PR TB 043 Die Pflanzen Des Todes
rechts wieder auf und bedeutete Sherpa, daß er
sich von hinten an das biologische Labor heranschleichen wollte.
Sherpa winkte zustimmend und ging weiter. Er setzte seinen Fuß
auf die oberste Treppenstufe, betrachtete die verdorrten Pflanzen in
den runden und viereckigen Schalen und ging dann direkt auf den
Eingang des Labors zu.
Fünf Meter davor blieb er stehen.
Vor ihm, unter den Stelzen, sah er den Schatten Sanders, der
gerade die breite Treppenleiter betrat und lautlos nach
oben glitt. Sherpa ging weiter, griff nach dem Geländer und
wich dem Wasserstrahl aus. Dann roch er es.
Geruch, wie er aus einem Treibhaus drang.
Wasser rauschte innen, eine Exhaustorturbine summte, und man hörte
Schritte auf zerbrochenem, dünnen Glas. Sherpa war mit einem
einzigen langen Satz an der Tür und versuchte, sie aufzudrücken.
Eine Tonne wuchernder Pflanzen preßte sich an das Glas und
drückte die Tür in den Rahmen. Sherpa vermochte nicht durch
das grüne Ge -wirr zu blicken. Er sah ein, daß seine Kraft
nicht ausreichen würde und zog seinen Strahler. Dann ging er
zurück, bis er an den Rand der Terrasse anstieß und
feuerte.
Drei Schüsse fegten die Scheibe in tausend Stücken aus
dem Rahmen.
Das Geräusch berstenden Glases und klirrender Scherben
vermischte sich mit dem Knistern der Pflanzen, die teilweise
verbrannten. Stickiger Dampf schlug aus der Öffnung. Und dann
krochen, schnell wie Schlangen, Pflanzenfasern und lange Ranken, mit
kleinen Saugnäpfen ausgestattet, über die gezackten
Scherben und tasteten nach Sherpa.
Der Kapitän stellte den Strahler auf Punktfeuer, verringerte
den Fokus des Strahls und schnitt die Ranken auseinander. Das Leben,
hervorgerufen durch feine Tasthärchen und den Turgor, erlosch.
Immer neue Triebe schössen aus der Öffnung und schoben und
drängten, verfilzten sich ineinander ...
Sherpa schnitt rücksichtslos und gezielt.
Er schnitt entlang des Rahmens weit in den Raum hinein,
vernichtete die dicken Stengel und tötete die schlangengleichen
Triebe. Beißender Qualm und ein hohes, ängstliches Wimmern
drangen aus dem Raum. Das Viereck wurde immer größer, und
Sherpa ging näher heran. Was er sah, erfüllte ihn mit
kalter Panik.
Offensichtlich waren hier Samenkörner, zu Versuchszwecken
mitgebracht, mutiert und pervertiert und hatten diese wilden
Schößlinge hervorgebracht. Sie ringelten sich unter den
schneidenden Strahlen und verbrannten. Und von der Rückseite des
Raumes arbeitete sich Torrens in den grünen Wirrwarr hinein.
Sherpa passierte den Türrahmen und sah, daß das Labor
vollständig verwüstet war. Die
Pflanzen hatten sich um alles geschlungen, worum sie sich
schlingen konnten. Sie hatten Glasgefäße zerbrochen,
Regale umgerissen und Chemikalien verschüttet, die einen
seltsamen Dünger bildeten. Wütend griffen die Ranken nach
Sherpa, und er schweißte stinkende Schnitte in die
weißgespritzten Kunststoffwände. Langsam verloren die
Pflanzen.
Und dann fielen die letzten lebenden Mauern.
Es war, als wollten die Ranken ihre Herrin beschützen. Beada
Ferrer stand in einem freien Kreis, der zylinderförmig gewesen
sein mußte, bevor die Männer kamen. Sie trug einen grünen
Bikini und eine leuchtende rote Bambusblüte über jedem Ohr.
Schweigend sah sie Sander entgegen.
Der Boden war knöcheltief unter Wasser, das aus einem Becken
voller Blätter und Stengel lief. Überall lag zertrümmertes
Glas. Um ein wuchtiges Mikroskop ringelte sich eine weiße
Liane. Es stank widerlich nach hundert verschiedenen Chemikalien,
nach ätzendem Rauch, nach verwelkten Trieben und nach den
stechenden Bambusblüten.
»Meine Kinder ...«, sagte Beada und wimmerte vor sich
hin. Ihre Augen waren groß und leuchteten aus einem
abgemagerten,, hohlwangigen Gesicht.
»Sie hafcen sich selbständig gemacht, Mädchen«,
sagte Sherpa ruhig und blickte an Beada vorbei auf Torrens, der
schweigend hinter ihr stand und mit dem Paralysator auf ihren Rücken
zielte.
»Sie haben mich geliebt und mir gesagt, daß ...«
Die Stimme des Mädchens brach ab. Sie schluckte und wurde
noch weißer im Gesicht, dann griff sie mit einer hoffnungslosen
Bewegung nach ihrem Ohr, nahm die Blüte und gab sie Sherpa.
»Hier. Das Geschenk an den Mörder«, sagte sie.
Sherpa nahm die Blüte, sah die zwei schwarzen Würmer an
den Staubgefäßen und spreizte die Finger. Die Blüte
sank langsam zu Boden, und Sherpa zerfetzte sie mit dem Absatz des
Stiefels. Dann langte er nach der anderen Blüte, riß sie
herunter
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