PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
die Nummer, die ihm der Banzo gegeben hatte.
Das Gesicht eines sehr hübschen Banzomädchens erschien auf
der matten Scheibe.
„Hier ist Stahl-Keevan“, sagte Rogier und gab seine
genaue Adresse an. „Ich brauche Ihre Firma.“
„Gern. Was wünschen Sie genau?“ Die Banzo sprach
fehlerlos Terranisch.
„Einen Ihrer Vertreter, eine Reinigungskolonne und
Prospekte. Können Sie das veranlassen?“ „Natürlich.
Mister Carwood besucht Sie sofort. Eilt es sehr?“
„Ja, sehr“, erwiderte Rogier und drückte die
Aus-Taste.
*
Irgendwo im Raum.
Das Schiff fegte im Unterlichtflug an einer teilweise sichtbaren
Konstellation toter Monde, Gesteinsringe und ausgebleichter
Planetenoberflächen vorbei, um den Gästen hier eine
Attraktion zu bieten. Die LE REVENANT ächzte in den
Verstrebungen, aber die Lautsprecher, aus denen Singh Boncards „cloud
of magellan“ dröhnten, übertönten die
Eigengeräusche des alten Charterschiffes.
Der dritte Anfall hielt das Mädchen in seinem Bann.
…nachdem sich der zellverband, einer von vielen, aufgelöst
und verteilt hatte, ließ der druck auf das Individuum nach, es
war angekommen, es klebte die semipermeable membran seiner zellwand
an die nervenscheide und assimilierte die nährstoffe der
nachbarzelle. stets, wenn der assimilationsvorgang — leben der
fremden zelle — stattfand, erhöhte sich der anteil an
deltarhythmen der zelle. der nerv wurde mit fremden Informationen
überschwemmt und leitete sie an eines der ganglien weiter…
Von der aparten Schönheit Sandia Maints war jetzt nicht mehr
viel zu sehen. Das Mädchen mit dem langen, dunkelblonden Haar
saß in ihrem Sessel. Die Tür der winzigen Kabine war
verschlossen; von innen. Sandias Blick war starr auf ein Photo
gerichtet, das an jener Tür befestigt war. Ein unglaublich
verwahrlostes Kind, etwa vier Jahre alt, vom Planeten Shand’ong.
Sandia sah nichts.
Sie befand sich in einer anderen Welt. In einer, die sie nie
gesehen hatte und nicht verstand. Eine Landschaft, zusammengesetzt
aus ungewöhnlichen Formen und Farben. Leer und wartend wie
jemand, der stehenblieb und die Arme ausstreckte. Erfüllt von
der stummen Gegenwart eines Befehls, der auf sich warten ließ.
Die merkwürdige Natur schien diesen Befehl zu brauchen, um
aufzuleben, um ihren Zweck zu erfüllen.
Sandia stand darin und lauschte. Ihre Augen versanken in der
ruhigen, faszinierenden Pracht. Ihre Nase sog den Hauch ein, der von
jenseits der Hügel kam, von denen weiße Vögel
aufflogen. Eulen, klug und mit ernsten Augen.
…seit unbestimmter zeit hockte die zelle mit unzähligen
anderen in dem fremden Organismus, sie war blind, taub und handelte
nach einem instinkt, ohne ihn zu kennen, materie, zum leben erpreßt,
um als sklave zu versklaven.
sie wartete auf ein hartes stechen, um den befehl auszuführen,
das stechen, das sie in schmerzende, wollüstige Schwingungen
versetzte und den haploiden Chromosomensatz anregte, schall…. der
befehl: die Chromosomen modulierten ihn und reichten ihn weiter durch
den nervenstrang des wirtes. irgendwo geschah dann etwas, auf das die
zelle — gleich ihren sechs millionen partnern in diesem
Organismus — keinen einfluß mehr hatte, auch nun wartete
die zelle begierig, und vergebens…
Sandia erwachte wieder.
Es hatte etwas gefehlt in diesem Traum, das erkannte sie intuitiv,
ohne es in Worte fassen oder begründen zu können. Sie
wollte auch nicht. Einer dieser Träume hatte sie ihre vorherige
Stellung gekostet.
Überhelle Wachheit erfüllte sie. Sie schien dem Mädchen
einen überlegenen Verstand und höhere Logik zu verleihen.
„Die Stunde der Wahrheit“, flüsterte Sandia.
Sie erkannte sich selbst. Die Wahrheit war schmerzlich, aber
objektiv, wie jede von Illusionen losgetrennte Feststellung. Sie war
ein hübsches Nichts, erkannte die Stewardeß. Sie war Teil
einer dünnen Schicht, die um alle jene Werte lag, von denen sie
einmal gelesen hatte — unfähig, die Schicht zu
durchstechen und an der Substanz teilzunehmen. Daher kamen die
Momente tiefer Verzweiflung, die oft minutenlang dauerten und keine
Änderung des Zustandes hervorriefen. Gab es Hilfe? Vielleicht.
Jemand, der sie zwang, nachzudenken.
Die Männer, die sie bisher getroffen hatte, konnten es nicht.
Sie gehörten zur selben dünnen Schicht wie sie. Es war und
blieb ein Kreislauf.
Sie atmete tief ein und aus, stand auf und ging, um ihre Gäste
zu betreuen. Die silbergraue Uniform glänzte. Die Fassade war
makellos.
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