PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
vergessen, als ich ihm von meiner Absicht erzählte.
»Früher hätte ich gesagt: Lassen wir den ganzen Kram liegen und sehen wir zu, daß wir unsere Träume verwirklichen.« Er lächelte.
»Und heute?«, wollte ich wissen.
»Heute hat mein Traum längst Macht über mich. So ist das, Dicker. Aus Rebellen sind gesetzte, dem Allgemeinwohl verpflichtete Politiker geworden.«
»Sprich nicht von Rebellen!«, fuhr ich auf »Das waren wir nie. Wir sind desertiert, weil wir die Einheit der Menschen wollten.«
»Wir haben alles erreicht, Bully. Das und mehr. Aber dafür zahlen wir einen hohen Preis.«
Perry hatte eie eigene, tiefgründige Art. Manchmal war er mir richtig unheimlich in seiner Ruhe, mit der er sogar schlechte Nachrichten akzeptierte. Gab es überhaupt etwas, was ihn so tief erschüttern konnte, daß sein Optimismus litt? Ich hoffte nicht, daß ein solcher Fall jemals eintreten würde. Aber ehrlich gesagt, man hatte schon Okrills kotzen sehen.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich werde mir also weiterhin die neuesten Exportstatistiken zu Gemüte führen. Wenn mein Gefühl nicht trügt, haben wir im Güterverkehr mit den Maahks einen Überschuß von mindestens … «
»Bully«, sagte Rhodan, »interessieren dich wirklich solche Details?«
»Natürlich«, log ich.
Aus seinem Lächeln war ein amüsiertes Grinsen geworden. »Hau schon ab, Dicker. Worauf wartest du noch? Aber grüß die unbekannte Milchstraße von mir.«
»Das mache ich, Perry. Worauf du dich verlassen kannst.«
Fast acht Monate war ich an Bord eines Explorers unterwegs, es war eine schöne, aber auch anstrengende Zeit, die mir zudem deutlich vor Augen führte, daß wir wirklich erst einen Bruchteil der Milchstraße kannten.
Wie viele Jahrhunderte würden vergehen, bis alle weißen Flecken von unseren Sternenkarten getilgt sein würden? Wahrscheinlich war das nie zu schaffen. In die gigantischen Sternentstehungsgebiete drangen nicht einmal unsere Explorer ein — zu chaotisch und bedrohlich waren die anzutreffenden hyperphysikalischen Verhältnisse. Wir beschränkten uns auf Momentaufnahmen aus sicherer Distanz.
Zur Zeit der U. S .Space Force hatte ich eine Milchmädchenrechnung aufgemacht, die mir damals faszinierend erschienen war, sich aber längst nur als müder Abklatsch der Wirklichkeit erwiesen hatte. Die Schätzungen allem für unsere Galaxis schwankten damals zwischen 200 Milliarden und 400 Milliarden Sonnenmassen. Ich hatte seinerzeit mit dem unteren Wert gerechnet und war außerdem davon ausgegangen, daß nur jede tausendste Sonne einen oder mehrere Planeten besitzt. Schon das ergab eine Gesamtzahl von zweihundert Millionen Welten in der Milchstraße.
Da jedoch allein die heimische Sonne Sol über sage und schreibe neun Planeten verfügte, waren alle derartigen Berechnungen das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden. Denn anzunehmen, daß ausgerechnet unsere Sonne die einzige Ausnahme in der Milchstraße darstellen sollte, hätte bedeutet, in mittelalterliche Weltanschauungsmodelle zurückzufallen.
Nur zum Privatvergnügen hatte ich vor dem Mondflug aufgeschrieben, welche Zahl sich ergäbe, wurde jede Sonne über, schlecht gerechnet, fünf Planeten verfügen. Eine Billion (das sind eine Million Millionen) Oder als Zahl notiert 1 000.000.000.000.
Aber zurück zu meinen rechnerischen zweihundert Millionen Welten.
Sofern nur jeder einhundertste Planet Bedingungen aufwies, die eine Entstehung von Leben ermöglichten und sich auf jeder tausendsten dieser Welten eigenständiges intelligentes Leben entwickelt hatte, blieben zweitausend von gänzlich unterschiedlichen, zivilisierten Wesen bewohnte Himmelskörper übrig.
Längst wußten wir Menschen, daß die Vorstellungen des zu Ende gehenden zwanzigsten Jahrhunderts unvollständig gewesen waren. Wer hatte geglaubt, daß lebensfeindliche Welten mit Wasserstoff-Ammoniak-Methan-Atmosphäre und hoher Schwerkraft Intelligenzen wie die Maahks hervorbringen könnten? Oder daß annähernd planetengroße, organische Geschöpfe mit kristalliner Körperstruktur im Vakuum des Weltraums lebten und sich ausschließlich von Energie ernährten? Wir hatten die Mobys von Andro-Beta kennengelernt.
In der heimischen Milchstraße, rund zweiundvierzigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt, gab es sogar ein Volk intelligenter Chlorgasatmer, die Gradosima. Die Raumfahrt beherrschten sie schon lange, und obwohl ihr kleines Sternenreich weit mehr als hundert Sonnensysteme umfaßte,
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