PR TB 013 Sternkolonie Troja
Nachtwolf
zum gewöhnlichen Tagewerk zu gehören.
Jetzt war keine Zeit mehr zu verlieren. Das Tier war den drei
Flüchtenden an Schnelligkeit weit überlegen. Es konnte sie
in ein paar Sekunden einholen. Und ob Babbo, Pip und Kalo im letzten
Augenblick noch genügend Verstand besäßen, um sich zu
stellen und zu wehren, das konnte niemand wissen.
Tiff fand die Lücke, durch die sie sich gezwängt hatten.
Mit aller Macht warf er sich ins Gestrüpp des Buschs, schlug die
Zweige beiseite und hetzte vorwärts. Weit vor ihm krachte und
rauschte es, und von noch weiter vorn kamen aufgeregte, ängstliche
Schreie. Die
drei Flüchtenden hatten das Ungeheuer bemerkt.
Tiff hatte längst den kleinen Zylinder in der Hand und
umklammerte ihn krampfhaft, um ihn nicht zu verlieren. Mit dem
Blaster war jetzt nichts mehr auszurichten. Erstens hatte er kein
Ziel, und zweitens war der Busch zundertrocken.
Es schien Tiff, als käme er der Bestie allmählich näher.
Die Nähe der Menschen hatte sie vorsichtig gemacht. Von der
wütenden Verfolgung ging sie dazu über, die Opfer zu
beschleichen. Einmal konnte Tiff laut und deutlich Pips schrille
Stimme hören:
„Wenn wir den Dreifingerfelsen erreichen, können wir
ihm auflauern!“
Es war nicht zu erfahren, was aus dem Vorschlag wurde. Es sah so
aus, als sei Babbos und Kalos Jagdeifer für diese und die
folgenden Nächte völlig befriedigt. Tiff war mittlerweile
in Schweiß gebadet. Er hatte nur eine schwache Ahnung von der
Reichweite des Zylinders, aber eben davon hing womöglich das
Leben der drei Flüchtenden ab. Er mußte so nahe wie
möglich an sein Ziel herankommen.
Es kam ihm zu Bewußtsein, daß dies die erste
Gelegenheit war, die merkwürdige Waffe im Ernstfall
auszuprobieren. Bislang kannte er nur die Berichte der
Forschungskommandos, die mit dem Zylinder im Kampf gegen die
Nachtwölfe Wunder geleistet hatten. Was war, wenn die Nachtwölfe
inzwischen nicht mehr so reagierten, wie sie es damals getan hatten?
Der Busch lichtete sich plötzlich. Im Schein der Sterne
übersah Tiff eine leere, sanft geneigte Fläche, an deren
gegenüberliegendem Rand sich ein merkwürdig geformtes
Felsgebilde erhob. Drei Felsnadeln von verschiedener Höhe
stachen parallel in die Luft. Die Felsbasis war glatt, aber von
sanfter Neigung, so daß ein geübter Kletterer ohne
Schwierigkeiten bis zur Wurzel der drei Nadeln hinauf gelangen
konnte.
Von den drei Flüchtenden schien jedoch nur Pip gut klettern
zu können. Er stand aufrecht zwischen zwei
Nadeln und war dabei, seine Waffe schußfertig zu machen.
Babbo und Kalo befanden sich noch auf der unteren Hälfte der
Basis und bemühten sich mit zappelnden, ängstlichen
Bewegungen, den Schutz einer der beiden Nischen zu erreichen.
Von Tiffs Standort aus war deutlich zu sehen, daß sie es
nicht mehr schaffen würden. Der Nachtwolf hatte seine Opfer
gestellt. Langsam, fast gemächlich richtete er sich mit
knisterndem Panzer auf den beiden Hinterbeinpaaren auf. In ständiger
Bewegung spielten die Vorderbeine mit den fächerartigen Klauen.
Jetzt
machte Kalo eine kurze Verschnaufpause, sah sich um und schrie in
Todesangst auf. Der Schreck warf ihn aus dem Gleichgewicht.
Er verlor den Halt an der Wand und rutschte ab.
Der Nachtwolf reagierte blitzartig. Knirschend sank der Oberkörper
wieder zu Boden. Die Vorderbeine wuchsen auf den hilflosen Kalo zu.
Aus den Augenwinkeln nahm Tiff wahr, wie Pip immer noch verzweifelt
an seinem Gewehr hantierte.
Er steckte den kleinen Zylinder in den Mund, fuhr mit der Zunge
über den Schlitz und blies, so kräftig er konnte. Das
Instrument brachte kaum einen hörbaren Ton hervor, nur ein
leises Winseln an der oberen Hör-grenze. Aber der Erfolg war
beeindruckend.
Als hätte die Bestie ein schwerer elektrischer Schlag
getroffen, fuhr sie zuckend in die Höhe. Das gräßliche
Maul brachte einen röchelnden, seufzenden Laut hervor. Vom Ruck
der plötzlichen Bewegung aus dem Gleichgewicht gebracht, stürzte
das Tier rückwärts zu Boden. Sekundenlang fuhren die langen
Glieder wild peitschend durch die Luft. Dann faßten sie Grund.
Im Nu hatte der Nachtwolf sich wieder aufgerichtet, und schneller,
als ein menschliches Auge ihm folgen konnte, verschwand er in der
Nacht. Noch minutenlang war das Krachen und Prasseln seiner panischen
Flucht zu hören.
Nachdenklich steckte Tiff die Ultraschallpfeife wie
der ein. Dann trat er auf die Lichtung hinaus. Kalo stand auf und
wischte sich den Staub von den Kleidern, eine
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