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PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt

PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt

Titel: PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Rings um ihn stachen mehrere Meter hohe Felsnadeln in den grauen Himmel, dazwischen erkannte er flache Gruben, die zwei oder mehrere Menschen aufnehmen konnten. Die Nadeln bestanden aus Pappmaschee, die Kuhlen waren weich und dick gepolstert, der Himmel war auf grobes Tuch gemalt. Mit freiem Auge erkannte er die Striche der Pinselführung. Es roch schwülstig, nach Zimt und Patschuliöl. Käfer und Ameisen krochen durch den Sand, da und dort sah Rhodan Schleifspuren, die auf Schlangen hindeuteten.
    Rhodan meinte, sich in der Dekorationslandschaft eines Holovid-Studios billigster Bauart zu befinden. Es fehlte nur noch, dass hinter dem nächsten Felsbrocken einige Schauspieler hervortraten und einen Trivid-Film aufzeichneten, der die Frühzeit des Solaren Imperiums verherrlichte.
    Die Positronik des Schutzanzugs gab ein Freizeichen. Sie bestätigte dem Aktivatorträger, dass die Luft problemlos atembar und die Lebensbedingungen ähnlich gut wie auf der Erde waren. »Welch ein Wunder«, spöttelte Rhodan, »wenn dem nicht so wäre, wäre unser ungebetener Gast längst gestorben.«
    »Redest du mit mir?«, fragte der kleine Kerl misstrauisch. »Darf ich an deinen Weisheiten teilhaben?«
    »Sei ruhig«, sagte Rhodan bestimmt. »Wir beide unterhalten uns später.«
    Der Mann setzte zu einer Entgegnung an, gehorchte dann aber widerwillig. Er zog sich ein paar Schritte zurück und tastete wie ein Pantomime durch die Luft. Er suchte den verschwundenen Durchgang. Rhodan ließ ihn gewähren. Er benötigte diese Minuten, um sich zu konzentrieren und seine Gedanken zu sortieren.
    Seltsam. In der Ferne kreischten ein paar Vögel. Und ja, der Horizont war »echt«. Wenn sie sich wirklich in einer Halle befanden, war sie riesengroß. Wohin Rhodan auch blickte – er meinte, an den Felsnadeln vorbei mehrere hundert Meter weit sehen zu können.
    Er aktivierte das Flug-Pack. Das Freizeichen kam, doch das Aggregat sprang nicht an. Ebenso wenig wie der Schutzschirm, der Antigrav, der Deflektor oder der Funk. Lediglich die Lebensversorgungssysteme reagierten.
    »Ich könnte auf eine der Nadeln klettern und mich umsehen«, sagte der kleine Mann, als hätte er Rhodans Probleme erkannt und seine Gedanken erraten.
    »Sie bestehen aus Pappmaschee. Sie werden dich nicht tragen.«
    »Ich mache mich leicht, und ich kenne mich mit solchen Dingen aus.«
    Ohne auf Rhodans Okay zu warten, ging der Mann zur nächstbesten Säule, umfasste ihre Basis und kletterte hoch. Geschickt und leichtfüßig wie ein Eichhörnchen. Nach wenigen Augenblicken hatte er den oberen, schmälsten Bereich erklommen. Die Nadel schwankte und drohte gar abzubrechen; doch der Kletterkünstler tarierte jegliche Bewegung geschickt nach links und rechts, vorne und hinten aus.
    »Die Halle erstreckt sich scheinbar ins Endlose!«, rief er herab, »Ich sehe nichts Auffälliges. Bestenfalls ein… ein…«
    »Ja?«
    »Ein weißes Karnickel, das einen seltsamen Hut auf dem Kopf trägt. Halb so groß wie du und ich. Es kommt auf uns zugehoppelt. In zirka fünf Minuten ist es da.«
    »Ein Karnickel also. Wie in Alice im Wunderland.«
    »Wie bitte?«
    »Ein Buch meiner Jugend. Es ist leider weitgehend in Vergessenheit geraten.« Rhodan wollte seinem Begleiter von der Felsnadel herunterhelfen.
    Dieser ignorierte seine ausgestreckten Hände. Er sprang neben Rhodan in den Sand, ließ sich abrollen und kam in einer fließenden Bewegung auf die Beine.
    Konzentrier dich auf die Fakten!, mahnte sich Rhodan. Lass dich nicht ablenken. Was du siehst, ist offenbar bedeutungslos. Wichtig ist, dass du das Ziel im Auge behältst. Das Rote Universum. Hilfe gegen die Terminale Kolonne.
    Jemand bediente sich möglicherweise seiner Gedanken, seiner Erinnerungen. Vielleicht träumte Rhodan, vielleicht machte sich jemand daran, sein Bewusstsein auszuloten und den Unsterblichen aus der Reserve zu locken.
    Einerlei. Bis das Karnickel angehoppelt kam, blieb ihm ein wenig Zeit, um ein paar grundsätzliche Dinge mit seinem… Begleiter zu besprechen.
    »Wie heißt du, mein Freund?«, fragte er.
    »Wiesel.« Der Kleine ignorierte Rhodans ausgestreckte Rechte und steckte die eigenen Hände demonstrativ in die weiten Taschen der abgeschlissenen Hose. »Ich denke nicht, dass wir Freunde sind oder jemals sein könnten.«
    »Soll mir recht sein. Aber wir müssen zumindest ein paar Dinge klarstellen.« Rhodan lächelte. »Wiesel. Ist das ein Künstlername?«
    »Weiß nicht. Hatte niemals einen anderen.«
    Wiesel log.

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