PR TB 011 Im Zentrum Der Galaxis
strengen und doch so nachsichtigen Gesicht
nehmen. Fasziniert gab er den Blick zurück, bis er sich endlich,
fast widerwillig, darüber klar wurde, daß er keinem
lebendigen Bild gegenüberstand, sondern einer leblosen
Reproduktion.
Sie war meisterhaft ausgeführt. Dreidimensional und farbig
erweckte sie im ersten Augenblick den Eindruck, man stünde dem
lebenden Original gegenüber, oder zumindest einem Bildschirm,
auf den das Konterfei des lebenden Originals geworfen wurde.
Aber es war nur ein Bild, ein zwar prächtiges und
wirklichkeitsnahes Bild, aber doch tot und vielleicht schon uralt.
Als Homunk sich nach seinen Begleitern umblickte, sah er sie neben
sich stehen, tief gebeugt und die Augen niedergeschlagen.
Alle Roboter in der Halle folgten ihrem Beispiel.
Sie verbeugten sich vor dem Bild.
Vor dem Bild eines Menschen!
Und mit einem Schlag begriff Homunk, was auf diesem Planeten
geschehen war.
Er begriff, daß ein Teil der Roboter seit Jahrtausenden
vielleicht auf ihn gewartet hatte. Auf ihn, den sie als Gott
verehrten.
*
Genau in diesem Augenblick erschien Harno.
Die schwarze Kugel materialisierte dicht unter der Kuppel und
blieb vorerst un-entdeckt. Sie hob sich kaum von der dunklen Decke
ab, außerdem verhielt sie sich ruhig und bewegte sich nicht.
Aber sie nahm Kontakt mit Homunk auf, der sonst für
telepathische Impulse nicht empfänglich war.
"Du mußt das Spiel mitmachen, Homunk - erschrick nicht,
ich bin Harno. Bleibe weiterhin stolz und unnahbar, wie es sich für
den Verehrungswürdigen gehört. Zerstöre nicht die
Illusion der Roboter."
Homunk hörte die Stimme in seinem Innern und erstarrte. Er
kannte Harno, aber er fand keine Erklärung dafür, wie das
Energiewesen hierherkam. Steckte Gucky dahinter?
"Wie hast du mich gefunden?"
"Später erkläre ich alles. Jetzt tue nur genau das,
was ich dir sage. Wenn die Roboter bemerken, daß sie getäuscht
werden, lebst du keine Sekunde mehr. Sie haben zu lange auf diesen
Moment ihres Triumphes gewartet, um eine Enttäuschung ertragen
zu können."
"Wie können Roboter so handeln und denken? Es ist völlig
gegen alle Gesetze und Erfahrungen. Es ist unmöglich!"
"Nichts ist unmöglich, wenn Roboter sich selbst
überlassen werden."
Homunk dachte darüber nach. Sich selbst überlassen?
Sollte das bedeuten... ?
"Später", wiederholte Harno. "Das, was sich
jetzt hier abspielt, hat es schon auf anderen Welten gegeben. Auf
Welten, die von organischen Intelligenzen bewohnt wurden. Die
schlummernde Erinnerung und das Hoffen auf ein Wunder ergeben eine
ewig wiederkehrende Kombination von Gefühlen, denen kein
denkendes Wesen auf die Dauer widerstehen kann, ganz gleich, ob es
ein organisches oder künstliches Gehirn besitzt. Manchmal dauert
es nur länger, daher entstehen Gruppen, die sich bekämpfen.
Wie hier."
Homunk sah, daß die Roboter sich wieder aufrichteten, als
weiter oben in dem "Altar", eine Metallscheibe
zurückrollte. Ein mattschimmernder Bildschirm wurde sichtbar.
Er war oval.
Die Farbmuster kamen schnell und fast automatisch. Jemand, der die
Tastatur betätigte, kannte sich aus. Es fiel Homunk schwer, dem
Text zu folgen, aber die Bruchstücke genügten für
einen Überblick.
Es war eine Art Predigt, in der voller Triumph davon gesprochen
wurde, daß der Schöpfer zurückgekehrt sei. Seit 10
000 Jahren habe man darauf gewartet - das waren 20 000 irdische
Jahre. Eine unvorstellbar lange Zeit. Nun sei der Tag des Sieges über
die Ungläubigen nicht mehr fern. Nun endlich könne man sie
bekehren.
Homunk wünschte sich in diesem Augenblick, Gucky könne
an seiner Stelle sein. Der Mausbiber hatte ihnen allen diese Suppe
eingebrockt mit seiner Neugier und seinem Forschungsdrang. Aber Gucky
sah nicht wie ein Mensch aus. Man akzeptierte ihn nicht als Gott.
Vielleicht hielt man ihn sogar für den Teufel. Das würde
die schlechte Behandlung erklären, die man ihm hatte zuteil
werden lassen.
"Sie erwarten, daß du im Tempel bleibst - denn dies ist
ein Tempel, ein Überbleibsel aus längst vergangenen Tagen.
Wie die Stadt. Alle anderen wurden dem Erdboden gleichgemacht, aber
diese entging ihrem Schicksal. Der letzte Hinweis auf die einstigen
Bewohner dieser Welt."
Homunk rührte sich nicht, obwohl die endgültige
Bestätigung seiner geheimsten Befürchtungen ihn wie ein
körperlicher Schlag traf.
"Die einstigen Bewohner... ? Willst du damit sagen, daß
es sie nicht mehr gibt?"
"Schon lange nicht mehr. Seit 20 000 Terrajahren. Zeit
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