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PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

Titel: PR Odyssee 06 - Die Lebensboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Physik. Ein Teil des Problems ist ihr Zahlenwert. Der Quantentheorie zufolge ist selbst das Vakuum nicht leer, sondern ein brodelndes Gebräu aus virtuellen Partikeln, die gemäß der Heisenberg'schen Unschärferelation kurzfristig entstehen und sofort wieder vergehen. Diese Vakuumenergie lässt sich nicht anfassen, macht sich jedoch physikalisch durchaus bemerkbar (Casimir-Effekt).
    Deshalb schreibt die Quantentheorie und das glänzend bestätigte Standardmodell der Materie dem Vakuum eine Energiedichte zu. Doch die Voraussage ist, dass dieser Anteil der Vakuumenergie um das 10 120 fache - eine Eins gefolgt von 120 Nullen! - größer sein müsste als beobachtet. »Das ist der gewaltigste Unterschied zwischen Vorhersage und Messung in der gesamten Geschichte der Physik«, bemerkt Weinberg lakonisch. (Selbst im Rahmen der spekulativen Supergravitations-Theorien und einem Ende der Extrapolation zu höchsten Energie-Skalen liegt die vorausgesagte Kosmologische Konstante noch immer 55 Größenordnungen, also um das 10 55 fache, über dem beobachteten Wert.) Dass die Vakuumenergie nicht so hoch sein kann, ist freilich jedem Experten seit langem klar: Wäre sie es, könnten wir nämlich weder geradeaus gehen noch ein Buch lesen - die uns vertraute Alltagswelt wäre physikalisch unmöglich. »Strecken Sie Ihre Hand aus und schauen Sie auf Ihre Finger. Wenn Lambda so groß wäre, wie die Quantentheorie naiverweise nahe legt, würde sich der Raum zwischen Ihren Augen und Ihrer Hand so rasch ausdehnen, dass das Licht, das Ihre Hand reflektiert, niemals Ihre Augen erreichen könnte«, macht Krauss das Dilemma deutlich.
    »Für viele Physiker ist die Kosmologische Konstante das letzte Rückzugsgebiet für Halunken«, karikiert Alexei V. Filippenko, Astronom an der University of California in Berkeley. Doch möglicherweise wird die Quantenvakuum-Energie von einer anderen Größe fast vollständig ausgeglichen, sodass der geringe Überschuss uns heute als eine effektive Kosmologische Konstante erscheint. Physiker spekulieren, ob eine bislang unentdeckte Symmetrie in den physikalischen Grundgesetzen bewirkt, dass sich die anziehenden und abstoßenden Effekte beinahe aufheben und die Vakuumenergie fast Null ist - und nicht 10 120 Mal größer, wie die Quantentheorie bislang behauptet.
    »Aber wie kommt es zu der Kompensation?« fragt Blome. In einem Übersichtsvortrag an der Sternwarte der Universität Göttingen zu Ehren von Wolfgang Priester, mit dem er seit fast 20 Jahren in der kosmologischen Forschung zusammenarbeitet, diskutierte er 2003 zahlreiche Optionen - mit dem ernüchternden Fazit: »Das Problem der Kosmologischen Konstante ist ungelöst.«
    Die Nancy-Kerrigan-Frage Das erste große Problem der Dunklen Energie - das Zahlenwert-Problem - lautet also: Warum hat sie den Wert, den sie tatsächlich hat? Warum ist er nicht um den Faktor 10 120 größer - oder exakt Null, wie die Forscher früher angenommen hatten? Doch damit nicht genug! Inzwischen sind die Kosmologen noch auf eine andere Schwierigkeit gestoßen, das Zeitpunkt-Problem. Michael Turner nennt es respektlos die >Nancy-Kerrigan-Frage<, weil die amerikanische Eiskunstläuferin, nachdem sie von einer Kontrahentin vor der Winterolympiade 1994 wüst attackiert worden war, »Warum ich? Warum jetzt?« gejammert hatte.
    Warum macht sich die abstoßende Wirkung der Dunklen Energie erst in unserer heutigen Epoche bemerkbar, ungefähr zu der Zeit, als sich die Galaxien zu bilden begannen? In den ersten Milliarden Jahren des Kosmos dagegen bestimmte die baryonische und Dunkle Materie die Dynamik des Universums, wie es ja auch die Supernova 1997ff gezeigt hat.
    »Die Summe der Dichte von Dunkler Energie und Materie bleibt konstant, während das Universum expandiert. Aber das Verhältnis der Dichte von Dunkler Energie und Materie, das heute etwa 2 beträgt, verändert sich rasch«, sagt Robert P.
    Kirshner vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts: »Wenn das Universum doppelt so alt ist wie heute, wird das Verhältnis etwa 10 sein, und es betrug nur ein Zehntel, als das Universum halb so alt war wie heute. Warum leben wir also in einem Moment - und dieser >Moment< meint eine Zeitspanne von 7 Jahrmilliarden in der Vergangenheit bis zu 14 Jahrmilliarden in die Zukunft -, wo die Dichte der Vakuumenergie dieselbe Größenordnung besitzt wie die der Massenenergie?«
    Es ist unklar, ob beide Schwierigkeiten, das Zahlenwert- und das

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