PR TB 055 Vom Weltraum Besessen
stieß eine Verwünschung
aus und legte den Sicherungshebel seines Karabiners wieder um.
Anscheinend hatte er mit einem sofortigen Überfall gerechnet.
Jossip war unterdessen einige Meter den Hang
hinaufgestiegen und spähte zu dem graugrünen Hügel
hinüber -eine Himmelsrichtung, die man als Süden bezeichnen
konnte, wenn man von dem Stand der blaßblauen Sonne ausging.
Hussein Aflou dagegen stopfte sich seelenruhig
seine Pfeife. Seine blauen Augen blinzelten, als wollte er damit
ausdrücken: So schlimm kann ja alles gar nicht sein.
Noch vor sechs Wochen hätte Kendall die
gleiche Überzeugung gehabt. Schließlich trugen die
Ausbilder von Fort Edwards die Verantwortung für das Leben und
die Gesundheit der Anwärter. Die Erfahrungen der ersten Hälfte
seines Anwärterdaseins hatten jedoch starke Zweifel daran
aufkommen lassen, ob hier normale menschliche
Maßstäbe galten. Den RAA wurde praktisch alles abverlangt
- und das war viel mehr, als sie sich selbst zugetraut hätten.
„Sieht friedlich aus“, bemerkte
Jossip. „Nur der Hügel gefällt mir nicht. Ich
wünschte, ich hätte einen Feldstecher mitnehmen dürfen.“
„Wozu?“ fragte Franklin. „Wenn
dir der Hügel verdächtig vorkommt, sehen wir ihn uns aus
der Nähe an. Ich glaube nicht, daß wir eine Möglichkeit
zur Rückkehr finden, wenn wir allen vermeintlichen Gefahren aus
dem Wege gehen.“
„Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um“,
murmelte Eino und schob sich einen neuen Kautabak zwischen die Zähne.
Franklin lächelte. Er wußte, was er von
Einos Bemerkung zu halten hatte. Überängstliche Naturen
hätten nicht einmal die erste Woche in Fort Edwards überstanden.
Er registrierte das Nicken Jossips und Husseins
mit Befriedigung, überprüfte das Magazin seines
Rak-Karabiners und marschierte los. Ohne daß eine besondere
Anweisung nötig gewesen wäre, folgten die Kameraden ihm
einzeln mit jeweils zehn Schritt Abstand. Das war ein Produkt des
bisherigen Trainings. Jossip machte den Schluß; er hatte die
besten Ohren.
Nach dreieinhalb Stunden Marsch durchquerten sie
eine Senke von etwa sechshundert Metern Durchmesser. Bisher waren sie
noch keiner Gefahr begegnet. Diese Welt schien nur von Pflanzen und
harmlosen kleinen Insekten bevölkert zu sein.
Franklin Kendall fragte sich, ob außer ihnen
noch andere Vierergruppen auf diesem Planeten ausgesetzt worden
waren. Gesehen oder gehört hatten sie bisher nichts, was darauf
hindeutete. Aber ein Planet wie dieser, mit etwa einem Gravo
Schwerkraft und einem Horizont, der ungefähr ebenso weit war wie
der auf der Erde, war groß. Auf ihm konnten einige Millionen
Menschen umherirren, ohne sich zu finden. Da man ihnen weder
Funkgeräte noch Flugaggregate mitgegeben hatte, würde ein
Kontakt nur rein zufällig stattfinden können.
Er sprang über eine Pfütze hinweg und
registrierte ohne sonderliches Interesse die zahllosen
kaulquappenähnliche Tiere, die in dem trüben Wasser
durcheinanderwimmelten. Es gab demnach auch Amphibien hier.
Gleich darauf wurde seine im Unterbewußtsein
angestellte
Vermutung bestätigt. Ein unterarmlanges Tier,
das einer Schlange mit sechs Beinen glich, huschte von einem
flechtenbewachsenen Steinblock und verschwand raschelnd im Gras. Als
gefährlich konnte man solche Tiere aber wohl kaum bezeichnen. Im
25. Jahrhundert waren die meisten Vermutungen über eine
menschenfressende Flora und Fauna auf fremden Planeten längst
widerlegt worden. Tiere, die noch nie einem Menschen begegnet waren,
griffen ihn niemals von selbst an. Das Erscheinungsbild des Menschen
löste ganz einfach keinen Jagdreflex bei ihnen aus, da es weder
die vererbten Instinkte noch die gesammelten Erfahrungen ansprach.
Und fleischfressenden Pflanzen, die auf reine
Berührungsreize reagierten, konnte man ausweichen.
Das Gelände stieg allmählich wieder an.
Hier, wo die meiste Zeit des Tages Schatten herrschte, wuchs die
Vegetation üppiger. Der Boden war feucht, und manchmal glitt der
Fuß aus. Franklin begann zu schwitzen. Er schob sich die
leichte Schirmkappe ins Genick und wischte sich über die Stirn.
„Wenigstens erfrieren werden wir hier
nicht“, sagte Eino ironisch.
„Aber verhungern“, knurrte Hussein.
„Ob wir hier Wild finden?“
„Notfalls essen wir Kaulquappen“,
erklärte Jossip.
„Wenn es Kaulquappen sind“, erwiderte
Hussein.
Er warf damit eine Frage auf, deren Beantwortung
über Erfolg oder Mißerfolg der Übung entscheiden
konnte. Man hatte ihnen für genau einen
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