PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
Stahlleitern hinauf, niemand hastete die Gitterbrücken entlang oder setzte einen der antigrav-gesteuerten Reparaturkäfige in Bewegung.
Ich folgte dem fünfzig Meter von der doppelwandigen Außenhülle entfernt verlaufenden Ringkorridor. Nach wie vor blieb ich allem, von den beiden schwebenden Reinigungsrobotern abgesehen, die mich nicht beachteten.
Mein Zorn auf diesen Tag begann langsam zu verblassen. Hier fühlte ich mich wohl, in unmittelbarer Nähe der geballten Kraft, die unsere Schiffe zu den Sternen trugen. Die Luft an Bord wurde ebenso gefiltert und mit Aromastoffen versetzt wie in meinem Büro, doch in den Maschinenräumen des Kugelraumers war davon wenig zu bemerken. Ich glaubte, den Stahl auf den Lippen zu schmecken, roch Ozon und Legierungen und Chemie — weit intensiver als an Bord der STARDUST, deren Atmosphäre mir im Gegensatz zu diesen Weltraumschiffen im Nachhinein geradezu steril erschien.
Trotzdem brachte ich die Männer und Frauen der EX-411 nicht mehr aus dem Kopf.
Ich erreichte die Kalupschen Kompensationskonverter, das Hauptaggregat unseres neuen Überlichtantriebs, der die zeitweise recht unangenehmen Nebenerscheinungen der Transitikonstriebwerke vergessen ließ. Wichtigster Aspekt dieser Neuentwicklung war die Tatsache, daß eine völlige Ent- und Wiederverstofflichung sowie die Nutzung des fünfdimensionalen Hyperraums als Transportmedium unterblieben. Vielmehr bedeutete der Linearflug die geradlinige Fortbewegung eines Raumschiffs in einem dem Einstein-Raum dimensional übergeordneten Kontinuum mit hoher, praktisch nur durch technische Vorgaben beschränkter Überlichtgeschwindigkeit. Die energetische Dimension des als Zwischen- oder Linearraum bezeichneten Kontinuums lag über dem Einstein-Raum, jedoch unterhalb des Hyperraums.
Professor Arno Kalup war unser größter Wissenschaftler und Hyper-Physiker — und das sowohl von seiner fachlichen Qualifikation als auch wegen seiner 1,90 Meter Körpergröße. Er hatte das bereits im Jahr 2044 von den Drauf erbeutete Triebwerk entscheidend verbessert. Die Drauf waren ein Volk von Insektenabkömmlingen. Sie entstammten einem anderen Universum, in dem die Zeit um den Faktor 72.000 langsamer ablief als für uns. Ein Naturereignis hatte sie in die Lage versetzt, in unser Raum-Zeit-Kontinuum einzudringen. An den Überlappungszonen beider Zeitebenen waren ganze Planetensysteme entvölkert worden. Die Drauf hatten sich vom Überwechseln der betroffenen Intelligenzen in ihr Kontinuum eine allmähliche Zeitangleichung erhofft. Schon vor rund 10.000 Terra-Jahren hatte diese Gefahr existiert und unter anderem den Untergang des sagenumwobenen Kontinents Atlantis verschuldet.
Meine Gedanken schweiften weiter zu Atlan, dem potentiell unsterblichen Arkoniden, Träger eines eiförmigen Zellaktivators, der die permanente Funktion einer Zelldusche ausübte. Die Jahrtausende seit dem Untergang von Atlantis hatte er in einer Station auf dem Meeresgrund verbracht. Teils im Tiefschlaf. Doch hatte er auch oft lenkend in die Geschicke und die Entwicklung der Menschheit eingegriffen.
Zuletzt am 18. Februar 2040 war Atlan von seinem Roboter Rico aufgeweckt worden. Entgegen seinen Befürchtungen, die Erde könnte im Atomkrieg untergegangen sein, hatte er eine völlig veränderte Situation vorgefunden. Sein Versuch, mit einem terranischen Raumschiff endlich nach Arkon zurückzukehren, war verhindert worden.
Auf der Wüstenwelt Hellgate war es zwischen Atlan und Perry Rhodan zu einem entscheidenden Duell gekommen, aus dem Perry als Sieger hervorgegangen war. Seitdem hatte sich Atlan immer wieder als Freund der Menschen erwiesen. Ihm verdankten wir es auch, daß eine Großoffensive der Druuf von einer arkonidischen Raumflotte abgewehrt worden war.
Ich stand im Begriff, mich in bitteren Erinnerungen zu verlieren Die turbulenten Jahre zwischen 2040 und 2045 hatten vor allem für Perry Rhodan tiefgreifende persönliche Katastrophen bereitgehalten Aber daran wollte ich jetzt gar nicht denken, weder an den Tod seiner Frau noch an das Zerwürfnis mit seinem Sohn.
Tief in mir nagte die Gewissheit, daß nicht nur Perry in familiärer Hinsicht manches falsch gemacht hatte. Mir erging es offenbar keinen Deut anders. Alle Verwandten, die mir einmal nahegestanden hatten, lebten nicht mehr, der Kontakt zu ihren Kindern und Kindeskindern beschränkte sich auf gelegentliche Weihnachtsgrüße, die inzwischen spärlich gesät waren. Wann hatte ich das letzte Hypergramm
Weitere Kostenlose Bücher