PR NEO 0044 – Countdown für Siron
unterbrochene Stimme begann ihre Litanei von vorn. Ril-Omh-Er reduzierte die Lautstärke und rieb die Kieferzangen aneinander.
»Und nun?«, fragte Belinkhar. »Können wir es riskieren, die Aufforderung einfach zu ignorieren?«
»Auf keinen Fall.« Rhodan schüttelte den Kopf. »Wir wissen nicht, welche Mittel dem Schiff noch zur Verfügung stehen. Offenbar haben wir es hier mit einer Positronik zu tun. Von der Besatzung des Kreuzers kann niemand mehr am Leben sein. Positroniken folgen einer Programmierung ...« Er machte eine kurze Pause. »Atlan, Sie stammen aus der Zeit, in der die AR'KELESS in Dienst gestellt wurde. Können Sie nicht mit dem Bordrechner sprechen?«
»Ich kann es versuchen.«
»Halten Sie das wirklich für eine gute Idee, Perry?«, fragte Crest.
»Was bleibt uns sonst übrig?«, antwortete Rhodan mit einer Gegenfrage. »Wir müssen in dieses verdammte Depot. Und wir haben nur noch eine Minute Zeit!«
»Die Kontaktaufnahme erfolgte über Normalfunk«, informierte Ril-Omh-Er. »Sagen Sie mir, wenn Sie bereit sind, Atlan. Ich schalte eine Verbindung.«
Normalfunk, dachte Rhodan. Natürlich. Der Hyperfunk muss defekt sein. Andernfalls hätte die Kreuzerpositronik längst Hilfe herbeigerufen.
»Ich bin so weit«, sagte Atlan.
Ril-Omh-Er wischte mit einem Spinnenglied über ein Sensorfeld seines Steuerpults und trat einen Schritt zurück.
»Atlan da Gonozal, Kommandierender Admiral der imperialen Streitkräfte, Dienstnummer drei-zwei-vier-eins-eins-sieben-viertausend, an AR'KELESS! Ich befinde mich in einer Notlage und benötige dringend Unterstützung. Erbitte Bestätigung und Lagebericht!«
Mehrere Sekunden verstrichen – für eine Positronik eine Ewigkeit.
»Hier AR'KELESS!«, kam es dann knisternd aus den Lautsprechern. »Identifikation ungenügend! Ich wiederhole: Identifikation ungenügend! Erfolgt nicht innerhalb der nächsten dreißig Sekunden eine zweifelsfreie Identifikation, muss ich euer Verhalten als feindselig einstufen und ...«
»Wir verschwinden!«, rief Rhodan. »Ril-Omh-Er! Bringen Sie uns so schnell wie möglich weg von hier!«
Ein kaum merkliches Zittern durchlief die HIS-KEM-IR, als das Netzschiff Fahrt aufnahm. Schweigend beobachtete Rhodan, wie die gelbbraune Kugel Sirons auf dem Hauptschirm schnell kleiner wurde. Er spürte, dass jemand neben ihn trat.
Crest sah ihn nicht an. »Und was tun wir jetzt?«
»Das, was wir immer tun«, antwortete Rhodan. »Wir suchen nach einem anderen Weg.«
6.
»Gibt es Neuigkeiten über Quetain Oktor?«
Die diensthabenden Offiziere in der Zentrale zuckten beim Klang von Stiqs Bahroffs Stimme zusammen. Der Halbarkonide hatte das in mattem Dämmerlicht liegende Oval ohne Vorankündigung betreten.
Auf dem Panoramaschirm, der die gesamte Vorderfront des in der Länge fast fünfzig Meter messenden Raums einnahm und ein maßstabsgetreues Abbild des Artekh-Systems projizierte, herrschte ein scheinbar ungeordnetes Durcheinander. Der Weltraum um Artekh 17 barst geradezu vor Aktivität. Verschiedenfarbige Symbole zeigten die Positionen einzelner Schiffe an. Tabellen und Grafiken gaben Auskunft über Kursvektoren, Truppenstärken und Beladungen. Anweisungen, Nachrichten und Klarmeldungen wurden über Funk hinausgeschickt und empfangen. Und über alldem lag das unablässige Flüstern und Murmeln der Anwesenden, rund einhundert hoch qualifizierte Männer und Frauen, sorgfältig ausgewählte Spezialisten, die im Schichtbetrieb dafür sorgten, dass die imperiale Kriegsmaschinerie reibungslos funktionierte.
Darek da Okawar, ein altgedienter Raumsoldat mit Wurzeln im arkonidischen Hochadel, wandte sich dem Ankömmling zu und verneigte sich kaum merklich. Stiqs Bahroff sah darüber hinweg. Wie so vielen Angehörigen der sogenannten Oberschicht, fiel es auch da Okawar schwer, den Niedergang der Aristokratie zu akzeptieren. Seit der Machtübernahme des Regenten war der Einfluss des Adels kontinuierlich gesunken. Eine Generation tatkräftiger und wagemutiger Arkoniden hatte das Kommando übernommen und sich darangemacht, das Große Imperium neu zu definieren.
Darek da Okawar gehörte einer aussterbenden Art an und wusste das womöglich auch. Er, der einst in den Randsektoren des Imperiums gegen nach Autarkie strebende Kolonisten und politische Wirrköpfe gekämpft hatte, musste nun Befehle von Stiqs Bahroff entgegennehmen, einem Halbblut, dem Produkt der eigentlich undenkbaren Verbindung zwischen einer Arkonidin und einem Targeloner.
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