PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
Transportmittel zur Verfügung stehen, die billig und vor allem effizient genug sind, könnte die lemurische Wirtschaft enorm wachsen. Aber neue Antriebssysteme fallen uns nicht einfach in den Schoß. Wir müssen heute forschen und entwickeln, damit wir sie morgen oder übermorgen haben.«
Mepha Hatan kaute langsam und nickte. »Ich bin ganz deiner Meinung. Vorausgesetzt, die Dinge bleiben in diesem Rahmen. Nun, ich wollte dies mit dir klären, damit wir heute Abend einen gemeinsamen Standpunkt vertreten können. Der Solidartaman wird genau diesen Punkt ansprechen: die Nützlichkeit der Raumfahrt und aller ihrer Projekte im Kontext der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ich bin wie du und viele andere der Ansicht, dass unsere Zukunft im All liegt, aber wir müssen den vielen Menschen dort draußen erklären, dass wir den von uns verwendeten Teil des wirtschaftlichen Potenzials unserer Gemeinschaft nicht etwa vergeuden, sondern zu einem guten Zweck nutzen. Darum geht es auch dem Solidartaman. Wir sind ihm und dem Gemeinwesen des Großen Solidars Rechenschaft schuldig.«
»Ich habe nichts zu verbergen«, sagte Levian Paronn.
Was für Deshans Ohren ein wenig seltsam klang.
Der Nachmittag verging so schnell wie der Morgen, und der Chronist staunte über die Anzahl der Dokumente, die Levian Paronn empfing und innerhalb weniger Stunden weiterleitete, unter ihnen auch eine Bewilligung des Konzepts, das Kaho Tiraha ihm am Morgen präsentiert hatte. Die Sonne neigte sich im Westen dem Horizont entgegen, als Paronn einen Rundgang durch die wichtigsten Laboratorien von Impetus machte, mit Sektionsleitern und Wissenschaftlern sprach, sich von ihnen sowohl erzielte Fortschritte als auch Schwierigkeiten schildern ließ. Deshan sah bei dieser Gelegenheit bereits bekannte und auch einige neue Gesichter - Levian Paronn war ständig auf der Suche nach fähigen Technikern und kreativen Innovatoren.
Bevor Deshan Apian Impetus verließ, um Mira für den Empfang abzuholen, verfasste er in seinem Chronistenzimmer im Bürotrakt den ersten Entwurf eines neuen Berichts, den er sowohl Marroars Medien übermitteln als auch Paronns Chronik hinzufügen wollte.
Als er ihn beendete, war es im Bürotrakt still und draußen dunkel geworden. Er verließ sein Zimmer und stellte fest, dass in Levian Paronns Büro Licht brannte - es fiel durch die offene Tür in den Flur. Deshan warf einen Blick hinein und stellte fest, dass Paronn nicht zugegen war.
Er zögerte kurz, bevor er das Zimmer betrat. Verboten war ihm der Aufenthalt an diesem Ort nicht - als offizieller Chronist hatte er Zugang zu allen Bereichen von Impetus -, aber sich allein in Paronns Büro umzusehen... Deshan hatte fast das Gefühl, damit seine Privatsphäre zu verletzen.
Trotzdem: Er konnte der Versuchung nicht widerstehen.
In der Vitrine auf der einen Seite des Raums lagen mehrere Verdienstsymbole. Aber ihre Präsenz wirkte wie beiläufig; sie waren nicht zur Schau gestellt, um auf die Leistungen ihres Besitzers hinzuweisen. Deshan hatte bereits bemerkt, dass Paronn gar keinen Wert auf solche Dinge legte, was ihn erstaunte, denn das Verdienst zählte zu den treibenden Kräften in der lemurischen Gesellschaft. Er verwendete die Verdienstzeichen nur dann, wenn er bei seiner Arbeit auf administrative oder ökonomische Probleme stieß.
Deshan wandte sich von der Vitrine ab und wollte das Büro verlassen, als etwas auf dem großen flachen Bildschirm neben Paronns Schreibtisch seine Aufmerksamkeit weckte. Er trat näher und betrachtete die schematische Darstellungen von gewaltigen Röhren, jede von ihnen mehrere Kilometer lang. Sie waren in einzelne Module unterteilt, die Schwerkraft durch Rotation simulierten. Deshan deutete die Symbole und beugte sich vor, um Einzelheiten zu erkennen. Er sah hydroponische Anlagen, Generatoren, Reaktoren, Triebwerke ohne technische Einzelheiten, Wohnbereiche, nein, Lebensbereiche, komplexe, selbst regenerierende Wasserkreisläufe und autarke Biotope. Was sollte dies sein? Modelle für künftige Raumstationen?
Deshan Apian kannte den Zusammenhang zwischen industriellem Potenzial, technischem Niveau, Logistik und den Möglichkeiten der Raumfahrt. Nach der ersten bemannten Mondlandung waren fünf Jahre nötig gewesen, um in Lemurs Umlaufbahn zwei Raumstationen zu bauen, die größte von ihnen mit einem maximalen Durchmesser von fünfunddreißig Metern. Diese Stationen waren hundertmal so groß, außerdem wesentlich komplexer und moderner
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