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PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

Titel: PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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den Doktortitel: Astrophysiker, Hyperphysiker, Chemiker, Astronomen. Ein Name stach mir in die Augen. Ich hätte ihn beinahe überlesen, aber dann sprang mein Blick noch einmal zurück.
    Bull, stand da.
    Michael Slovan Bull.
    Ich las erneut und hoffte, die Buchstaben wurden eine andere Kombination eingehen, irgendeine, die unverfänglich war, die mich zwar ebenfalls schmerzte, aber nicht so sehr wie der Verlust eines Verwandten. Ich kannte Michael nicht persönlich, er war eine Art Groß-Großneffe väterlicherseits. In meinem umfangreichen Privatarchiv war seine Geburtsanzeige gespeichert, ebenso einige Fotos, davon eines, das ihn im zarten Alter von vier oder fünf zeigte, und ein anderes, an das ich mich noch besser erinnerte. Immerhin stand darauf ein schlanker, hochgewachsener, beinahe schlaksiger junger Mann in der Kadettenuniform der Solaren Flotte vor den Landestutzen einer Gazelle. Das Bild mußte auf einer Siedlungswelt aufgenommen worden sein.
    Auf der Rückseite hatte Michael mir handschriftliche Grüße geschickt. Meinem berühmten Großonkel Reginald. Vor vier Wochen ging endlich mein Traum in Erfüllung, ich bin Kadett. Vielleicht lernen wir uns eines Tages persönlich kennen. Ich würde mich freuen. Weißt Du, Großonkel, wie oft ich in den laminierten alten Zeitungsartikeln von der Mondlandung der STARDUST und über die Dritte Macht lese? Meinen Kameraden erscheint das wie eine lange zurückliegende Welt, aber ich habe einen Bezugspunkt. Die Sterne gehören uns. Dein Michael Slovan Bull.
    Schon zu meiner Zeit hatten die Kinder ihre Eltern überragt. Ich war vermutlich die rühmliche Ausnahme. Wenngleich ich an meinen Vater nicht mehr als eine verwaschene Erinnerung hatte, die nur von den Fotos im Familienalbum herrührte. Sein Grab lag in der Normandie. Gefallen im Kampf gegen die Nazis.
    Kurzum, Michael Slovan sah mir nicht gerade ähnlich. Einzig und allein sein roter Stoppelhaarschnitt zeigte die Verwandtschaft.
    … hatte sie gezeigt. Der Junge — seine Kadettenzeit lag mindestens sieben Jahre zurück — lebte vielleicht nicht mehr.
    Ich schaltete den Monitor ab und ließ Miss Wasteland wissen, daß ich mindestens dreißig Minuten lang nicht gestört werden wollte. Dann ließ ich mich in den nächsten Sessel fallen und starrte den Kaktus an.
    Warum hatte ich nie versucht, von mir aus Kontakt aufzunehmen? Weil ich zu beschäftigt gewesen war. Eine faule Ausrede. Alle Menschen haben gleich viel Zeit, jeder vierundzwanzig Stunden am Tag. Es kommt nur darauf an, wie man sie einteilt. Daran änderte auch die Zelldusche, die ich mittlerweile zum drittenmal erhalten hatte, herzlich wenig.
    Vieles schoss mir durch den Sinn. Ich stützte die Ellbogen auf die Sessellehnen und vergrub das Gesicht in den Handflächen. Eine ganze Weile saß ich nach vorne gekauert da und ließ meine Gedanken treiben. Eigentlich hatte ich das Gefühl, gar nichts zu denken und nur einer eigentümlichen Leere in mir zu lauschen, doch zum erstenmal wurde mir wirklich bewusst, wie sich die Väter und Mütter, Geschwister und Lebensgefährten all jener fühlen mußten, die nie von den Sternen zurückgekehrt waren. Oft genug waren es die Besten, die draußen blieben, deren Schicksal nie geklärt wurde. Ein klein wenig Hoffnung blieb zwar meist, doch sie schwand mit den Monaten und Jahren, die in der Routine verstrichen. Es heißt auch heute noch, daß die Zeit Wunden heilt, doch ich glaube, das tut sie nicht, sie schüttet sie nur zu.
    Meinem berühmten Großonkel Reginald. Über meinen ungezählten Verpflichtungen vergaß ich meine privaten Interessen. Vielleicht war gerade jetzt der Zeitpunkt gekommen, das zu ändern — ein Wink des Schicksals, mich zu besinnen, ehe wir alle uns auseinandergelebt hatten.
    Das neueste Schwesterschiff der EX-411, das die Bezeichnung EX-414 tragen wurde, stand in den lunaren Werften vor der Vollendung. Die Indienststellung mit der offiziellen Schiffstaufe war für den 15 Februar angesetzt.
    In dem Moment wusste ich, was ich seit Jahren vermisste. Mir fehlte ein eigenes Kommando. Wie gerne hätte ich den Schreibtisch mit einem Kontursessel in der Hauptzentrale eines Raumschiffs vertauscht.
    Die täglichen administrativen Geschäfte konnte ich meinen Stellvertretern überlassen. Wichtige Entscheidungen standen nicht an, und unentbehrlich war ich schon gar nicht. Darauf hatte ich stets geachtet. Es entsprach nicht meinem Naturell, mich so in die Tretmühle einzubinden, daß ich zu meinem eigenen

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