PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion
mit anderen Hauptakteuren der kosmischen Geschichte geführt hatte? Selbstverständlich gab es die. Es gab immer Muster, immer Kongruenzen.
»Werden wir nicht sentimental«, sagte er. »Es geht nicht um uns. Du weißt, was dort draußen geschieht, im Raum und auf den Welten des Roten Imperiums. Du hast die Macht, dem ein Ende zu setzen. Diese Macht noch, Generalgouverneur. Nur diese. Alle deine andere Macht ist vergangen.«
Rhodan schaute Velines an. Die Macht umhüllt ihren Träger immer wie ein magnetisches Kostüm, dachte er. Sie zieht an, sie stößt ab, sie lässt nicht gleichgültig. Von der Macht entkleidet, sehen die ehemaligen Machthaber alle gleich aus: wie müde, alte Männer.
Velines nahm die Brille ab und schaute versonnen an die Decke. »Du kannst dir vorstellen, was dort oben geschieht?«
Rhodan antwortete nicht.
Velines schloss die Augen und leckte sich kurz die Lippen. In diesem Moment sah er in Rhodans Augen nur noch aus wie ein lüsterner Greis. Ein Mensch, der weit über die Grenzen des Menschlichen hinausgegangen war und geglaubt hatte, dort, in diesem neuen Territorium, heimisch zu werden.
»Dort werden Energien freigesetzt, wie sie sonst nur die Sterne selbst erzeugen«, sagte der Generalgouverneur. »Lange gespeicherte Energien. Sie dringen in die Materie ein, sie verwandeln Stoff in Licht, sie transzendieren alle menschlichen, alle organischen Sinne. Die Augen verbrennen, die Trommelfelle reißen, das Feuer frisst sich durch Haut und Knochen schneller, als die Impulse durch die Nerven jagen können. Die Vernichtung überholt den Schmerz, den sie auslöst. Auch die Stähle, die dort zerfetzt werden, kennen keinen Schmerz.« Er lächelte Rhodan wehmütig zu. »Eigentlich sind wir Zuschauer die Einzigen, die um den Schmerz wissen. Eigentlich ist es ein Schauspiel nur für uns.« Er blickte zärtlich zu dem Verwachsenen hinunter.
Rhodan beugte sich vor, die Unterarme auf die Knie gestützt. »Es ist nicht das bloße Spiel der Energien, es ist überhaupt kein Schauspiel. Es ist die Wirklichkeit mit unsäglichen Mengen von wirklichem Leid und wirklichem Schmerz.«
»Ja, ja, vielleicht, vielleicht auch das - wirklicher Schmerz.«
»Sinnloser Schmerz!«, empörte sich Rhodan. »Sinnlos wie nur irgendetwas!«
»Sinnlos, meinst du?«, Velines schrie plötzlich beinahe, aber wie vor Vergnügen, wie über einen ungeheuer lachhaften Witz. »Du, der Fürsprecher der Schmerzen?«
Er blinzelte offenbar in einen optischen Sensor, denn ein Schaumbild entstand neben ihnen. Rhodan erkannte sich selbst, wie er ausgemergelt und erschöpft in der Bibliothek saß, und er hörte sich selbst sagen: »Eine Welt ohne Schmerz. Ohne Sorge. Ohne die Angst vor dem Tod. Ist sie lebenswert? Verliert sie nicht den Geschmack des Lebendigen?«
Velines lachte: »Selbst im Mentalen Symposion gibt es Flüstergeister. Wir wollen doch nicht, dass auch nur ein einziger der wertvollen Aussprüche des Residenten der Nachwelt verloren geht! Eine seiner Weisheiten.«
Rhodan spürte, wie die Wut in ihm hochkochte. Er zwang sie nieder. »Ich sehe einen großen Unterschied zwischen den Schmerzen, die das Leben mit sich bringt, weil es altert und Schaden nimmt, und zwischen dem Leid, das Lebewesen einander bewusst und willentlich zufügen. Wenn man sich Ziele setzt, wenn man zu den Sternen will, dann nicht, um das Leid dorthin zu tragen. Jedenfalls will ich das nicht.«
Velines lachte, boshaft und kurz: »Du Lügner! Es gibt zwei Sorten von Menschen, die hoch zu den Sternen schauen. Für die einen sind sie das Spektakel der Nacht, ein Naturschauspiel, so wie ein Sonnenuntergang, ein Vulkanausbruch, eine Welle, die an den Strand schlägt. Das ...« Er beugte sich über die polierte Arbeitsfläche zu Rhodan vor. »Das sind die Ästheten. Für sie ist alles nur Schauspiel, sie wollen sich unterhalten lassen. Sie sind das Publikum der Geschichte. So bist du nicht. Du gehörst zu den anderen. Du hast die Sterne gesehen und gesagt: Da will ich hin. Was muss ich dafür tun? Du hast dafür getan, was du tun musstest. Um wirklich zu den Sternen zu kommen, braucht man Maschinen. Deswegen bist du ein Maschinenliebhaber, deswegen lebst du mehr in metallischen Gehäusen, die mit millionenfacher Überlichtgeschwindigkeit durch die Dimensionen eilen, als auf deinem Heimatplaneten. Dafür hast du alles das in Kauf genommen. Die Konflikte. Die Kriege. Den Tod der Milliarden. Du bist wie ich. Ich bin wie du. Wir sind ununterscheidbar.« Velines
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