PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
war er wieder allein und alles um ihn her so fern und unerreichbar, als hätte sich ein unsichtbarer Schleier herabgesenkt. Kaum ein Geräusch war zu hören.
Mit der bloßen Hand warf Alaska die lockere Erde auf den Sarg hinab.
»Ich wünschte, Liv«, seufzte er, »ich könnte diese eine Nacht ungeschehen machen. Alles ist so leer geworden.«
Nach einer Weile wandte er sich um.
Wohin?
Es war egal. Das Ding in seinem Gesicht zu bekämpfen lohnte nicht mehr.
Die Gestalt, die sich aus dem Schatten einer der knorrigen Eichen löste, bemerkte Alaska erst, als sie sich schon gegenüberstanden. Er beschleunigte seine Schritte, um schnell an dem hochgewachsenen, schlanken Mann vorbeizugehen, dennoch sprach der andere ihn an:
»Fliehen Sie jetzt nicht vor sich selbst, Mr. Saedelaere!«
Alaska hielt erst einige Meter weiter ruckartig inne. Er hatte die Stimme erkannt und wandte sich zögernd um.
»Was geschehen ist, tut mir Leid«, sagte der Mann.
»Solarmarschall Deighton«, brachte Saedelaere hervor, »Sie waren ... die ganze Zeit über hier?«
Der andere nickte. »Ich hatte das Gefühl, Ihnen beistehen zu müssen.«
»Ich brauche kein Mitleid.« Alaska wollte weitergehen, doch eine knappe Frage hielt ihn zurück.
»Sind Sie sich völlig sicher? Sie haben alles verloren, sogar Ihr Menschsein ... «
»Was wollen Sie von mir?«
» ... Ihnen helfen.«
»Das kann niemand.« Alaska schüttelte den Kopf.
»Sie wissen, dass dem nicht so ist. Ihre Freundin wusste es auch. Andernfalls hätte sie mich nicht um Fürsprache bei Whistler gebeten.«
»Das glaube ich nicht«, wehrte Alaska ab.
»Warum belügen Sie sich weiterhin? Ihr Unterbewusstsein hat sich längst für die Solare Abwehr entschieden.«
»Wenn Sie ohnehin alles wissen ... Ich glaube nicht, dass ich einer solchen Aufgabe gewachsen wäre.«
»Sie unterschätzen sich, Mr. Saedelaere. Sie sind mehr als ein hervorragender Techniker.« Galbraith Deighton streckte dem Transmittergeschädigten die Hand entgegen. »Versuchen wir es miteinander? Glauben Sie mir, genau das hätte Miss Andaman ebenfalls gewollt.«
Alaska wirkte immer noch unentschlossen.
Endlich ergriff er Deightons Hand. » Sie sind der Unsterbliche mit der Erfahrung etlicher Jahrhunderte, nicht ich.«
Allen Zweifeln zum Trotz war es, als hätte sich ein Stein von seiner Seele gelöst. Alaska Saedelaere fühlte sich plötzlich sehr viel freier … …doch das lag wohl daran, dass er endlich eine Entscheidung getroffen hatte.
Archiv des Besonderen
Teil 1
3432 bis 3437 n. Chr.
Seit die Menschen sich und ihrer eigenen Existenz bewusst wurden, sind sie bestrebt, individuelle Erfahrungen ihren Artgenossen zu überliefern. Begründet liegt dieses dominante Verhalten in der genetischen Programmierung der Arterhaltung, die Nachrichtenübermittlung ist also ein Grundbedürfnis des Homo sapiens und als solches gleichrangig mit Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung.
In unserem Jahrtausend existieren leider nur noch sehr wenige altsteinzeitliche Höhlenmalereien (beispielhaft genannt sei Lascaux auf Terra, im regionalen Abschnitt Südfrankreich), jedoch können alle archivierten Daten aus der Frühzeit menschlicher Kommunikationstechnik über NATHANS Datenbanken abgerufen werden. Die Hyperinpotronik auf dem Mond als größtes Verwaltungszentrum verfügt über nahezu alles vorhandene archäologische und anthropologische Material, das jemals erhoben wurde. Nicht verschwiegen werden darf in diesem Zusammenhang die Verlustquote seit dem Erscheinen der Menschheit auf der kosmischen Bühne, insbesondere infolge kriegerischer Handlungen (beispielhaft erwähnt werden Verluste durch das Wirken der Meister der Insel ebenso wie die weitreichenden Zerstörungen während des Großangriffs der Zeitpolizisten im Jahr 2437). Offizielle Schätzungen der tatsächlichen Dateneinbußen belaufen sich auf einen Wert zwischen drei und sechs Prozent.
Die Entwicklung unterschiedlichster altterranischer Schriften, von denen einige trotz ihrer Eigenständigkeit und isolierten Entstehung eine Ähnlichkeit mit dem geschriebenen arkonidischen Idiom nicht leugnen können (verwiesen wird auf die Abhandlung »Lemuria und die Folgen: Exodus der Ersten Menschheit nach den Haluter-Kriegen«), ist unter dem Stichwort »Babel-Syndrom« allgemein abrufbar. In Stein gehauene so genannte Keilschriften, Papyrusrollen, Pergament als Ersatz für Papyrus und die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern im 15. Jahrhundert
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