PR Rotes Imperium 02 - Requiem für Druufon
warten. Ich muss wissen, ob der Filiat in seiner derzeitigen Erscheinungsform am Ende doch nur ein besserer Klon ist. Wenn das der Fall sein sollte, sind wir gescheitert. Wenn er aber all das weiß, was wir dem Original-Affen beigebracht haben, wenn außerdem tatsächlich jedes Erlebnis auf seinen Ursprungskörper übergeht - dann haben wir gewonnen!«
»Gewonnen?«, fragte Armana. »Wir kämpfen gegen niemanden, also können wir doch gar nicht gewinnen.«
Diese Närrin! Sollte sie es ruhig glauben. Sollte sie nur weiterhin von ihren Worten überzeugt sein. Velines wusste es besser. Sie kämpften sehr wohl gegen jemanden, oder besser gesagt gegen etwas.
Gegen die Zeit.
Denn Bavo Velines sah sich bereits selbst in einer perfekten, weiterentwickelten Filiationskammer liegen. Ich werde leben, dachte er. Bis in alle Ewigkeit.
Der Filiat setzte sich, und die langen Arme lagen schlaff auf dem Boden. Einige der borstigen Haare vibrierten sanft. Die roten Knopfäugen starrten auf die Tastenkombination des Bedienfeldes in Sichthöhe des Affen.
Jede einzelne Taste leuchtete in einer anderen Farbe. Rot, blau, grün, gelb, schwarz und weiß. Sechs Tasten. Um den Energieschirm abzuschalten, mussten vier davon in der richtigen Reihenfolge gedrückt werden.
Ein Zufall war ausgeschlossen. Entweder der Affe konnte es - wie sein Original -, oder die Kammer hatte keine perfekte Seelenabspaltung geschaffen. In wenigen Sekunden würden sie wissen, ob der Transfer von Wissen und Erinnerungen funktioniert hatte.
Die Gehirnstrommessungen zumindest ergaben nahezu identische Werte mit denen des ursprünglichen Affen. Es gab nur winzige Abweichungen, die Mauro Quinn als völlig normal bezeichnete. Der Genetiker führte sie nicht auf körperlich-strukturelle oder psychische Unterschiede zurück, sondern auf die aktuellen Geschehnisse. Denn obwohl der Filiat diese Problemstellung schon tausend Mal durchlaufen hatte, erlebte er sie doch zum ersten Mal und war damit einem nicht unerheblichen Stressfaktor ausgesetzt. Denn er hatte Hunger und sah das Essen - der Energievorhang verhinderte aber, dass er es erreichen konnte.
Der Filiat hob die Hand und drückte eine Taste. Schon das legte nahe, dass ein Erinnerungstransfer stattgefunden hatte.
Rot.
Das war richtig.
Schwarz.
Perfekt.
Ein kurzes Zögern, dann: Grün.
Mauro griff nach Armanas Hand. »Er weiß es!«
Noch einmal Schwarz.
Der Affe schrie, als eine energetische Entladung in seine empfindlichen Fingerspitzen fuhr. Der ganze Arm zuckte.
»Die falsche Taste.« Bavo wurde auf einmal schwindlig. Er glaubte, sein Herz drehe sich in der Brust. Hatten sie sich so verschätzt? »Es war die falsche Taste!«
Diesen Fehler hatte das Original schon seit Wochen nicht mehr begangen. Es hatte die Kombination zu hundert Prozent perfekt in seinem primitiven Gehirn gespeichert.
»Etwas muss falsch gelaufen sein, ich kann mir dieses Versagen nicht erklären! Wir sind auf einem Niveau angelangt, das keinesfalls...« Armana sprach den Satz nicht zu Ende.
Der Filiat schüttelte den Arm aus, als wolle er die Schmerzen aus seinem Leib schleudern. Genauso hatte es auch das Original stets getan. Dann hob er erneut den Arm und tippte. In rasend schneller Folge.
Rot. Schwarz. Grün. Gelb.
Der Energievorhang löste sich flirrend auf. Der Affe sprang, landete neben der Schale mit frischem Obst und schlang es gierig hinunter.
»Ein vorübergehender Fehler«, sagte Bavo erleichtert. »Nun werden wir sehen, ob das Original etwas von diesem Erlebnis mitbekommen hat.«
Er rief die Daten der Gehirnstrommessungen auf sein Arbeitsterminal.
Zuerst die des Filiaten - der Moment des schmerzhaften Stromschlags war überdeutlich zu erkennen als Ausschüttung von Botenstoffen, die kurzzeitig das gesamte Hirn überfluteten. Nur darauf kam es Bavo momentan an. Wenn diese intensive Empfindung nicht übertragen worden war, musste das Experiment...
»Sieh es dir an!«, rief Mauro Ouinn. »Zeitindex 3-11-77! Das Original hat in tiefstem kryogenischen Schlaf den Schmerz des Filiaten empfunden! Es gibt eine Übertragung, eine permanente Verbindung!«
Ouinn jubilierte, und auch Bavo konnte sich eines Gefühls der Zufriedenheit nicht erwehren. Aber es blieben viele Dinge unklar, es mussten tausend Experimente und Versuchsreihen folgen. Wie verhielt es sich bei steigender Entfernung? Was geschah im Moment des Todes des Filiaten? Würde der Schock dem Original schaden? Und was, wenn kein Tier dupliziert wurde, sondern
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