PR TB 015 Ich, Rhodans Mörder
zu retten.
Ich ging um Gourtneys Haus herum. Auf der Hauptstraße
wanderten die Kolonisten in Gruppen zum Raumhafen. Niemand schien
heute zu arbeiten. Über Nacht hatte sich der Straßenschmuck
verdoppelt. An den Vorderfronten der Häuser hingen Spruchbänder.
Wenn alles, was ich von Rhodan gehört hatte, der Wahrheit
entsprach, mußte er froh sein, wenn er diesen Rummel hinter
sich hatte.
Die Feierlichkeiten würden schnell enden, und die jubelnden
Menschen würden sich in verzweifelte Todkranke verwandeln.
Niemand nahm Notiz von mir, als ich mich unter die Menge mischte
und ebenfalls die Richtung zum Raumhafen einschlug. Etwa hundert
Meter hinter mir marschierte eine Kapelle die Straße herauf.
Die Instrumente glänzten im Sonnenlicht. Große,
geschmückte Wagen fuhren vorüber. Auf den Ladeflächen
standen jüngere Kolonisten, die es offenbar besonders eilig
hatten, ihr Ziel zu erreichen.
Ich wunderte mich, daß ich unter den lachenden und singenden
Menschen nicht auffiel.
Dann stand plötzlich Ansom vor mir. Er trug einen bunten
Papierhut und ein Abzeichen am Kragen. Diesmal war er nicht verlegen.
Sein Gesicht war gerötet. Ich vermutete, daß er getrunken
hatte.
„Ich dachte, Gourtney hätte Sie eingesperrt”,
begrüßte er mich. Sofort spürte ich, daß er
mich als einen Gegner betrachtete. Wahrscheinlich war Ansom
inzwischen von Balbalis über die Eingeborenen aufgeklärt
worden.
Ich ignorierte seine Unfreundlichkeit.
„Ich bin unter die Amnestie gefallen”, sagte ich. „An
diesem Tag werden alle Gefangenen entlassen.”
„Es gab bisher nur einen Gefangenen in GeltonCity”,
erklärte er gereizt.
Ich wurde ärgerlich. Warum glaubte jeder Kolonist, daß
man Dunn Beynon Moralpredigten halten mußte?
„Ansom”, sagte ich, „verderben Sie sich nicht
die Lust am Feiern. Lassen Sie mich in Ruhe.” „Was wollen
Sie eigentlich beweisen?” fragte er. „Daß Sie stolz
und unabhängig sind und nicht an solchen spießbürgerlichen
Vergnügen teilzunehmen brauchen?”
„Sie sind weiter von der Wahrheit entfernt als je zuvor”,
sagte ich müde. „Hören Sie auf, den Psychologen zu
spielen.”
Das ernüchterte ihn. Er war froh, als jemand auf uns
zugerannt kam, ihn am Arm ergriff und fortzog. Die Musikkapelle holte
mich ein. Die Spieler trugen dunkelblaue Uniformen mit Goldlitzen.
Der Lärm ihrer Darbietungen übertraf die Qualität bei
weitem, doch das schien niemand zu stören. Die Kolonisten
begannen auf der Straße zu tanzen. Eine Frau wollte sich bei
mir unterhaken und mich in den Kreis der Tanzgruppe ziehen.
Ich flüchtete zur anderen Straßenseite hinüber.
Ihr Gelächter verfolgte mich, bis es von der Musik übertönt
wurde. In zwei Stunden würden diese Menschen jäh aus ihrem
Glückstaumel gerissen werden. Das konnte jetzt nicht mehr
verhindert werden.
Ich achtete darauf, daß ich mich von den einzelnen Gruppen
fernhielt. Ob Gourtney schon festgestellt hatte, daß ich nicht
mehr in seinem Haus war? Würde er mich suchen lassen? Es war mir
gleichgültig. Ich hatte einen inneren Frieden gefunden, einen
Frieden, der vielleicht nur auf Müdigkeit und Resignation
basierte, aber endlich jenen Zwang zum Handeln von mir nahm, den ich
seit den Ereignissen auf Uvbe in mir gefühlt hatte.
*
Unmittelbar neben den Eingängen des Raumhafens war eine
Tribüne errichtet worden, die den größten Teil der
Kolonisten aufnehmen konnte. Sie war bereits besetzt, als ich den
Raumhafen
erreichte. Ein Meer von Blumen war dekorativ verteilt worden.
Sogar der Weg auf den Landeplatz hinaus war mit Blumen ausgelegt. Vor
der Tribüne stand ein Podium, von dem aus Rhodan wahrscheinlich
sprechen sollte.
Niemand hielt mich auf, als ich durch die Sperren ging. Heute
schien es keine Kontrollmaßnahmen zu geben. Ich entfernte mich
von der Tribüne, bis ich sicher sein konnte, keine
Aufmerksamkeit zu erregen. Etwa sechzig Meter vom Podium entfernt
lehnte ich mich an die Wand eines flachen Gebäudes. Gleich
darauf kam ein alter Mann heraus. Er war kurzsichtig und kniff die
Augen zusammen, als er mich entdeckte.
„He!” rief er mir zu. „Von dieser Stelle aus
werden Sie nicht viel sehen.”
„Sie sind ja auch hier”, entgegnete ich.
Er kicherte und schlug sich auf seine dürren Oberschenkel.
Dann warf er mir einen listigen Blick zu, ging hinein und kam gleich
darauf mit zwei Stühlen zurück. Er stellte sie gegen die
Hauswand und machte eine einladende Handbewegung.
„Hier ist keine Sonne”, sagte er
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