PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
so verpfuscht, wie wir es kennen. (In der 20. Reise gerät Tichy übrigens in eine Zeitschleife, die er nur zu verlassen vermag, weil er andere unliebsame Kollegen in die Vergangenheit verbannt - wo sie dann als Hiob, Homer, Plato, Aristoteles, Hieronymus Bosch, Leonardo da Vinci, Spinoza und so weiter ihre Spielchen treiben.)
Science und Fiction
Ein bewährtes Prinzip der Physik lautet, dass alles, was nicht durch die Naturgesetze ausdrücklich verboten wird, auch existieren könnte. Außerdem beweist die Geschichte, dass zahlreiche bizarre Phänomene, die Physiker am Schreibtisch ersonnen haben - nur auf Grundlage der bekannten Naturgesetze - später tatsächlich entdeckt wurden: zum Beispiel Antimaterie und Supraleitung, Radiostrahlung und Gravitationswellen, Neutronensterne und Schwarze Löcher sowie Neutrinos und andere exotische Elementarteilchen.
Und selbst wenn man beweisen könnte, dass geschlossene zeitartige Kurven nicht existierten, hätte man etwas Wesentliches über die fundamentalen Theorien und Naturgesetze gelernt. Deshalb schrecken auch angesehene Wissenschaftler nicht mehr davor zurück, sich mit diesem spekulativen Thema ernsthaft zu beschäftigen. »Es ist legitim, mit einer Theorie an ihre Grenzen zu gehen, um ihre Implikationen besser zu verstehen«, sagt Peter Aichelburg, Spezialist für Relativitätstheorie und Physik-Professor an der Universität Wien. Graham M. Shore, Physik-Professor an der Uni-versity of Wales im britischen Swansea, sieht es ähnlich: »Neue Einsichten in fundamentale Theorien werden oft dadurch erzielt, dass man ihr Verhalten in extremen, beinahe paradoxen Bereichen studiert. Ein Teil der andauernden Faszination von Zeitmaschinen besteht darin, dass sie uns mit grundlegenden Fragen und Annahmen über die Raumzeit konfrontiert, wie sie von den klassischen und Quantentheorien der Schwerkraft beschrieben wird.«
Die Science-Fiction-Literatur hat hier eine nicht zu unterschätzende Motivationskraft. Viele bedeutende Physiker wie Stephen Hawking sind begeisterte SF-Leser. Gerald Feinberg von der Columbia University in New York - der sich unter anderem mit hypothetischen überlichtschnellen Teilchen beschäftigte, den von ihm so genannten Tachyonen, übrigens inspiriert von James Blishs SF-Kurzgeschichte Beep (1954) - hatte in seiner Jugend auf der Bronx High School mit zwei anderen Schülern sogar ein SF-Fanzine herausgegeben (ETAOIN SHRDLU, benannt nach der Reihenfolge der im Englischen am häufigsten verwendeten Buchstaben). Die beiden Mitschüler waren Sheldon Glashow und Steven Weinberg, die später gemeinsam den Nobelpreis für Physik gewannen. Und Gregory Benford, PhysikProfessor an der University of California in Irvine, hat sich sogar zu einem der angesehensten SF-Schriftsteller der Gegenwart gemausert, obwohl oder gerade weil er die >echte< Physik durchaus ernst nimmt - selbst wenn er, wie in seinem Roman Cosm (1998), den inzwischen tatsächlich in Betrieb genommenen Teilchenbeschleuniger RHIC in Brookhaven, New York, schon mal ein ganzes Universum erzeugen lässt, dessen rasante Entwicklung man auch noch durch ein Wurmloch betrachten kann.
SF-ldeen wie das Nachdenken über Zeitreisen »bringen uns dazu, die extremen Grenzen der Physik auszuloten und die Reichweite der Naturgesetze zu erkunden«, sagt John Richard Gott III, der als Astrophysik-Professor an der Princeton University in New Jersey so manche kühnen Ideen entwickelt hat, die SF-Autoren neidisch machen könnten - zum Beispiel kosmische Zeitmaschinen, Tachyonen-Universen und eine Zeitschleife als Urknall-Modell. Lawrence Krauss, Physik-Professor an der Case Western University in Cleveland, Ohio und Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Bücher wie Die Physik von Star Trek, sieht es ähnlich: »In unserem Universum herrscht ein Grundsatz, den ich meinen Studenten oft so beschreibe: Was nicht ausdrücklich verboten ist, kommt garantiert vor.« Oder mit den Worten des Androiden Data in der Star Trek-Serie: »Was geschehen kann, wird auch geschehen.«
Physik hat sehr viel mit Phantasie und kühnen Ideen zu tun. Dies bedeutet jedoch nicht, dass technisches Wortgeklingel oder waghalsige Einfälle an sich schon Wissenschaft wären. Aber wenn man auf Grundlage der besten Theorien aller Zeiten spekuliert - insbesondere der Relativitäts- und Quantentheorie, die dem >gesunden Menschenverstand< nicht selten selbst schon als Science Fiction erscheinen -, kann man sehr wohl etwas über die Reichweite und
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