: »Schön, dass es wenigstens dir gefällt.«
    Das Schauspiel des Gemetzels entfärbte sich nach und nach; die Schreie der Gequälten verklangen.
    Toufec atmete durch. Sein Blick klärte sich. Er sah, dass ihn Dutzende Antuu umzingelt hatten. Technisch-metallische Gegenstände, die sechsfingrigen Krallen ähnelten, trieben aus allen Richtungen auf ihn zu, landeten auf der Nanogentenfolie und saugten sich daran fest wie Saugnäpfe auf Glas.
    »Sie zerstören die Folie«, sagte Toufec. Er hatte nicht den geringsten Zweifel, dass die Krallen Erfolg haben würden. Hier endet dein Weg. In der Flammenwüste. Aus und vorbei.
    Die Krallen lösten sich zögernd und verschwanden in der Tiefe des düsterroten Raumes. Die Antuu wanden sich, in den Köpfen die pulsierenden Flammen, dann machten sie kehrt und schlängelten sich davon. Sie schienen jedes Interesse an ihm verloren zu haben. Die letzten Reste der grauenvollen Fata Morgana lösten sich in nichts auf.
    Toufec blieb ratlos zurück.
    »Gerettet«, stellte Pazuzu fest.
    Toufec schluckte.
    Gerettet? Möglich. Aber von wem? Und um welchen Preis?
     
    *
     
    Der Vorstoß hinauf zum Dach gelang nun mühelos. Die Geschosse, die Pazuzu aus den Uteralen gefertigt hatte, waren ein durchschlagender Erfolg: Zwei von ihnen jagten voran und detonierten kurz nacheinander. Toufec steuerte auf das Loch zu, das sie gerissen hatten, und gelangte ins Freie. Kein Antuu folgte ihm.
    Es war Nacht. Toufec stand unter dem spärlich bestirnten Himmel der Anomalie. Das

Weitere Kostenlose Bücher