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PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

Titel: PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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vor mir am Boden stecken Scherben. Sie glaubte, ihr Schutzanzug und der Helm würden sie schützen. Ausgerechnet ein Helm mit einem Visier aus Hochsicherheits glas.
    Ich wollte nicht hierher, aber das Schicksal hat es wohl so für mich vorgesehen.
    Ich bin nicht allein, wie ich es immer dachte.
    Ich bin eine Mutantin, eine von vielen, und deshalb musste ich an diesen Ort kommen, zu dem großen Grab, das sich Lakeside-Institut nennt.
    Mein Name bedeutet Liebe, so schön wie eine Orchidee. Die Blütenblätter haben sich entfaltet, endgültig, doch sie bringen keine Liebe, sondern Dunkelheit.
    Ich bin Ailin, einer der Engel des Todes.
     
     
    3.
    Niemand wie ich
    Java, 12. Mai 2037, 11.12 Uhr Ortszeit
     
    Ras Tschubais Kleidung ging in Fetzen. Der Teleporter sah Blut unter, auf und über den Scherben, und die Zeit schien endgültig stehen zu bleiben.
    In Gedanken sah er alles klar: Wie seltsam, dass er diese Dinge sah und dass sie noch intensiver aufblitzten als der Schmerz.
    Vielleicht, dachte er, kapituliert mein Körper.
    Vielleicht, weil ich jetzt sterbe.
    Die Überlegung kam mit nüchterner Klarheit, und noch ehe er sie zu Ende dachte, befand er sich an einem anderen Ort. Er lag irgendwo im Freien, auf einer Wiese, mit dem Rücken gegen eine Mauer aus rauen, alten Steinen gelehnt. Es stank leicht faulig. Eine Spinne krabbelte zwischen seinen Fingern davon. Das Gras war dürr und bräunlich, und es wuchsen ein paar Büsche rundum. Ras Tschubai hörte den Lärm der Stadt überall; dies war wohl ein kleiner, ungepflegter Park mitten in Jakarta.
    Aber er konnte doch nicht teleportieren. Er hatte es versucht, vergeblich. Es war einfach nicht gelungen. Trotzdem war er hier. Trotzdem zerfetzten ihn die Scherben nicht.
    Olf Stagge kniete neben ihm, die Augen weit aufgerissen, den zitternden Arm ausgestreckt. Er stützte sich an der Mauer ab, sein Atem ging schwer. »Vorsicht«, sagte er, näherte die zweite Hand Tschubais Hals, und im nächsten Moment hielt er einen Glassplitter zwischen den Fingern. »Ich ... ich weiß nicht, warum gerade dieser mitgekommen ist. Sonst sind alle Scherben zurückgeblieben.« Olfs Stimme klang matt und tonlos.
    Diese Frage interessierte Ras Tschubai am wenigsten. Weitaus höher in der Prioritätenliste standen zwei andere. Wie waren sie an diesen Ort gekommen? Und ungleich wichtiger: Weshalb lebten sie noch?
    Er spürte brennenden Schmerz an einem Dutzend Stellen, schaute an sich hinab. Eine Menge kleine Wunden, Kratzer fast ... Die Versetzung war offenbar nicht nur in der letzten Sekunde, sondern buchstäblich im allerletzten Sekunden bruchteil erfolgt. Ein übler Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, als er sich vorstellte, wie er dort im Innenhof gestorben wäre; zerschnitten, zerfetzt, vielleicht zerstückelt.
    »Ich habe uns nicht aus dieser Hölle weggebracht«, sagte Tschubai leise. »Ich bin nicht gesprungen.« Er setzte sich auf. Die Mauer fühlte sich erstaunlich kühl an; sie lag im Schatten eines Hochhauses, in dessen Fassade viele Fensterscheiben das Sonnenlicht rot spiegelten.
    »Richtig«, erwiderte Stagge. »Ich war es.«
    »Du? Wie soll das möglich sein, wenn du ...«
    »Ja! Ich kann nicht allein teleportieren. Ich brauche einen echten Teleporter, der mich mitnimmt. Es ist unmöglich. Schon klar.« Der Norweger versuchte ein Grinsen, doch er scheiterte kläglich. »Glaub mir, ich vermag es mir ebenso wenig zu erklären wie du. Ich weiß nur, dass ich es getan habe. Ich bin aus eigener Kraft gesprungen!« Er lachte, aber es lag kein Funken Humor darin, sondern klang vor allem unsicher. Stagges Gesicht spiegelte eine Vielzahl einander widersprechender Emotionen wider.
    »Zum Glück. Ich kann dir deswegen jedenfalls keinen Vorwurf machen.« Tschubai streckte eine zitternde Hand aus, sein Einsatzpartner schlug ein. Eine kleine Wunde am Handrücken zog sich vom Daumenansatz bis zum Handgelenk.
    »Wir müssen zurück«, sagte Stagge. »Zu Ailin.«
    »Sie ist längst tot. Und wahrscheinlich rückt in den nächsten Minuten ein Polizeiaufgebot an. Wir mögen ja nicht gerade im besten Stadtviertel sein, aber es ist auch keine gesetzlose Zone. Wenn wir dorthin gehen, setzen wir uns nur unnötiger ...«
    »Nein«, unterbrach der Norweger. »Ailin ist nicht tot.«
    »Sie kann dem Scherbenhagel unmöglich entkommen sein! Es gab nur ...« Tschubai brach ab; in diesen Zeiten war es besser, jedes Unmöglich aus der eigenen Vorstellungswelt und am besten gleich aus dem Wortschatz zu

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