PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
lebten sie zurückgezogen und pflegten kaum Kontakt mit ihren Nachbarn. Das mochte daran liegen, daß sie früher ins Arkon-Imperium eingegliedert worden waren und erst mit dessen fortschreitendem Zerfall die Unabhängigkeit zurückgewonnen hatten. Zu verdenken war ihnen diese Vorsicht nicht. Möglicherweise drückte sich dann auch ihr erworbenes Mißtrauen aus.
Die kosmische Evolution ist erfinderischer als es sich menschlicher Geist jemals vorzustellen vermag. Das war weiß Gott keine neue Erkenntnis. Aber genau diesen Satz sprach ich als Logbucheintrag, als der Explorer wieder auf Terra landete.
Sieben Welten in drei einander benachbarten und bislang unerforschten Sonnensystemen, zweiunddreißigtausend Lichtjahre von Sol entfernt, lagen hinter uns. Das in den hermetisch gesicherten Laderäumen zurückgebrachte geologische und biologische Material wurde ein Team von Wissenschaftlern über Jahre hinaus beschäftigen Die Eingliederung in Gen-Datenbanken war unerläßlich und vielleicht, was niemand hoffte, eines Tages lebensnotwendig. Auf jeder neuen Welt, die unsere Raumschiffe anflogen, konnten Krankheitserreger lauern, die sich als tödliche Seuche entpuppten, und die vielleicht nur mit ebenso fremden Genstrukturen zu besiegen waren. Mit einem solchen Szenario lebten wir seit Anbeginn der Raumfahrt, nur waren derart katastrophale Umstände zum Glück nie in wirklich großem Umfang eingetreten.
Auf einem der Planeten, einer heißen Wüstenwelt, hatten wir wandernde Felsen entdeckt, granitähnliche Blöcke bis hin zur Größe eines Lastengleiters, die unsere Biologen erst kurz vor dem Abflug als auf Silikatbasis beruhendes Leben identifizieren konnten. Diese Steine assimilierten im Wüstensand gebundene Quarzstrukturen und nutzten die Dünenwanderung für ihre eigene Fortbewegung. Altersschätzungen schwankten zwischen zwanzig- und fünfzigtausend Jahren. Ein Kontakt mit diesen Tieren — wir nahmen zumindest an, daß es sich um eine primitive Lebensform handelte — war aufgrund unserer stoffwechselbedingt kraß unterschiedlichen Wahrnehmungsgeschwindigkeiten absolut unmöglich gewesen. Vielleicht, wenn Telepathen uns auf dem Flug begleitet hätten ...
Nicht weniger exotisch waren die Sonnensegler erschienen — hauchzarte, blattartige Geschöpfe, die in der Stickstoffatmosphäre ihrer Welt der Thermik folgten. Wir hatten beobachtet, wie die nur zwei Handspannen messenden Sonnensegler einem Schwarm angreifender Flugsaurier widerstanden und letztlich sogar die im Vergleich mächtigen und plumpen Räuber benutzt hatten, um schnell Tausende von Kilometern zurückzulegen. Eine nachträgliche Auswertung der optischen Aufzeichnungen hatte ein eindeutig taktisches Verhalten der Blattwesen ergeben. Instinktgeleitet? Wir hatten es zumindest nicht herausgefunden.
Nie zuvor hatten Menschen sich faszinierenderen Herausforderungen gegenübergesehen als seit Beginn des Raumfahrtzeitalters.
»Du hast abgenommen«, wurde ich von Mausbiber Gucky begrüßt, als ich nach der Abwesenheit meinen Bungalow am Goshun-See zum erstenmal betrat. »War die Verpflegung an Bord deiner eigenen Flotte so mies?«
Und damit hatte mich die Banalität des Alltags wieder.
Eine Zeitlang war ich wirklich versucht, an eine Ära friedlicher Expansion und umfassender Zusammenarbeit mit unseren galaktischen Nachbarn zu glauben. Es sah tatsächlich danach aus, als hätte das sechsundzwanzigste Jahrhundert nach Christi der Beginn eines goldenen Zeitalters werden können.
Auf nahezu allen Gebieten trieben unsere ehrgeizigen Wissenschaftler Forschungsprojekte voran, die eines Tages Antworten auch auf die letzten Fragen bringen sollten.
Terraforming machte neue Welten urbar. Die Begeisterung der Siedler bei der Eroberung neuen Lebensraums war ungebrochen.
Im Jahr 2529 begann die Besiedlung des Normon-Systems mit dessen zweitem Planeten Nosmo. 14.772 Lichtjahre lag das System mit insgesamt acht Welten, das später zum Zentrum des Imperiums Dabrifa werden sollte, von der Erde entfernt.
Doch zunehmend dämpften innenpolitische Querelen die Euphorie Autarkiebestrebungen beschäftigten das Parlament. Eigenständige Imperien wie das beachtliche achtzig Welten umfassende Dulaimon entstanden im Staatsgebiet des Solaren Imperiums. In den Jahren um 2550 mußte die USO eingreifen und Dulaimon einen Friedensschluß aufzwingen, was in letzter Konsequenz den Zerfall dieses Sternenreichs zur Folge hatte. Lediglich die Welten Dulaimon und Nosmo blieben
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