PR TB 015 Ich, Rhodans Mörder
zufrieden. „Ein
schönes, kühles Plätzchen, nicht wahr?”
Er zog eine Flasche aus seiner Jackentasche, öffnete sie und
nahm mehrere Schlucke. Schmatzend setzte er sie ab und wischte sich
mit dem Handrücken über den Mund. Dann schneuzte er sich
ungeniert und schob die Flasche zurück.
„Das erinnert mich fast an den ersten Jahrestag der
Gründung”, sagte er feierlich. Ein Fuselgeruch wehte von
ihm herüber. „Damals gehörte ich noch zu den jungen
Burschen, die alles regelten. Aber heute…” Er spuckte
verächtlich aus und überließ es mir, über das
Heute nachzudenken.
Eine Weile döste er vor sich hin, sein dürrer Körper
wurde in regelmäßigen Abständen von Rülpsern
geradezu geschüttelt. Ich glaube, er war der glücklichste
Mensch auf dem gesamten Platz. Plötzlich schlug er die Augen auf
und schaute zu mir herüber.
„Ich habe Sie noch nie hier gesehen”, sagte er.
„Gehören Sie zu den Jägern?” „Ja”,
log ich. „Ich bin fast nur in den Bergen.” „Darauf’,
erklärte er genüßlich, „muß ich was
trinken.” Er brachte die schmutzige Flasche zum Vorschein und
bot sie mir an. Er war erleichtert, als ich den Kopf schüttelte.
Nachdem er getrunken und die Flasche fast geleert hatte, sagte er:
„Ich glaube, die Eingeborenen sind besser als alle Mutanten des
Imperiums zusammen.”
Ich erstarrte. Er hielt mich für einen Jäger und begann
ohne Hemmungen von den Eingeborenen zu sprechen.
„Sie müssen es doch wissen”, ereiferte er sich,
„Sie sind besser, nicht wahr?” „Ja”, nickte
ich, um ihn zu beruhigen. Er schien ganz stolz darauf zu sein, auf
dieser Welt zu leben.
„Ist es nicht ein Jammer, daß wir nichts verraten
dürfen?” wollte er wissen.
„Wenn wir die Kolonie erhalten wollen, müssen wir so
handeln”, gab ich zurück.
Er schien die Lust an einer Fortsetzung des Gesprächs
verloren zu haben. Sein Kopf sank auf die Brust. Kurz darauf schlief
er ein.
Vor der Tribüne waren die Musiker aufmarschiert. Eine Stunde
vor der Landung war GeltonCity bereit für den großen
Empfang. Ich sah Gourtney zusammen mit einem anderen Mann neben der
Tribüne auftauchen. Sie diskutierten heftig miteinander. Der
Fremde deutete immer wieder in die Tribüne hinein, bis Gourtney
beide Arme in die Luft warf und sich zwischen zwei Reihen von
Kolonisten hindurchzwängte.
Es sah ganz so aus, als wollte mich Gourtney auf der Tribüne
suchen. Nun, dann hatte er eine Beschäftigung, bis das
Raumschiff landete.
Ein Böller wurde abgefeuert. Der Alte neben mir erwachte.
„Ist es soweit?” wollte er wissen. „Zum Teufel,
wenn ich erwache, habe ich immer einen Brummschädel.”
Ich erklärte ihm, daß es noch einige Zeit dauern würde,
und er sank zufrieden auf den Stuhl zurück. Ich beobachtete die
Tribüne. Einmal glaubte ich, Gourtney mit rudernden Armen in
einer
Menschentraube zu erkennen, doch es konnte auch ein anderer Mann
sein.
Viel früher als ich erwartet hatte, wurde die Luft von einem
dumpfen Dröhnen erfüllt, dessen Schwingungen den gesamten
Planeten zur Vibration zu bringen schienen. Ich blickte in den
wolkenlosen Himmel hinauf. Ein 200 Meter durchmessender Schwerer
Kreuzer der TERRA-Klasse senkte sich auf die Oberfläche Geltons
herab.
Die Kapellen begannen zu spielen, doch das sah man nur an den
Bewegungen, denn der Lärm des Riesenschiffs übertönte
alles andere. Der alte Kolonist an meiner Seite sprang auf.
Eine geheimnisvolle Kraft schien mir die Luft abzuschnüren.
Ich sah, wie der Kreuzer langsam dem Boden entgegensank, unaufhaltsam
wie die Sonne, die im Augenblick ihren höchsten Stand erreicht
hatte.
Und dann war ich plötzlich auf den Beinen. Meine Gedanken
waren ein Chaos an Sinneseindrücken und wahnsinnigen
Entschlüssen. Ich rannte aus dem Schatten des Gebäudes. Die
Blicke der Kolonisten waren ausnahmslos in den Himmel gerichtet. Ich
begann zu schreien, doch meine Stimme ging im Donnern der Triebwerke
unter. Meine Füße zertrampelten die sorgfältig
ausgelegten Blumen.
Ich erreichte das Podium. Von der Tribüne näherte sich
eine Gruppe von drei Männern in würdevoller Haltung. Dann
sahen sie mich und blieben in grenzenloser Verblüffung stehen.
Ich umklammerte das Mikrophon.
Irgendwo über mir war der Schatten des Schiffes, das langsam
aber stetig tiefer sank. Die Landestützen wurden bereits
ausgefahren. Keuchend zog ich das Mikrophon zu mir heran.
„Haltet das Schiff auf!” schrie ich. „Es darf
nicht…” die sengende Glut des
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