PR NEO 0042 – Welt aus Seide
riss.
Die Mitte der Zentrale wurde von einem großen, blütenförmigen Terminal eingenommen. Im äußeren Ring der Blütenblätter saß das Personal vor seinen Instrumenten. Die kleinen Hologramme, die über ihren Arbeitsplätzen schwebten und ein verschlungenes, kreisförmiges Muster um das Zentrum bildeten, zeigten Aufnahmen von Überwachungskameras, Bewegungsmuster verdächtiger Individuen und die Position der Einsatzkräfte.
Die Männer und Frauen, die diese Hologramme im Blick behielten, waren Arkoniden – der zivile Stab, der dem Fürsorger unterstellt war und den Betrieb im Turm am Laufen hielt. Die meisten hatten nicht einmal auf ihn reagiert, als er die Zentrale betrat. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Großeinsatz für sie nur einen lästigen Ersatz darstellte, bis sie sich nach Feierabend wieder in ihre Quartiere zurückziehen und ihren Fiktivspielen oder erotischen Simulationen widmen konnten.
Über der Mitte des Terminals leuchtete ein großes, fast zwei Meter durchmessendes Holo, das in hoher Detailgenauigkeit das Kuppeldach des Panoptikums der prophezeiten Zeit zeigte. Es hatte nicht lange gedauert, die gesuchten Passagiere in der Stadt ausfindig zu machen, die sie mit der Arglosigkeit interstellarer Touristen durchstreiften. Unter anderen Umständen hätte Quetain Oktor einfach darauf vertraut, dass sie seiner Einladung folgten – doch angesichts des Drucks, den Sergh da Teffron nun auf ihn ausübte, hatte er es für klüger gehalten, das Protokoll etwas zu beschleunigen und die Höflichkeiten zu überspringen. Er brannte darauf, diese ungewöhnliche Gruppe von Fremden kennenzulernen und mehr über den älteren Arkoniden zu erfahren, der sie anscheinend anführte – insbesondere das, was er um den Hals trug.
»Wo steckt er?«, fragte Quetain Oktor. »Ich kann ihn nicht sehen.«
»Er scheint sich von der Gruppe getrennt zu haben«, bestätigte Kaprisi, die geschmeidig von Holo zu Holo glitt. »Keine der Kameras auf dem Dach zeigt eine Spur von ihm. Der andere Arkonide ist aber noch dabei.«
Oktor ließ den Blick über die Fremden in ihrer Deckung schweifen. Das war ärgerlich – aber kein Grund, den Plan zu ändern. Schließlich hatten auch die Scans des jüngeren, langhaarigen Arkoniden einige Ungereimtheiten aufgezeigt, und es war anzunehmen, dass die übrigen Oktor ebenfalls Auskunft über ihren Anführer geben konnten.
Die Hauptsache war, sie saßen in der Falle. Oktor hatte Sicherheitskräfte auf den umliegenden Dächern und den Freiwegen positioniert, die sie miteinander verbanden. Auch das Untergeschoss des Panoptikums war mittlerweile unter ihrer Kontrolle. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Fremden die Ausweglosigkeit ihrer Lage erkannten: Sie waren unbewaffnet und umzingelt. Vielleicht waren sie ja vernünftig und würden sich abführen lassen. Zur Not würde er das ganze Dach mit Paralysestrahlen bestreichen lassen.
»Gruppe A vorrücken!«, sagte er, und Kaprisi gab den Befehl leise weiter. Wenn sich die Männer und Frauen der Zentrale daran störten, dass der Fürsorger über seine positronische Adjutantin mit ihnen kommunizierte, so zeigten sie es nicht. Sie akzeptierten Kaprisis Befehle wie seine eigenen.
Gruppe A näherte sich einem Wegknoten, einem kritischen Kreuzungspunkt mehrerer Freiwege. Die meisten Trebolaner, die auf den Dächern unterwegs waren, hatten den Ernst der Lage bereits erkannt und suchten hastig ihr Heil in der Flucht. Sie taumelten die Sturzwege hinab oder kletterten in Windeseile die Fassaden empor. Einige besonders Verzweifelte seilten sich direkt zum Boden ab, obwohl ein solches Verhalten an den meisten öffentlichen Plätzen von einem Tabu belegt war, dessen genaue Natur Quetain Oktor nie verstanden hatte. Der Fürsorger lächelte still. Es war seltsam befriedigend, die Arachnoiden endlich nach seinen eigenen Regeln spielen zu sehen.
»Gruppe A erreicht den Wegknoten«, meldete Kaprisi mit Blick auf eines der kleineren Holos. Das große Bild über der Mitte des Terminals war nach wie vor auf die Fremden gerichtet.
»Was machen sie da ...?«, flüsterte Oktor und kniff die Augen zusammen. »Noch näher heran ...«
Da füllten sich zwei der kleinen Holos plötzlich mit Licht, und aus den zugeschalteten Akustikfeldern entlud sich das scharfe Fauchen von Flammen und Wind.
Oktor zoomte schnell wieder zurück, bis er die ganze Dächerlandschaft im Blick hatte, und erstarrte. Der Freiweg, über den Gruppe A vorgerückt war,
Weitere Kostenlose Bücher