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PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

Titel: PR Lemuria 06 - Die längste Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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schwarzes Tuch dar übergedeckt. Geblieben waren düstere Schleier, ineinander verwoben, aufquellend wie Gewitterwolken und gelegentlich von Farb-schlieren durchzogen. Die Ausläufer der Dunkelwolke erstreckten sich bis nahe an die GOLDEN GOOSE.
    Hin und wieder schimmerte das Aufblitzen eines fernen Sterns durch die Materieschwaden.
    Die Materiedichte war sprunghaft angestiegen, bedeutete aber trotz der hohen Restgeschwindigkeit des Schiffes noch kein Sicherheitsrisiko. Der in Flugrichtung aktivierte Prallschirm absorbierte die Partikelflut, bevor die Atome den verdichteten Stahl der Schiffshülle abschmirgeln konnten.
    »Was sagt der Hyperfunk?«
    »Keine neue Erfassung. Das Frequenzspektrum wird von den Emissionen der Wolke und vereinzelten Ausbrüchen von Gammastrahlen beherrscht.«
    »Wahrscheinlich haben wir es doch mit einem Raumschiff zu tun«, sagte Janna Pagnell zögernd.
    »Cavins?«
    Der Orter zuckte mit den Schultern. »Dann steckt das fragliche Schiff aber so tief in der Wolkenmaterie, dass seine energetischen Charakteristika überlagert werden.«
    »Für eine Dreieckspeilung brauche ich einen neuen Funkimpuls«, wandte Janna ein. »Wenn wir von uns aus auf der fraglichen Frequenz...«
    »Geschenkt!« Der Kapitän winkte ab. »Solange wir nicht wissen, was dort ist, geht kein Funkspruch raus! Ich habe nicht die Absicht, schlafende Hunde zu wecken. Wir brauchen nur eine Welt, auf der wir ungehindert landen und die Reparaturen vornehmen können.«
    »Da ist etwas!«, meldete Cavins. »Die Massetaster haben ein ziemlich großes Objekt erfasst.«
    »Energetische Emissionen?«
    Der Mann hinter den Ortungen schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    »Also doch ein Wrack? Wie groß?«
    »Ungefähr zweieinhalb Kilometer.« Cavins Schaltungen wurden hastiger. Mehrmals fuhr er sich mit einer Hand über den Nacken; er wirkte äußerst angespannt. »Das ist ein kleiner Planet, eine Welt ohne Sonne.«
    Endlich zeigte die Bildwiedergabe eine von Kratern, Schrunden und tiefen Grabenbrüchen durchsetzte Oberfläche, ein Antlitz, das so nur in Jahrmillionen entstanden sein konnte.
    »Tatsächlich eine Dunkelwelt«, stellte der Kapitän überrascht fest.
    »Und ein Irrläufer«, ergänzte Cavins. »Dieser Brocken bewegt sich gegen die Rotationsrichtung der Milchstraße. Nicht nennenswert zwar, aber doch mit einigen Metern in der Sekunde.«
    Brouk fixierte die zahlreicher werdenden Ortungsdetails. Er verschränkte die Hände und stützte das Kinn auf den abgespreizten Daumen.
    Vielleicht hatte er wirklich den richtigen Riecher bewiesen. Vagabunden wie dieser Himmelskörper waren gar nicht so selten, wenngleich äußerst schwer aufzuspüren. Bei einer nicht geringen Zahl handelte es sich um halb verbrannte Planetenleichen, die dem Feuertod im Gluthauch ihres zur Nova gewordenen Muttergestirns entronnen waren. Hitze, Druck und Strahlung hatten die oftmals schon schweren Elemente im Kern weiter modifiziert und zu kostbaren Rohstoffen werden lassen.
    »Distanz?«
    »Siebenundachtzig Millionen Kilometer.«
    Also knapp fünf Lichtminuten. Die GOLDEN GOOSE näherte sich der Dunkelwelt mit fünfundvierzigtausend Kilometern in der Sekunde. Das bedeutete eine halbe Stunde Frist, während der er sich entscheiden musste. Delbert Brouk nickte zufrieden. Er hatte die Position des Kapitäns angenommen, obwohl sie ihm anfangs fast eine Nummer zu groß erschienen war, um endlich der Tretmühle zu entfliehen. Terra - Olymp, Olymp - Plophos, Plophos - Ertrus und Epsal und wieder Terra - das waren die monotonen Stationen seines Lebens, die für ihn längst jeden Reiz verloren hatten. Frachtflüge zwischen den Welten der Liga Freier Terraner; er fragte sich seit
    Jahren, ob es nichts anderes gab als solche Dienste, die ebenso gut Roboter erledigen konnten.
    Wer bin ich, dass ich Robotern die Arbeit wegnehme?
    Brouk schreckte aus seinen Gedanken auf. Er spürte, dass sich etwas verändert hatte. Die Blicke der anderen ruhten auf ihm; sie warteten auf seine Befehle, er zögerte schon zu lange.
    Aus Unsicherheit? Was sich nicht in ein Schema einfügen ließ, bedeutete auf gewisse Weise eine Bedrohung. Das hatte er gelernt, während er vom Kontrolleur, der die zur Auslieferung bereiten Triebwerksblöcke auf Betriebssicherheit überprüfte, erst zum Zweiten Offizier und schon ein Jahr später zum Frachterkapitän aufgestiegen war. Bereits mit fünfzig Jahren hatte er das Ende seiner Karriereleiter erreicht, und ohne sein Leben völlig umzukrempeln, kam er

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