Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0034 – Die Ehre der Naats

PR NEO 0034 – Die Ehre der Naats

Titel: PR NEO 0034 – Die Ehre der Naats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry Haynaly
Vom Netzwerk:
stammte oder auf die Flucht vor Megh-Takarr zurückzuführen war. Wenigstens beachteten ihn die Topsiderinnen auch weiterhin nicht, sodass er unbehelligt das Panoramafenster erreichte.
    Der Anblick der Bauten des Regierungsviertels Sendschai-Karth aus dieser Höhe war atemberaubend. Drei der sechs kilometerhohen Türme ragten unter ihm empor. Dazwischen erstreckte sich der Moloch der Fünfzigmillionenstadt Kerh-Onf. Eine Dunstglocke hing über der Stadt und tauchte sie in ein graues Licht. An mehreren Stellen stieg dichter Rauch empor.
    Die Kämpfe waren also noch immer nicht beendet, aber die Brände waren zu spärlich, als dass er noch an einen Sieg der Opposition geglaubt hätte. Wenigstens hatte der gescheiterte Handstreich nicht Millionen von Toten gekostet.
    Und als ob es ihn nichts anginge, breitete sich über der Stadt ein violetter Himmel aus, der von hier weit klarer erschien als vom Boden. Die beiden Sonnen strahlten hell am Himmel, und wenn er die Augen zusammenkniff, konnte er die leicht violette Färbung einer der beiden erkennen.
    Aber nirgends auf der ganzen Länge des Fensters vermochte er einen Öffnungsmechanismus zu finden, der ihn auf die umlaufende Galerie aus Metallgittern gelassen hätte. Überhaupt erinnerte die Konstruktion eher an eine Unterstützung für Wartungsarbeiten als an eine Aussichtsterrasse, die ständig verwendet wurde. Dafür entdeckte er über fünfzig Meter weiter rechts auf einem Vorsprung eine röhrenförmige Rutsche, die Hunderte Meter in die Tiefe führte – genau das, was er brauchte. Irgendwo in einem der angrenzenden Räume musste es einen Weg nach draußen geben!
    So leise, wie er hereingekommen war, verschwand er wieder. Solch konzentriertes Arbeiten hatte er schon lange nicht mehr gesehen, selbst jetzt nahmen die Topsiderinnen von ihm keine Notiz.
    In die Wände eingelassene Brandschutztüren und ein nach links abzweigender Gang zeigten ihm, dass er sich inzwischen in jenem Teil des Turms befand, wo die Rutsche in die Freiheit führte. Manoli versuchte, sich zu erinnern, wie weit draußen die gesuchte Plattform wohl am Turm angedockt war. Die erste Tür, die er öffnete, erwies sich als Pleite: Nichts als schuppenförmige Spiegel hingen an den Wänden, und davor standen die typisch topsidischen Sitzgelegenheiten, deren zweigeteilte Rückenlehnen den Echsen Platz für den Stützschwanz boten.
    Die nächste Tür führte in ein weiteres Großraumbüro, in dem diesmal nur männliche Topsider arbeiteten. Manoli schmunzelte, als er hinter sich die Tür zuzog. Offenbar legte Megh-Takarr großen Wert darauf, dass seine Untergebenen strikt nach Geschlechtern getrennt untergebracht waren.
    Der Raum erwies sich als Volltreffer. Schon von Weitem konnte er das obere Ende des Rettungsschachts auf der Plattform sehen. Er musste nur noch ...
    Das Geräusch der sich hinter ihm öffnenden Tür ließ ihn herumfahren. Eine grün geschuppte Klaue kam zum Vorschein und schob das Türblatt zur Seite. Mehr brauchte Manoli gar nicht zu sehen. Er hechtete zur Seite, wo der obligatorische Engerling-Spender Deckung bot, wenn der Eindringling nicht gerade die Anrichte mit dem Spender umrundete.
    Zum Glück ähnelte das Layout der Möbel jenem im vorigen Trakt des Turmes, und der Neuankömmling kam gar nicht auf die Idee, hinter dem Spender vorbeizugehen. Der Topsider, ein untersetzter Mann mit roter Toga um die Schultern, stolzierte zielstrebig durch die Reihen direkt auf einen Arbeitsplatz am Fenster zu. Vor einem jungen Topsider baute er sich auf und streckte seine tief gespaltene Zunge heraus. Er züngelte heftig und nickte dabei mehrmals.
    Mit jedem Nicken duckte sich der betroffene Topsider weiter in seinen Stuhl. Manoli kam es sogar vor, als blähte der Topsider mit der Toga seine Kehle auf, aber das mochte aus dieser Entfernung auch nur so aussehen.
    »Was haben Sie sich dabei gedacht?«, schrie der Dicke.
    »Ich dachte ...«
    »Das Denken sollten Sie mir überlassen! Wenn ich sage, es gibt keine weitere Unterstützung für Rayold, dann hat das seine Gründe, die Sie nicht anzweifeln sollten.«
    »Aber ich ...«
    »Ich höre immer nur: ich, ich, ich.« Der Topsider blickte über den Bildschirm seines Untergebenen in die Runde, sodass nicht nur Manoli sich duckte.
    »Ich wollte ...«
    »Was Sie wollten, kann ich Ihnen erklären. Sie wollten soeben Ihren Lebenslauf einpacken und verschwinden! Sie sind nämlich gefeuert!«
    Der Translator gab noch zögernd das Wort »entehrt« wieder, und

Weitere Kostenlose Bücher