PR TB 043 Die Pflanzen Des Todes
»Und das war einmal ein
junger, kraftstrotzender Chefkolonist.«
Greyne sah aus wie ein Toter. Er rührte sich nicht, und die
offenen Augen blickten genau in den Regen über ihnen. Das
Gesicht war zerkratzt, schmutzig und mit verkrustetem Blut aus einer
Schädelwunde bedeckt. Der Bart starrte vor Fett und Dreck, und
ein kaum hörbares Röcheln kam aus dem offenen Mund.
Speichel rann aus einem Mundwinkel. Die Kleidung war zerfetzt. Nur
die Stiefel waren noch einigermaßen intakt. Sherpa zog
vorsichtig aus der offenen Brusttasche, die voller alter Blätter
war, ein zerknittertes, aufgeweichtes Photo hervor. Er glättete
es auf seinem Handrücken und hielt es Sander hin.
»Hier — das Zeichen seines Wahnsinns.«
Ein Mädchen war zu sehen; es lehnte lächelnd gegen eine
Blendmauer der neuen Siedlung: Yadasi Patrick. Dort, wo der Kopf
aufhörte, war mit einem Holz oder mit einem brennenden Feuerzeug
die Abbildung des Haares versengt. Eine Zunge verbrannten Papiers
ersetzte das Haar und verwandelte das Bild in die Wiedergabe einer
Furie.
»Das Feuer, Sherpa.«
»Eine der Farben seiner Dunkelheit«, sagte Sherpa.
»Wir fliegen zurück nach Port Carmichael und schaffen ihn
sofort ins Krankenrevier. Hilf mir bitte.«
»Natürlich.«
Torrens kletterte in den Gleiter zurück, ließ das
Verdeck einfahren und half Sherpa, den starren Körper auf den
Rücksitz zu legen. Dann schloß sich das durchsichtige
Material wieder, der Gleiter schwebte auf und preßte sich durch
die Baumkronen, als er senkrecht hochstieg. Ein letzter Re -gen
prasselte gegen Kunststoff und Metall, dann rissen die
Wolken auf. Augenblicklich begann der Dschungel zu dampfen, und
Torrens ging höher. In scharfer Fahrt raste die schwere Maschine
zurück nach Port Carmichael.
Sherpa öffnete die Wasserflasche, tränkte ein Handtuch
damit und begann vorsichtig, das Gesicht Edgars zu säubern.
Unter dem Dreck und dem Schorf kamen bleiche Wundränder und
schlechtverheilte, entzündete Narben zum Vorschein, und die
Kopfhaut war schräg über der Stirn bis auf die Knochen
aufgerissen und sehr entzündet. Wäre Edgar nicht wahnsinnig
gewesen, hätte er vor Schmerzen schreien müssen.
Sie brauchten eine halbe Stunde, bis sie im Baulager vor der
Krankenstation hielten. Sherpa trug Edgar wie ein Kind auf seinen
Armen hinein und ließ ihn auf eine Liege nieder.
»Sie wissen natürlich besser, was zu tun ist. Der Mann
steht unter der Einwirkung eines dosierten Strahls dieser Waffe. Wenn
er wieder gehen kann, muß er sofort nach Eight Wombats. Sollte
etwas passieren, rufen Sie bitte mich oder Stonebridge an, ja?«
DerArzt nickte.
»Natürlich, Kapitän«, sagte er. »Wo
fanden Sie ihn?«
»Ophthalmia Range, am Südende. Er hat es bis dorthin
geschafft. Sein Wahnsinn suchte das Feuer.«
Der Arzt nickte und schnitt mit dem Skalpell vorsichtig die
letzten Stoffreste von dem geschundenen, mageren schmutzigen Körper.
Sherpa warf die Schachtel mit den durchnäßten Zigarren in
den Abfallvernichter und nahm dann eine Zigarette aus dem Kästchen,
das auf dem Tisch des Mediziners stand. Rauchend und todmüde,
naß und frierend ging Sherpa wieder aus dem Raum und nickte
Sander zu.
»Mein Junge«, sagte er leise, »ich glaube, das
konnten nur wir schaffen, nicht wahr?«
Sander lächelte. »Das mußt du Akai erzählen.
Vielleicht ändert sich der Maßstab ihrer Vergleiche
etwas.«
»Das«, erwiderte Sherpa, »ist deine Sache. Zum
Hotel.«
Der Gleiter schwebte davon. Jetzt brannte die Sonne des frühen
Abends auf den dampfenden Beton des riesigen Kreises von Port
Carmichael.
Ein paar Minuten waren sie in die Betrachtung ihrer Probleme
versunken, dann schob Torrens seine leere Tasse zurück und
wandte sich an Sherpa.
»Mehr kann ich nicht sagen. Beada Ferrer ist, soweit ich
mich entsinnen kann, ein ruhiger, introvertierter Typ. Dadurch, daß
sie ständig in ihren Labors arbeitete, sah ich sie zu selten.
Sie wollte immer irgend etwas Großes tun oder erfinden, um
unseren Planeten zu fördern.«
Sander blickte aus dem Fenster und sah, wie die VASCO die
Menschenmassen in sich hineinsog wie ein Strudel. Seine Leute, unter
ihnen Greynes Bruder, regelten die Unterbringung in sämtlichen
Räumen des Experimental schiffes.
»War sie gewöhnt, ihre Probleme zu diskutieren?«
»Ja«, antwortete Torrens. »Ständig. Sie
erzählte mit großem Pathos von ihren Untersuchungen. Sie
war recht begabt, glaube ich.«
»Und man fand sie nicht. Ich glaube — schließlich
habe ich
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