PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane
geschnitten.
Ich staune. Diese Kanten können nicht natürlich sein.
Wer ist hier unten gewesen? Wann? Wozu hat er das angelegt?
Langsam treibe ich über den Rand und schaue hinein. Die Grube ist abgründig. An ihren Wänden kleben und haften schwarze Tonnen, hier vereinzelt, dort in Trauben. Hunderte. Schwärzer als die Dunkelheit, die sie umgibt und die ich immer noch mühelos durchschaue.
Aber die Tonnen durchschaue ich nicht.
Jetzt erkenne ich, dass die Klagen von hier kommen, aus dieser Grube, aus diesen Tonnen.
Etwas steuert mich in die Grube. Nicht alle Tonnen sind versiegelt; an einigen hebt sich der Deckel mir entgegen, schamlos und obszön. Ich widerstehe nicht, ich schaue. In den Tonnen liegen zerschmetterte Leichname. Knochen, von Urgewalten gebrochen und wieder gebrochen, zu Staub gemahlen. Winzige Fetzen von Fleisch. Der Leichenbrei ist mit einer schwarzen Substanz vermischt, mit Asphalt, Pech oder Teer.
Was hat diese Leichname so zerstört? Wer hat sie hier begraben? Und warum sind sie immer noch nicht tot?
Immer artikulierter werden ihre Klagen, es zischt aus den offen stehenden Sarkophagen, es murmelt dunkel aus den geschlossenen Särgen. Ins Jammern mischt sich ein Rufen, ein Flehen und ein Befehl. Ich verstehe den Sinn, auch wenn mir die einzelnen Worte fremd bleiben: Sie flehen um Rettung und Erlösung.
Sie flehen scharf, herrisch.
Endlich verstehe ich zwei der vielen Worte, zwei nur.
Orontiu Pleca!
Das ist mein Name.
Sie rufen mich.
1. Juli 1340 NGZ, an Bord der CONNOYT: »Trantipon ist los!«
Routinemäßig betraten zwei araische Wächter Trantipons Kabine. Stunde für Stunde erlitt er diesen Besuch. Sie warfen einen Blick in die Ecken des karg möblierten Raums, in dem Trantipon abgesehen von dem Stuhl buchstäblich nichts berührt hatte. Auf diesem Stuhl in der Mitte der Zelle saß der Mantarheiler hoch aufgerichtet, die Hände auf die Knie gelegt.
»Hast du Wünsche oder Klagen, Mantarheiler?«, fragte einer der Wächter, während sein Kollege die glatte Foliendecke von der Liege zog, einen Blick unter das Kopfkissen warf und mit dem fingergroßen Taster nach illegalen Energiequellen fahndete.
Der Mantarheiler folgte den unsinnigen Aktionen mit den Blicken, rührte sich sonst aber nicht.
»Ja«, antwortete er endlich. »Ich habe Wünsche und Klagen. Ich werde sie bei Gelegenheit den zuständigen Instanzen vortragen.«
»Wenn es etwas Dringendes ist.«, bot einer der Wächter an.
»Dringend ist es in der Tat. Es hat mit der Transformation Remi-ons und einer unglücklichen Nebenwirkung des Ara-Toxins zu tun«, sagte Trantipon.
»Nebenwirkung? Unsere Wissenschaftler kümmern sich gerade um die unglücklichen Hauptwirkungen des Aras-Toxins«, witzelte der Wächter.
»Da haben sie eine Lebensaufgabe. Und mehr«, erwiderte Trantipon ernsthaft.
»Welche Nebenwirkung meinst du?«, fragte der andere Wächter.
»Bedauerlicherweise ist mein Schiff, die MOMANTAR, auf der Oberfläche des Planeten zurückgelassen worden. Ich möchte, dass die Verantwortlichen für diese Nachlässigkeit identifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Gehorsamer Diener, Mantarheiler«, sagte der erste Wächter mit einem aufgesetzten arroganten Akzent, wie er offenbar in einigen arkonidischen Militärakademien Hauptfach war. »Ich werde Eure Beschwerde an Aralon weiterleiten, die zuständigen Stellen können nötigenfalls Militärhilfe bei Imperator Bostich erbitte, um Eure Forderungen durchzusetzen.« Er lachte, wandte sich ab, öffnete mit dem Kodegeber die verschlossene Tür und verließ die Kabine.
»Dein Partner hat ein heiteres Gemüt«, meinte Trantipon.
Der Ara, der mittlerweile eine zweite Visitation des unbenutzten Bettes ergebnislos beendet hatte, ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um und schaute Trantipon stumm an.
Trantipon mochte den Blick nicht länger dulden. »Ich bin sicher, dass eure Dienste überall sonst an Bord der CONNOYT dringend erwünscht sind. Lass dich von mir nicht aufhalten. Oder kann ich dir noch mit irgendetwas behilflich sein? Mit einem Aphrodisiakum vielleicht?«
Jetzt rief auch sein Partner, der vorausgegangen war, nach dem zweiten Wächter, der endlich die Gefängniszelle - denn als so eine fungierte die Kabine - verließ und die Tür hinter sich verriegelte.
Der Mantarheiler rührte sich nicht.
Eine Stunde später traten die beiden Wächter erneut ein und sicherten die Tür hinter sich, bevor sie mit der rituellen Inspektion begannen.
Der
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