PR NEO 0048 – Der Glanz des Imperiums
Aber seht zu, dass ihr die Dinger beim Schwenken nicht loslasst und sie dadurch den Ablauf der Zeremonie stören. Sergh da Teffron hat schon Untertanen für geringere Vergehen in die Verbannung geschickt, und mit der obersten Zeremonienmeisterin ist genauso wenig zu spaßen.«
»Danke!«, sagte Rhodan.
»Keine Ursache. Ach ...« Kestor wandte sich ab, drehte sich dann aber wieder zu ihnen um. »Soll ich sie euch zuschneiden? Drüben werdet ihr kein Schneidegerät finden. Wir konfiszieren gnadenlos.« Er zog ein Gerät aus der Beintasche, das wie ein Stab aussah und sich auf Sensordruck verwandelte. Der Kunststoff fuhr nach unten. Eine vibrierende Klinge stach vor Rhodans Gesicht in die Luft.
»Nun, das ...« Rhodan las im Gesicht Kestors. Das Misstrauen des Soldaten erwachte mit Rhodans Zögern. Er musste das Angebot annehmen, wenn er sich nicht verraten wollte. »Das ist sehr liebenswürdig.«
»Schön. Haltet mal.« Kestor drückte Atlan und Goratschin je ein Ende der Tarnseide in die Hände. »Na, spannen«, sagte er ungeduldig, als die beiden Männer keinerlei Anstalten machten, sich voneinander zu entfernen.
Ishy Matsu stieß Goratschin in die Rippen, während Atlan von sich aus losging.
Der Soldat trennte die Tarnseide in drei lange Streifen. Der Anblick tat Rhodan in der Seele weh, aber zumindest blieb der Stoff in ihrem Besitz. »Nochmals vielen Dank.«
»Keine Ursache. Viel Spaß beim Huldigen. Und immer schön an die Etikette halten.«
9.
Geister und Pläne
Ishy Matsu
Der Transporter setzte auf der Hauptinsel auf. Matsus Herz schlug schnell, angefeuert von Adrenalin. Obwohl Matsu bereits zwei Planeten besucht hatte – mehr, als jeder Durchschnittsmensch von sich behaupten durfte –, fühlte sie sich aufgeregt wie auf einer Bühne. Artekh 17 gehörte zu Arkon. Die Welt war ganz und gar Teil des Imperiums. Matsu hatte noch kein gesenktes Kinn gesehen. Die Mehandor, Arkoniden und Halbarkoniden prägte ein ausgesuchter Stolz, ganz gleich ob sie nun Soldaten oder von Hela Ariela umgeleitete Besucher waren.
Bedächtig stieg Matsu neben Iwan ins Freie. Der kalte Wind der Insel empfing sie mit einem Fauchen. Sie achtete sorgsam darauf, mit niemandem zusammenzustoßen. Der Landeplatz hatte Ähnlichkeiten mit Tokio, was die Enge und das hohe Aufkommen von Reisenden betraf.
Auch die Insel erinnerte Matsu trotz der Fremde an die Heimat. Ihre Eltern hatten viel Wert darauf gelegt, dass Matsu sich schon in jungen Jahren kulturell gebildet hatte. Einmal hatten sie Matsu mit nach Hashima genommen – einst einer der dicht besiedeltsten Flecken der Welt. Die Arbeiter hatten in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Insel fluchtartig verlassen, nachdem der Betrieb die Kohleförderung eingestellt hatte. Mitsubishi hatte die Schließung des Werks angeordnet. Die moderne Industrie setzte auf Erdöl, und nur den ersten Mitarbeitern, die sich auf dem Festland meldeten, hatte ein neuer Job zur Verfügung gestanden.
Matsu sah sich in einem der verlassenen Mietshäuser stehen, die zum Museum geworden waren. Ein geblümter Teller mit zerfallenen, staubbedeckten Essensresten lag noch genauso da wie vor knapp sechzig Jahren.
Es hatte Matsu damals gegruselt. Sie hatte jede Sekunde erwartet, ein Geist würde an dem niedrigen Tischchen auf dem Sitzkissen Platz nehmen, nach den Stäbchen greifen und die so abrupt beendete Mahlzeit fortsetzen. Ihre Eltern waren bereits weitergegangen, während Matsu sich vorsichtig über das Geschirr gebückt hatte. Für einen Lidschlag hatte eine weiße Gestalt neben ihr gestanden: durchsichtig, mit einem Grubenhelm, in Bergbauklamotten gehüllt.
Obwohl Matsu wusste, dass ihr die kindliche Phantasie damals einen Streich gespielt hatte, überlief sie ein Schauer, dass sie die Schultern hochzog.
Sie folgte Rhodan und Atlan eine schmale Straßenschlucht entlang. Weil es keinerlei Bürgersteig gab, ging sie auf einer überdachten Trasse, ein gutes Stück oberhalb der Fahrbahn. Gleiter rollten wie Autos unter ihr vorbei. Andere schwebten in der Luft über ihr. Die Motoren sirrten erstaunlich leise. Während bei dem Besuch in Hashima die Leere einer Phantomstadt geherrscht hatte, quoll auf Ghewanal das Leben über. Matsu hielt sich dicht an Iwan, um nicht mit anderen Besuchern zusammenzustoßen.
Es ist so vieles anders als in Hashima, dachte Matsu. Nicht nur die Größe.
Auch Ghewanal war mit einem Schutzwall gegen die Gezeiten versehen. Die hohe Mauer war irrwitzig dünn und
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