PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
Grenzen der Naturgesetze lernen. »Die Wunder der Allgemeinen Relativitätstheorie erlauben es, dass alle möglichen unglaublichen Dinge im Prinzip existieren können, vom Warp-Antrieb bis zur Zeitreise«, ist Lawrence Krauss überzeugt. »Das allein berechtigt schon, darüber nachzudenken, und ich verbringe einen Teil meiner Forschungszeit mit Versuchen, in dieser Hinsicht ein Stück weiterzukommen.«
Flug in die Zukunft Zumindest in einem Punkt besteht Einigkeit unter den
Physikern: Reisen in die Zukunft sind möglich. Das folgt unmittelbar aus Albert Einsteins Relativitätstheorie, die Grundlage oder Ausgangspunkt aller heutigen physikalischen Forschungsarbeiten zum Thema Zeitreisen ist.
Je schneller sich ein Körper bewegt oder je stärker das Gravitationsfeld ist, in dem er sich befindet, umso langsamer vergeht seine Zeit relativ zu Uhren, die in Ruhe oder in der Schwerelosigkeit sind. Dieser Effekt wird Zeitdilatation oder Zeitdehnung genannt. Für Licht oder
- von außen betrachtet - für Objekte am Rand eines Schwarzen Lochs vergeht überhaupt keine Zeit. Wollte man beispielsweise 1.000 Jahre in die Zukunft reisen, müsste man mit dem erträglichen Beschleunigungsund Bremsandruck von 1 g (entspricht der Erdschwerkraft) >nur< mit bis zu 99,9992 Prozent der Lichtgeschwindigkeit (300.000 Kilometer pro Sekunde) zu einem 500 Lichtjahre entfernten Stern und wieder zurück fliegen - aufgrund der Zeitdilatation wäre man selbst nur knapp 25 Jahre gealtert, während auf der Erde 1.000 Jahre vergangen wären. Diese Zeitdilatation wurde in SF-Geschichten häufig durchgespielt. So beschreibt beispielsweise Larry Niven in Wie die Zeit vergeht (A World Out of Time, 1976) eine Reise in die Zukunft mit Hilfe der gravitativen Zeitdehnung am Ereignishorizont eines supermasserei-chen Schwarzen Lochs.
Nicht ganz so extreme Reisen haben Menschen schon heute unternommen: »Sergei Vasiliyevich Avdeyev ist bislang unser weitester Zeitreisender«, sagt John Richard Gott III. Der russische Kosmonaut war während seiner drei Aufenthalte auf der Raumstation Mir 747 Tage, 14 Stunden und 22 Minuten im Orbit. Mirs Höhe und Umlaufgeschwindigkeit führten dazu, dass Avdeyev relativ zu seiner auf der Erde gebliebenen Frau um das 50stel einer Sekunde weniger gealtert ist.
Jim Al-Khalili, Professor für Theoretische Physik an der Universität von Surrey im britischen Guildford, betont augenzwinkernd den Nutzwert der Zeitdilatation: »Vergessen Sie Oil of Olaz - springen Sie einfach auf eine schnelle Rakete auf und segeln Sie eine Zeit lang im Sonnensystem herum, und Ihre Freunde werden verblüfft sein, wie jung Sie geblieben sind!«
Zeitdehnung und Zwillingsparadoxon
Ein wagemutiger Raumfahrer der Zukunft braucht also die Lichtgeschwindigkeit nicht zu überschreiten, um andere Sterne zu erreichen. Gemäß der Relativitätstheorie könnte er sogar innerhalb weniger Jahre zu fernen Galaxien fliegen, wenn er nur nahe genug an die Lichtgeschwindigkeit herankäme. Seine Eigenzeit wäre dann relativ zu einem hypothetischen Zwillingsbruder, der auf der Erde zurückgeblieben ist, extrem verlangsamt. (Ein masseloses Wesen könnte auf einem Photon sogar das ganze Universum in einem Augenblick durcheilen, weil für dieses gar keine Zeit vergeht.) Dieses berühmte Zwillingsparadoxon ist nicht selbstwidersprüchlich, sondern seit 1938 vielfach experimentell bestätigt. Elementarteilchen, zum Beispiel Myonen, die in Ruhe mit einer bestimmten Halbwertszeit zerfallen, existieren länger, wenn sie sich im Teilchenbeschleuniger mit Beinahe-Lichtgeschwindigkeit bewegen. Sie prasseln auch auf die Erdoberfläche, nachdem sie aus Kollisionen hochenergetischer Partikel der kosmischen Strahlung in den obersten Atmosphärenschichten erzeugt worden sind: Obwohl der Weg zum Boden für die kurze Lebensdauer der Myonen eigentlich viel zu lang ist, erreichen sie ihn nachweislich. Denn sie sind so schnell, dass ihre Zerfallsrate in unserem Bezugssystem verlangsamt ist (beziehungsweise die Wegstrecke von ihnen aus gesehen verkürzt ist), genau
wie Einsteins Gesetze es vorhersagen.
Und Ende 2003 haben Gerald Gwinner, Guido Saathoff und ihre Kollegen am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und an der Universität Mainz Einsteins Voraussage der Zeitdilatation sogar - Rekord! -mit einer Präzision von mehr als 1 zu 22 Millionen bestätigt. Dies gelang mit Hilfe von Lithium-7-Ionen, die als schnell bewegte >Uhren< dienten, indem die Periodendauer einer sehr
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