PR NEO 0034 – Die Ehre der Naats
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Vorsichtiger!
Die 1,3 Gravos ließen solche Aktionen nicht zu. Der Knöchel schmerzte, aber mit den geübten Fingern des Arztes ertastete er sofort, dass nichts gebrochen oder verstaucht war. Trotzdem konnte er die restlichen geschätzten tausendzweihundert Höhenmeter nicht über diese Treppe zurücklegen, sie war eine einzige Falle. Das musste doch einfacher gehen!
Wenn er terranische Maßstäbe anlegte, was leider in den letzten Tagen nicht immer funktioniert hatte, musste es hier Rettungsmöglichkeiten geben, wenn der Strom ausfiel. Nur wo?
Von oben erklang ein rhythmisches Geräusch, so als klopfte jemand ein Schnitzel mit dem Fleischhammer. Tack – tack, immer zwei Schläge hintereinander – und sie kamen näher. Manoli glaubte, sein Herz würde einen Stolperer machen. Das musste ein Topsider sein, wahrscheinlich Megh-Takarr, der ihm nachstürmte. Dann stammten die Schläge von seinem Stützschwanz, wie er auf die einzelnen Stufen prallte.
»Erikk-Mahnoli!« Treffer. Die Stimme des Despoten hallte durch das Treppenhaus und wurde von den Betonwänden vielfach zurückgeworfen.
Nichts wie fort von hier!
Manoli zog die Socke über den Knöchel und hastete eine Etage weiter nach unten. Dort schien, dem einfallenden Licht nach zu urteilen, eine besonders große Tür auf den Gang hinauszuführen. Er verzichtete darauf, sie ganz zu öffnen, sondern schlüpfte durch einen Spalt hindurch, um sie sofort wieder zuzuziehen. Dumpf hallte eine weitere Explosion, und Staub rieselte von der Decke. Die Notbeleuchtung spendete ein hellgrün fluoreszierendes Licht wie von verfaulendem Holz. Wenn die Topsider jetzt auch noch die übrige Energieversorgung aktivierten ...
Der Gang, in dem er stand, machte zu beiden Seiten eine Biegung, wo er sich im Halbdunkel verlor. Auf der Wand vis-à-vis glomm eine Tafel mit neongrünen Symbolen. Im Näherkommen erkannte Manoli die schematische Darstellung des Grundrisses der Etage. Eine ebenfalls grüne Linie führte von seinem aktuellen Standort zu einem Raum, der etwa neunzig Grad auf dem Bogengang entfernt lag. Das musste der Fluchtweg sein!
Manoli prägte sich die Anzahl der Türen auf der linken Gangseite ein und hetzte los, immer im Bestreben, keinen verräterischen Laut zu produzieren. Vor der achten Tür blieb er stehen und lauschte.
Irgendwo hinter ihm ertönten schabende Geräusche, aber auf dem Gang war keine Echse zu sehen. Dafür kam flackernd die normale Beleuchtung wieder in Gang. Er drehte sich zur Tür, neben der das Analogon zum Grundriss von vorhin hing mit dem Unterschied, dass anstelle der Linie ein grünes u-förmiges Symbol seinen Standort markierte.
Er öffnete die Tür und stand in einer Art Schleuse, denn knapp vor ihm versperrte eine weitere Tür den Weg. Manoli lächelte grimmig; hier musste es nach draußen gehen. Er griff nach der Vertiefung und zog die Schiebetür auf.
Heißer Dampf schlug ihm entgegen, der ihm für einen Augenblick die Sicht nahm. Langsam lichtete sich der Nebel. Vor ihm breitete sich eine künstliche Sumpflandschaft aus, die ihn an die Begegnung mit Ghak-Ruk in dessen Schlickgrube erinnerte. Die Wegweiser waren nicht für einen Fluchtweg gedacht, sondern wiesen entspannungswilligen Topsidern, die im Regierungsturm arbeiteten, den Weg zum nächstgelegenen Erholungssumpf. Aber wie hätte er auf diese Idee kommen können?
Na gut , dachte er, ich weiß auch nicht, was in den Palästen der irdischen Herrscher so geschieht.
Manoli wollte schon gehen, als ihn eine schneidende Stimme erschreckte. »Seit wann nehmen Arkoniden Schlammbäder?«
Manolis Herz schlug bis zum Hals, als er mitten im Schlamm den Kopf eines Topsiders gerade noch herausragen sah. Im Moment gönnte er dem Echsenmann seine Siesta, denn das hielt ihn sicher davon ab, aus dem warmen Schlick herauszuspringen und ihn zu überwältigen.
»Ich ...«, stammelte er.
»Kommen Sie schon«, sagte der Topsider und hob einen Arm aus der Brühe, »Sie können mir gerne Gesellschaft leisten.«
Ein Topsider wollte ihn zum Saunieren einladen!
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte er deshalb, »aber ich suche jemanden.«
»So, wen denn?« Der Topsider ließ nicht locker, aber keine Antwort würde ihn nur noch neugieriger machen.
»Oric-Altan«, log Manoli und drehte sich zum Gehen.
»Oh, das ist natürlich etwas anderes.« Der Topsider klatschte sich eine Handvoll Schlamm auf den geschuppten Schädel. »Übrigens, wissen Sie, was da draußen
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