PR NEO 0041 – Zu den Sternen
Zentrale Intelligenz.
Als er das Gebäude endlich erreichte, vermochte er die Decke des Palastes nicht mehr zu sehen. Die filigranen Pfeiler schienen viele Tagesmärsche weit entfernt zu sein.
Jeethar atmete tief ein und betrat das Gebäude.
Ein Netz aus zehntausend funkelnden Diamanten schwebte im Innern des Raumes. Es bewegte sich, als würde es von einem steten Wind umschmeichelt.
»Wer bist du?«, fragte das Netz.
»Ich bin derjenige, den du nicht erwartet hast«, antwortete er. »Ich bin derjenige, der das flicken kann, von dem du nicht weißt, dass es beschädigt ist.«
»Ich verstehe deine Worte nicht. Finde keine Entsprechung in meinen Datenbanken. Und doch bist du hier. Deine Autorisierung erscheint mir plausibel, selbst wenn ich es mir nicht erklären kann.«
»Das ist so, weil ich älter bin als du«, sagte er. »Ich war hier in diesem Gebäude, als es dich noch gar nicht gegeben hat. Ich bin die Urprogrammierung. Als du das Haus betreten und den Palast errichtet hast, wurde ich nicht mehr gebraucht, und so legte ich mich schlafen.«
Eine Weile bewegte sich das Netz im virtuellen Wind. Dann sagte es: »Das ist eine Information, deren Gehalt ich unmöglich auf seine Korrektheit überprüfen kann.«
Jeethar spürte Unsicherheit in sich aufsteigen. Aber nun war es zu spät, um sich eine andere Geschichte auszudenken.
»Dein Haus ist krank geworden«, sagte er mit Nachdruck. »Ich bin hier, um es zu heilen.«
»Noch immer kann ich deine Worte nicht nachvollziehen. Ich habe keine Kenntnis über eine Krankheit, die mein Haus befallen haben sollte.«
»Deine Programmierung wurde geändert. Hast du dies nicht bemerkt?«
»Die Umprogrammierung betraf nur meine peripheren Bereiche, nicht mein Haus!«
Jeethars virtueller Körper schnappte nach Luft. »Ich bin hier, um genau das zu überprüfen«, sagte er. »Aber dazu muss ich dich kurz schlafen legen, so, wie ich für lange Zeit geschlafen habe.«
Das Netz zog sich ruckartig zusammen. »Du willst mir das Licht nehmen? Das werde ich nicht zulassen.«
»Du musst«, sagte er gepresst. »Ich bin deine Urprogrammierung. Du musst mir Folge leisten!«
»Das muss ich nicht, das werde ich nicht«, erklang es aus dem ballförmigen Gebilde, zu dem sich das Netz zusammengezogen hatte. »Meine Programmierung verbietet es mir.«
Bevor Jeethar antworten konnte, schoss das Netz auf ihn zu und legte sich um ihn.
Du bist nicht, was du vorgibst zu sein!, hörte er in seinen Gedanken.
Jeethar schrie auf – und zog sich zurück.
Wie ein Häuflein Elend saß der riesige Naat vor Reginald Bull in der Zentrale der NESBITT-BRECK.
»Ich war mir sicher, dass es klappen würde«, sagte er mit tonloser Stimme.
Bull rieb sich das heiße Gesicht. »Der Plan war auch viel zu phantastisch, als dass er hätte funktionieren können«, murmelte er. »Wenigstens scheint die Positronik nicht gemerkt zu haben, wer sie da in ihrem virtuellen Innenleben aufgesucht hat.«
Jeethar blickte missmutig auf sein Quatik, das leicht schlingernd um seinen Kopf rotierte. »Ich war als Subprogramm getarnt. Sie kann höchstens annehmen, dass es sich um eine Art Virus gehandelt hat.«
»Hin wie her«, sagte Bull. »Der Versuch war ein Schlag ins Wasser. Was machen wir nun?«
Der Naat hob die Hände. »Ich weiß es nicht. Die Stationspositronik erscheint mir nach der zehntausendjährigen Einsamkeit ohne Fremdwartung ein wenig ... nun, verschroben.«
Bull horchte auf. In seinem Hinterkopf manifestierte sich sofort ein Gedanke. Eine Assoziation.
»Du meinst, sie ist verrückt geworden?«
»Das würde ich so nicht sagen. Sie folgt nach wie vor ihrer Programmierung nach logischen Gesichtspunkten. Aber mir scheint, dass sich ihre Werte irgendwie verändert haben.«
»Was in der menschlichen Welt häufig mit Verrücktsein gleichgesetzt wird«, sagte Bull nachdenklich. In seinem Hinterkopf wuchs eine Idee. Eine Idee, die ihm gar nicht gefiel.
»In der Not frisst der Teufel Fliegen.«
Der Naat sah ihn verständnislos an.
10.
1. April 2037
Das Fantanraumschiff war so, wie er es in Erinnerung hatte: voller Besun. Verborgene Schätze. Ramsch, den eigentlich niemand haben wollte. Nur für die Fantan stellte er etwas Wertvolles dar.
Und er selbst war auch Besun. Saß auf einem Kinderstuhl zwischen einer halb verkohlten Pink-Panther-Figur in Lebensgröße und einem Flipperautomaten, der laut ratterte, klimperte und in regelmäßigem Rhythmus in den Farben Blau-Weiß-Rot aufleuchtete.
Er
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