PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
Decke empor, und nicht ein Atemzug hob ihre Brust.
Der rechte Arm hing nach unten, die Finger hatten sich um die Maske verkrampft. Das Lächeln, unauslöschlich um Livs Mundwinkel eingegraben, kündete von einer seltsamen Zufriedenheit.
Liv Andaman war tot.
Viele Atemzüge lang saß Alaska wie versteinert, bevor er sich zögernd über den reglosen Körper beugte und Liv auf die Stirn küsste. Dann erst überwand er den Schock, löste die Maske aus den starren Fingern und rief den Rettungsdienst.
Seine Gedanken sehnten sich nach dem Tod.
Warum?
Auch nach drei Tagen verstand Alaska Saedelaere noch nicht, was Liv dazu bewogen hatte, ihm die Maske abzunehmen. Der Gedanke an einen Unfall war ebenso absurd, wie seiner Gefährtin im Nachhinein Neugierde zu unterstellen. Das wäre nicht die Frau gewesen, die er geliebt hatte.
Die Erinnerung daran, mit welcher Hingebung sie ihn umarmt hatte, trieb Saedelaere Tränen in die Augen. Es erschien ihm, als hätte Liv ihren Tod geahnt.
Warum habe ich sie nicht zurückgehalten? Ich hätte es wissen müssen.
Liv hatte ihm so nahe sein wollen wie lange nicht mehr. Zweifellos hatte sie gehofft, den Anblick ertragen zu können.
Wenn so das Leben ist ... Alaska brachte den Gedanken nicht zu Ende. Ziellos schweifte sein Blick über die Skyline Terranias und blieb an den langsam und in großer Höhe treibenden Wolken hängen. Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt.
Sogar der Himmel weint.
Die Lippen zusammengepresst, ging Alaska weiter. Das war die letzte Ehre, die er seiner Gefährtin erweisen konnte. Auch wenn es ihm schwer fiel, er würde durchhalten. Seine Schritte knirschten auf dem groben Kies.
Die uralten, knorrigen Bäume, die den Zentralfriedhof von Terrania City in eine Parklandschaft verwandelten, wirkten wie zeitlose Wächter. Aber Alaska sah weniger die gepflegte Landschaft als die unzähligen Gräber, die für ein oder zwei Jahre zur letzten Ruhestätte wurden, ehe die Särge in den Katakomben unter dem Friedhof verschwanden. Logisch betrachtet war diese Art der Bestattung eine ungeheure Platzverschwendung, andererseits wollte nur noch ein Bruchteil aller Terraner im Erdreich beigesetzt werden. Seit Weltraumbestattungen erschwinglich geworden waren ...
Alaska verhielt seine Schritte vor dem mannshohen Obelisken, der von blühenden Büschen umrahmt wurde. Suzan Betty Rhodan-Waringer, war in Goldbuchstaben eingraviert, nichts sonst. Und ganz in der Nähe hatte Mory Rhodan-Abro ihre letzte Ruhe gefunden. Auch die Unsterblichen waren nur Menschen.
Fünfhundert Meter entfernt, am Rand eines kleinen Sees, lag Liv Andamans Grab. Alaska verharrte dicht davor. Es war Livs Wunsch gewesen, hier eines Tages ihre Ruhe zu finden.
Niemand außer ihm war gekommen. Nicht einmal Livs ältere Schwester. Ihre Verwandten lebten weit über das Gebiet des Solaren Imperiums verstreut, und der Weg nach Terra war für manchen unerschwinglich. Alaska hatte deshalb eine Aufzeichnung und die Verteilung der Kopien in Auftrag gegeben.
Er war zu zeitig gekommen. Trotz des stärker werdenden Regens verharrte er auf der Stelle. Bis endlich ein verhaltenes Summen näher kam, klebte Saedelaere das Haar triefend am Schädel, und die Nässe rann ihm den Rücken hinab.
Eine kleine Schwebeplattform brachte den Sarg. Zwei Dutzend schlichte weiße Rosen als kunstvolles Gesteck waren Alaskas letzter Gruß.
Er biss die Zähne zusammen, als der Sarg, von Traktorstrahlen angehoben, zum Grab schwebte. Der Prediger, der die Plattform begleitete, nickte knapp. Falls ihn die Plastikmaske irritierte, die Alaskas Schädel halb verdeckte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
Saedelaere registrierte kaum, was der Geistliche sagte. Worte von der Ewigkeit, dem Werden und Vergehen allen Lebens und einer höheren Ordnung, die über den Dingen stand und die Menschen leitete — im Guten wie im Bösen ...
» ... es gibt einen Gott, den Schöpfer allen Lebens. Er, der vom Anfang der Zeit bis zu ihrem Ende existiert, nehme Liv Andamans Seele gnädig zu sich auf. Das sei wahr und gewiss.«
»Amen«, murmelte Alaska halb erstickt.
Vorübergehend schien der Regen aufhören zu wollen, als der Sarg langsam in die Tiefe sank. Die Sonne brach dennoch nicht durch die Wolkendecke.
Ernüchternd ...
Kalt ...
Wie in Trance registrierte Alaska, dass sich der Prediger verabschiedete. Für einen Moment entdeckte er dabei die fast kopfgroße schwebende Kugel, die aus einiger Distanz die Aufzeichnungen anfertigte. Dann
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