PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten
den siebenten Planeten, Ovirs Nexas, links von unserem Kurs sehen.« Erwartungsvolle, ängstliche Stille breitete sich aus. Nach einiger Zeit sprach Atubur Nutai weiter.
»Auch der sechste Planet, Lemchas Reabion, würde unser Überleben möglich machen. Er wird in dreißig Tagen den Punkt erreichen, an dem wir seine Bahn überfliegen. Ichest leuchtet voraus. Mentack Nutai mit seinen drei Monden liegt vor uns und wird von Stunde zu Stunde größer.« Die Schutzschirme waren teilweise außer Funktion. Wieder hallten und dröhnten die Echos eines Meteoriteneinschlags durch die Decks. »Wir sind genau auf dem errechneten Kurs, den ich ständig kontrolliere. In siebzehn Stunden beginnt die >Hoffnungs-stern< mit dem Abstieg zum fünften Planeten. Der Hüter stehe uns bei. Und der Legendor würde meinem Vorhaben zustimmen.«
Rasturis Finger krampften sich in Kalymels Hand zusammen. »Siebzehn Stunden!«, flüsterte sie.
Das Angst einflößende Geräusch der hochgefahrenen Absorber und die Vibrationen waren vergangen. Siebzig Passagiere in Schutzanzügen drängten sich in der LEMCHA EDANA; die drei Insassen der Steuerkanzel trugen Raumanzüge. Etwa 200 Passagiere warteten in den drei Fähren der anderen Quadranten, ungefähr 900 Lemcharoys blieben zurück und bereiteten sich auf die Planeten-Umkreisung des schwarzen Ringes oder auf die zurückkehrenden Planetenfähren vor. Kalymel kannte die Startroutine auswendig und machte die Fähre ruhig und systematisch abflugbereit.
Sie warteten mit offenen Luken im hell erleuchteten Hangar, der noch an das Atemluftsystem angeschlossen war. Auf einem winzigen Monitor in der Kanzel und einem zweiten, größeren im Passagierraum konnten sie die Vorgänge außerhalb der Arche verfolgen. Viele Lemcharoys waren halb krank vor Anspannung und Furcht vor dem Unerwarteten, vor dem ersten Verlassen der OVIR.
Wieder brüllten die Absorber auf, wieder schüttelte sich der kantige Ring. Mehrmals wechselte die Schwerkraft, und die Insassen der Fähren hingen lange Sekunden in den Gurten, während die Wand plötzlich zum Boden wurde. Die Bahn des sechsten Planeten lag bereits jenseits der Arche, die scheinbar hoch über dem Pol über Mentack Nutai hinweg zurasen schien. Quälend langsam verging die Zeit.
Kalymel wechselte einen Datenchip aus und begann zum neunten Mal auf dem Monitor die bebilderte Beschreibung der Welt Mentack Nutai zu studieren. Er kannte sie halb auswendig.
Die Eiskappen an den Polen haben eine Ausdehnung, deren Größe vergleichbar ist mit bekannten Lemurerwelten (Daten aus Archiv). Die Zusammensetzung der Atmosphäre entspricht zu 98% den Anforderungen des lemurischen Metabolismus. Landmassen und Meeresoberflächen sind jeweils mit 50 % gemessen worden (Messung nicht verbindlich). Die Schwerkraft beträgt ein Zehntel über Norm. Das Klima wurde als gemäßigt erkannt, der siderische Tag dauert 17,7 Stunden, die durchschnittliche Temperatur ist 14 Grad C. Die planetare Achse steht in einem Winkel von 12,8 Grad zur Sonnen-Umlaufebene, also sind die Jahreszeiten schwach ausgeprägt. Mentack Nutai, eine planetengeschichtlich alte Welt, ist ohne schroffe Hochgebirge. Großflächige Wälder, flache Meere, Wüsten und aride Zonen sowie Sümpfe in den Übergangsgebieten kennzeichnen den Planeten unserer Zwischenlandung.
Die Bilder der Fernortung waren erwartungsgemäß unscharf und oft unter Wolken verborgen. Kalymel zuckte mit den Schultern und wechselte den Chip aus.
Sie warteten weiter; eine Stunde und länger.
»Wir fliegen am Planeten vorbei, Kalymel!«, rief Rasturi und hantierte aufgeregt an den Griffen und Säumen des Raumanzugs.
»Das ist beabsichtigt«, sagte Macaire kopfschüttelnd. »In die Umlaufbahn. Warte, denk an die Anziehungskraft dieser riesigen Masse!«
Die Pausen zwischen den Meteoritentreffern wurden kürzer. Die dröhnenden Schläge, deren Nachhall das gesamte Schiff erschütterte, ließen erkennen, dass die kosmischen Körper nicht nur zahlreicher, sondern auch massereicher waren. Wieder setzten die Absorber ein. Die Scheingerade der Flugbahn knickte, die Rundung der fremden Welt schob sich von unten wieder ins Bild.
Kalymel sah auf das Chronometer und sagte: »Schließt die Helme. Sprechverbindung ein. Es geht los.«
Er wartete, bis die Lichtsignale auf seinem Pult erloschen. Sämtliche Luken der Fähre waren geschlossen und verriegelt. Der nächste Impuls kam aus der Kommandozentrale. In der Decke des Hangars öffnete sich ein Spalt. Das
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