PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
Rinauro, beides Glazialforscher mit hohem Verdienststatus. Schule in Torhad, Studium in Kan-rar, im Norden von Lemuria. Der junge Levian zeigte sich schon als Kind von allem fasziniert, was mit Raumfahrt und All zu tun hatte, und während des Studiums überraschte er seine Professoren immer wieder mit innovativen Ideen. Er arbeitete in mehreren Forschungsbereichen, mit Schwerpunkt An-triebstechnik und ambientale Elektronik - bis hierher stimmte alles mit den Angaben überein, die er von Paronn selbst bekommen hatte. Weiter hieß es: Vor drei Jahren war er für Impetus tätig geworden, und nur ein Jahr später leitete er das Unternehmen, ein Karrieresprung ohnegleichen.
Deshan blickte auf die Daten und überlegte. Vielleicht hatte er Paronn damals vor fünf Jahren falsch verstanden, oder das mit der Tätigkeit fürs Raumfahrtprogramm war in einem übertragenen Sinn gemeint gewesen. Eine solche Möglichkeit bestand durchaus. Aber es gab auch noch eine andere.
Vielleicht hatte ihn Levian Paronn belogen.
Aber warum? Weshalb sollte er jemanden belügen, dem er zum ersten Mal begegnete?
Torhad, dachte Deshan.
Der Atem des Chronisten kondensierte zu einer weißen Fahne vor seinen Lippen, als er über die gewaltige weiße Masse des Gletschers blickte.
»Beeindruckend, nicht wahr?«, fragte Myrion Danater, Solidar-chronist von Torhad. Der kleine, schmächtige Mann trug eine Jacke, die nur halb so dick war wie Deshans pelzbesetzter Parka, aber ihm schien überhaupt nicht kalt zu sein, während Apian das Gefühl hatte, dass ihm Luft und Eis die Wärme aus dem Leib saugten.
In der eisigen Ferne knackte es gelegentlich.
»Die Geräusche werden von den Bewegungen des Gletschers verursacht«, erklärte Torhad. »Jetzt im Sommer ist es hier ruhig. Du müsstest mal im Winter kommen und einen der Schneestürme erleben.«
Wenn dies hier im Norden »Sommer« war... Deshan schauderte innerlich, als er versuchte, sich den Winter vorzustellen.
»Ich habe gehört, dass es hier früher einmal dichte Wälder gegeben hat«, sagte er.
»Unter uns liegt ein ganzer Kontinent begraben«, erwiderte Myrion. »Unter einer bis zu fünfhundert Meter dicken Schicht aus Schnee und Eis. Lemur befindet sich in einer sehr kalten Klimaphase, aber das war nicht immer so. Früher einmal beschränkte sich das Eis auf die Polbereiche und die Gipfel hoher Berge.« Er streckte die
Hand aus und deutete nach Westen, über den seitlichen Rand der großen Gletscherzunge hinweg. Dort erstreckte sich Torhad, keine kleine Forschungskolonie mehr wie vor fünfundvierzig Jahren, sondern eine schnell wachsende Industriestadt, in der sich rohstoffverarbeitende Betriebe aus allen neunundvierzig Solidaren Komitees des Großen Solidars angesiedelt hatten. »Beim Erzabbau finden wir immer wieder Relikte der Vergangenheit, Versteinerungen, Knochen, manchmal auch von der Kälte konservierte organische Rudimente. Natürlich gehen wir mit diesen Dingen sehr vorsichtig um, denn das Vergangene ist Teil der großen Wahrheit unseres Lebens.«
Deshan nickte anerkennend und sah zur Stadt, die inzwischen auf fast eine Million Einwohner angewachsen war. Zehnmal hunderttausend Menschen, die in dieser Kälte wohnten und arbeiteten. Wie privilegiert er doch war, in Marroar zu leben!
»Wo befindet sich die alte Forschungsstation?«, fragte er neugierig.
»Meinst du die, in der Trui Paronn und Kaila Rinauro gearbeitet haben?«
»Ja.«
»Sie ist inzwischen ein Museum und befindet sich im Innenbereich der Stadt. Neue, moderner ausgestattete Stationen für die Glazialforschungen sind Dutzende von Kilometern entfernt eingerichtet worden, weiter oben am Gletscher und im Gebirge.«
Deshan sah zu den steilen Bergrücken im Norden, weiße Riesen, die gen Himmel ragten und deren eisverkrustete Grate am Firmament kratzten.
»Mir ist kalt«, sagte er und fröstelte trotz des dicken Parkas. »Können wir uns das Museum ansehen?«
»Natürlich«, erwiderte Myrion, und die beiden Männer gingen zum nahen Schneewagen.
»Hast du Levian Paronn gekannt?«, fragte Deshan, als sie durch die alte Forschungsstation gingen, die inzwischen als Museum diente, nicht den beiden Glazialforschern gewidmet, sondern der Entwicklung von Torhad zu einem modernen Industriezentrum in der Eiswüste des hohen Nordens.
»Als Jungen und Heranwachsenden, ja«, erwiderte Myrion, während sie an Ausstellungsstücken, Bildern und Schrifttafeln vorbeigingen. Es gab nur wenige andere Besucher; sie hatten das Museum
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