PR Action 27 Mutantenschule Crest
keine Neuigkeiten ergaben.
Außer bei den Zwillingen hatte sich Saquola niemandem persönlich gezeigt. Sein Interesse an ihnen schien tatsächlich größer als das an anderen Mutanten.
Bis zum Abend war der Unsterbliche keinen Schritt weitergekommen. Vor dem Fenster seines Arbeitszimmers war es dunkel, obwohl ein Venustag 240 Stunden dauerte. Die Kuppeln und Licht dämpfende Energievorhänge sorgten für einen scheinbaren Tag-Nacht-Rhyth-mus, wie er auf der Erde herrschte.
Die positivste Nachricht des Tages kam von John Marshall. Es waren keine weiteren Mutanten verschwunden - was nicht hieß, dass keine potenziellen Überläufer von Mittelsmännern angesprochen worden waren. Die Wahrscheinlichkeit dafür war sogar ziemlich hoch. Wenn niemand die Schulleitung davon unterrichtete, dann nur, weil keiner der von Saquola Auserwählten den Schritt auf seine Seite generell ausschloss.
Rhodan studierte die Liste der verschwundenen Schüler. Keinen der Namen hatte er jemals gehört, keines der Gesichter gesehen. In seiner Eigenschaft als Großadministrator hatte er kaum einmal mit Mutantenschülern zu tun, weil der Umgang mit ihnen vollständig in Marshalls kompetenten Händen als Korpsleiter lag.
Es muss erst ein Katastrophenfall wie dieser eintreten, damit aus der anonymen Gruppe der Psi-Begabten Menschen aus Fleisch und Blut werden, dachte Rhodan. Seine Ignoranz ihnen gegenüber war fahrlässig, fußte der Bestand des terranischen Imperiums doch nicht nur auf politischer Weitsicht, diplomatischem Geschick und der Wehrhaftigkeit von Schlachtschiffen, sondern auch auf den Fähigkeiten dieser besonderen Menschen.
Es war kein Wunder, dass sich manche von ihnen missverstanden fühlten, sogar übersehen, und dass Saquolas Taktik, sie an ihrem Selbstwertgefühl zu packen, aufging.
Hatte der Divestor mit dieser Argumentation David Nash überzeugt? Rhodan stöberte in der Akte des Ultrahorchers und sah sich noch einmal den Amateurfilm von dessen letztem Auftreten an. Plötzlich fiel Rhodan etwas ein. Professor Tontheim hatte ihm einen Hinweis geliefert, den er bislang außer Acht gelassen hatte.
Ungeachtet der fortgeschrittenen Uhrzeit kontaktierte er Tontheim.
»Kann ich etwas für Sie tun, Großadministrator?«, fragte der Professor verschlafen.
»Sie zeigten mir diesen Film von dem Ausflug, bei dem Nash verschwand.«
»Ja. Und?«
»Sie erwähnten, dass die jüngeren Schüler bei solchen Anlässen häufig Aufnahmen machen und sie ins Netz stellen.«
»Richtig!« Tontheim kicherte. »Ich nenne es Volkssport. Viele Leute leben
mehr im Wust dieser Filmschnipsel als in der Realität.«
»Ich möchte weitere dieser Filme sehen. Wie komme ich an sie heran?«
»Nichts leichter als das. Benutzen Sie eine Suchmaschine. Die Stichworte Venus, Akademie und Ausflug dürften reichen.«
»Ich danke Ihnen, Professor. Gute Nacht!« Rhodan unterbrach die Kom-Ver-bindung und machte sich an die Arbeit.
Tbntheims Hinweis erwies sich als Treffer. Der Groß administrator staunte, was der Öffentlichkeit aus Gedankenlosigkeit alles zugänglich gemacht wurde. Zuweilen drohten die Grenzen zwischen jugendlicher Naivität, Preisgabe der Privatsphäre Dritter und dem Verrat neuralgischer Informationen zu verschwimmen.
An den Aufnahmen, die er sah, hatte sich auch Saquola bedienen können. Unwissentlich hatten sich manche Mu-tantenschüler dem Divestor mit einer Bewerbungsmappe präsentiert.
Rhodan schaltete einen weiteren Filter vor. Ihn interessierten nur Aufnahmen von Ausflügen, nach deren Beendigung die Gruppe um einen Schüler ärmer war. Er stieß auf drei Termine, bei denen es Übereinstimmungen gab.
Am 21. Mai war der Frequenzseher Norman Shieldings bei einer Tagestour verschwunden. Rhodan betrachtete eingehend jedes Detail der chaotisch zusammengestellten Szenen. Sie begannen und endeten abrupt, sprangen willkürlich von einem Motiv zum nächsten. Derjenige, der den Film aufgenommen hatte, hatte sein Interesse vorwiegend auf die weiblichen Teilnehmer des Ausflugs gelegt.
Daran hat sich seit meiner Zeit auf der California Academy of Space Flight nichts geändert, dachte der Unsterbliche.
Er begann die Hoffnung aufzugeben, fündig zu werden, als endlich Norman
Shieldings ins Bild kam. Er machte einen nervösen Eindruck und sah sich ständig um, als wartete er auf ein bestimmtes Ereignis, während er sich mit einem Mitschüler unterhielt.
Rhodan stutzte. Er kannte den blond gelockten Mutanten Mitte zwanzig. Es war der
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