PR Rotes Imperium 02 - Requiem für Druufon
bekommen. »In die ... in die Kammer?«
»Dort wartet die Antwort auf deine Fragen. Und dort wartet auch deine Mutter. Das hier ...« Bavo wies auf die tote Filiatin. »Sie war nur eine Kopie, verstehst du?«
»Wie sollte mein Junge das verstehen können?« Mauro schrie fast. »Er ist doch nur ein Kind!«
Isaihs Hand löste sich von der Wange der Toten. »Ich verstehe dich, Onkel Bavo. Das habe ich schon die ganze Zeit über gewusst. Ich habe viel über Klone und all so etwas gelesen.«
Sein Vater schlug die Hände vor die Augen. »Du bist... du bist doch erst... zehn Jahre alt.«
»Ich habe gewusst, dass das nicht meine echte Mama ist. Aber trotzdem habe ich sie geliebt.«
Der Junge erstaunte Bavo. Offenbar steckte wesentlich mehr in dem Kleinen, als er bislang gezeigt hatte. Isaih stand zwischen der zweiten und dritten Filiationskammer, drehte den Kopf mal zur einen, mal zur anderen Seite.
»Also sind ... das da meine echten Eltern? Diese schlafenden Puppen in den seltsamen Anzügen?«
»Das sind sie«, sagte der Mauro-Filiat. »Verstehst du jetzt, warum wir es dir nicht gesagt haben?«
Der Junge zögerte keinen Augenblick mit seiner Antwort. »Nein.«
»Wir hatten Angst, du könntest denken, wir ... wir ...«
Isaih schlug mit der Faust gegen die durchsichtige Wand. »Ich will keine Entschuldigungen hören!«, schrie er.
»Wir lieben dich. Deine Mutter genauso wie ich. Dennoch mussten wir es tun. Es ist nicht so, dass wir nicht bei dir wären. Wir bekommen alles mit, was ...« Der Filiat stockte. »Was ich sehe und erlebe, geht auf ihn über.«
»Ich will Mama sehen«, sagte Isaih. »Meine echte Mama. Kein Ding, so wie du es bist.«
Die Mundwinkel des Filiaten zuckten. »Ich bin lebendig. Genau wie dein Vater in der Filiationskammer. Es gibt keinen Unterschied zwischen uns. Ich bin dein Vater, versteh das doch.«
»Onkel Bavo, hol Mama da raus!«
Velines legte die Hand auf die Schulter des Jungen. Dass er dabei den Hals streifte und einige der schwarzen Hautschuppen herabrieselten, störte ihn nicht. »Sie aufzuwecken, wird etwas dauern. Es geht nicht von einer Minute auf die andere. Um einen neuen Filiaten zu erschaffen, müssen wir deine Mutter aber ohnehin aus dem Kälteschlaf holen. Dann kannst du mit ihr reden.«
Quirins Filiat ließ die Schultern hängen. Er wirkte alt und stumpf. Der Tod seiner Filiaten-Frau und die Konfrontation mit seinem Kind schockierten ihn sichtlich. »Das kannst du nicht einfach so entscheiden, Bavo«, sagte er leise.
»Ich nicht, aber dein Sohn sehr wohl. Er hat das Recht dazu!«
Die Zügel der Macht flogen Bavo ganz automatisch in die Hände. Es würde einfach sein, aus diesem Beziehungsgeflecht Nutzen zu ziehen, wenn er nur kompromisslos genug vorging. Alles entwickelte sich wunderbar. Er hatte gehofft, dass es eines Tages so weit kommen würde. Durch ihren Sohn waren Mauro und Armana verletzbar; er war ihr Schwachpunkt. Schon bald würde es keine zwei gleichberechtigten Partner mehr geben, sondern nur noch ihn.
Bavo Velines.
Den Herrscher über die Filiationskammern.
Den einzigen, der die Macht des Transpathein kannte.
Den mächtigsten Mann im Roten Universum.
Seine Gedanken schweiften ab in einem Tagtraum: ein großer, wenn nicht gar sein größter Schwachpunkt, das wusste Bavo. Er durfte sich von derlei Zukunftsvisionen nicht von der Realität ablenken lassen. Zuerst galt es, eine ganze Menge an Hindernissen aus dem Weg zu räumen. Mauro Quinn und Armana Ashish standen ganz oben auf dieser Liste.
Es war nicht gut, dass sie zwei der drei Filiationskammern belegten, die zur Verfügung standen. Sie waren nicht die richtigen Partner auf dem Weg zur Unsterblichkeit, der in eine glorreiche Zukunft führte. Noch brauchte er die beiden allerdings. Zumindest Mauros Fähigkeiten als Genetiker und Wissenschaftler waren von allergrößtem Nutzen. Velines vermochte zwar perfekt mit den Filiationskammern umzugehen und verstand, wie sie funktionierten - doch er war ohne Mauro nicht in der Lage, weitere zu errichten.
In den entscheidenden ersten Phasen der Entwicklung hatte sich Bavo mehr mit der Erforschung des Transpathein beschäftigt als mit der Entwicklung der Kammern. Es gab Details, die Mauro Quinn vor ihm geheim hielt. Er habe dafür seine Gründe, behauptete er ständig. Bavo kannte diese Gründe nur zu genau; Quinn sicherte sich auf diese Weise ab. Offenbar fürchtete er sich vor ihm.
»Ich werde Armana aufwecken«, kündigte Bavo an.
Niemand widersprach
Weitere Kostenlose Bücher