PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
natürlich mit einem
simplen positronischen Gerät als Auge, bestätigten die
Qualität der Reize. Ich schnitt daraufhin das Hirn auf, das ohne
Schmerzempfinden ist, wie Sie sicher wissen und untersuchte es.
Die Zellen hatten sich praktisch an jeder Nervenverbindung
festgesetzt, wie Kugeln auf einer Nadel, wie Perlen auf einer
Schnur.“
„Was bedeutet das in der Praxis, Professor?“ fragte
Regier mit belegter Stimme.
„Nichts anderes, als daß jede Information, die von
außen kommt, gefiltert wird. Das Filter ist unsere Zelle.
Soweit es mein Mikroskop schaffte, und es ist ein gutes Instrument,
sind sämtliche Zellen im Muster gleich. Sie kontrollieren also
die Eindrücke von Auge, Ohr, Riechtum, Geschmacksempfinden …
kurz, aller Sinne. Wenn wir radikal formulieren, so kontrollieren sie
jeden einzelnen Impuls, den das Hirn empfängt, und das sind
erwiesenermaßen nicht gerade wenig.“
Die Männer schwiegen und starrten sich an.
„Das heißt also, daß jeder Mensch, der von
diesen Zellen befallen ist, nur das sieht, schmeckt und hört,
Schmerz empfindet und tasten kann, was die Zellen für richtig
halten oder unzensiert passieren lassen?“
Rogier spürte, wie langsam sein Verstand zu streiken begann.
Die Waffe des unbekannten Gegners war furchtbarer als Mord. Sie
konnte Menschen versklaven. Der Wissenschaftler schien seine Gedanken
zu ahnen und sprach weiter:
„Es waren haploide Zellen mit nur einem Satz Chromosomen.
Sie sollten sich also nicht vermehren. Es kommt noch furchtbarer. Die
Zellen, und das stellten wir ebenfalls fest, kontrollieren auch die
Impulse, die nach eingegangenen Informationen vom Hirn ausgehen. Eine
Person kann Grün sehen, die Zelle verweigert die Authentizität
der Information und informiert Blau, und wenn sich das Hirn regt und
nach Gelb sucht, durch das Auge, befiehlt die Zelle,
Schwarz zu suchen. Das Auge sucht so lange, bis es Schwarz findet
und meldet Grün. Verstanden?“
„Nur allzu genau“, erwiderte Rogier. „Ist das
noch nicht alles?“
„Bei weitem nicht“, sagte Blydenstayn. „Das war
soweit klar, und ich ließ zweihundert Parallelversuche laufen.
Das gleiche Ergebnis. Nach etwa einer Stunde, die zwischen dem Befall
des Hirns mit den parasitären Zellen und ihrer ersten Aktivität
lag, geschah etwas mit dem Hirn. Verschiedene Ventrikel zeigten eine
erstaunliche Aktivität und zeichneten schöne Linien auf das
Papier.
Bleiben wir bei der nach Kleist gemachten Lokalisation, die
freilich sehr umstritten ist, so waren dies der Bereich der ätigen
Gedanken, der akustischen und plastischen Aufmerksamkeit, des
Geräuschverständnisses und des Farberkennens. Ich bin kein
Psychologe, aber ich würde sagen: Das Hirn träumte. Ich
stellte es fest, machte Kontrollen — der Traum dauerte in
voller Intensität etwa zwei Stunden — und fragte mich nach
dem Wozu.
Wozu?
Ich versuchte mit rund dreißig verschiedenen Stimulantien,
die Zellen oder das kontrollierte Hirn zu einer Reaktion zu
veranlassen. Schließlich fand ich, daß ein scharfer, vier
Sekunden dauernder Stoß mit Ultraschall, 19 000 Hertz, die
Zellen in nervöse Erwartung versetzt. Sie wiederum ließen
unser Hirn förmlich heißlaufen, wenn sie mit Schallwellen
um 36 000 Hertz bestrahlt wurden.“ „Machen wir es kurz,
Blydenstayn“, sagte Rogier. „Jemand strahlt Ultraschall
ab, macht damit sein Opfer aufmerksam und sendet dann Befehle mit
einer modulierten Frequenz. Das Opfer wird auf jeden Fall den
übermittelten Befehl ausführen?“
„Genau das wollte ich Ihnen eben berichten. So ist es.“
„Was könnte man dagegen tun?“
Der Wissenschaftler breitete die Hände aus und sagte
lakonisch: „Kopfschuß!“
„Gibt es ein etwas weniger spektakuläres Verfahren?“
fragte Rogier rasch.
„Die Funkgeräte vernichten oder den, der sie bedient.
Eine Zelle züchten, die sich speziell von unseren Zellen ernährt
und sie auffrißt, nachdem sie in den Kreislauf geraten ist.
Bestrahlung … aber man müßte das gesamte Hirn unter
Beschuß nehmen, und das ist etwa so riskant, als — nun,
mir fehlt der Vergleich. “
„Könnten Sie das versuchen?“
„Antikörper zu züchten?“
„Das meine ich“, sagte Regier und forschte in den
Augen des Biologen.
„Versuchen kann ich es, aber ich weiß nicht, wie lange
ich dazu brauche. Aber derjenige der für das Verbrechen
verantwortlich ist, kennt auch das Gegenmittel.“
„Professor“, sagte Rogier langsam, „ich bitte
Sie, dieses Wissen nicht
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