PR TB 059 Projekt Kosmopolis
in dein Zimmer und holst deine Flinte,
möglichst auch etwas Verpflegung. Danach kommst du in Rogers
Büro. Ich werde inzwischen die anderen alarmieren und versuchen,
einen intakten Gleiter zu bekommen. Okay?"
„Okay, Frank!" erwiderte Lyra mit mattem Lächeln.
Gemeinsam verließen sie das Verwaltungsgebäude. Draußen
trennten sich ihre Wege.
Franklin erreichte den Holzbau neben der halbfertigen Synthofabrik
nach einer Viertelstunde. Hier wohnte Roger Garfield, einer der sechs
nach Uktan verschlagenen Terraner. Roger war für die
Installation der Maschinenanlagen innerhalb der Fabrik
verantwortlich. Er würde zahlreiche schlaflose Nächte damit
verbringen, über seine Arbeitsprobleme nachzugrübeln. Aber
wenn einer der Freunde in Gefahr war, standen die anderen für
ihn ein. Und heute waren sogar zwei in Gefahr.
Bevor Kendall die Hütte betrat, blickte er zu der
Gewitterfront hinüber.
Noch wurde in Kosmopolis längst nicht halb soviel Energie
erzeugt, wie sich dort drüben in einem natürlichen Prozeß
entlud. Dennoch waren die Naturgewalten nicht in der Lage, die Bürger
der Stadt ernsthaft zu bedrohen - und schon gar nicht, einige von
ihnen spurlos verschwinden zu lassen.
Dazu gehörte etwas, das nur die am höchsten organisierte
Materie besaß: Verstand ...
Kurz nach Lyra traf auch Eddie Burke vor Roger Gar-fields
Behausung ein. Roger war es unterdessen gelungen, einen fahrbereiten
Gleiter zu beschaffen. Das Fahrzeug stand jetzt auf seinen
Stahlkufen; sein Triebwerk rumorte im Leerlauf.
Eddie zog seinen Uktan-Hund an der Leine hinter sich her. Das Tier
war kein Hund im irdischen Sinne. Es besaß zwar vier Beine,
einen Kopf und einen Schwanz, aber seine grünlich
fluoreszierende Schuppenhaut ließ erkennen, daß seine
Urahnen Echsen gewesen waren.
Das grelle Licht der drei Gleiter-Scheinwerfer schien den „Hund"
zu beunruhigen. Er sträubte sich gegen den Zug der Leine und
schnappte im Vorübergehen nach Lyras Beinen.
„Komm schon, Charlie!" schimpfte Burke und zog stärker
an der Leine. „Niemand tut dir etwas zuleide."
Charlie hob seinen dreieckigen Kopf und riß den Rachen auf.
Die gelblichen Giftzähne troffen vor Geifer. Es sah aus, als
wollte er demonstrieren, daß er sich nichts „zuleide tun"
lassen würde. Doch nach weiterem gutem Zureden watschelte er auf
seinen krummen Beinen auf die Ladefläche des Gleiters. Von
diesem Gang hatte er übrigens seinen Namen bekommen; es sollte
der Vorname eines terranischen Komikers aus dem zwanzigsten
Jahrhundert gewesen sein.
Aus dem Dunkel der Nacht näherte sich die Gestalt eines
haluterähnlichen Uktaners. Es gab etwa vierzig dieser Lebewesen
auf Uktan; sie waren keine wirkli
chen Haluter, sondern nur menschengroß und von gleicher
Konstitution wie die Terraner. Aber sie besaßen je zwei
Handlungs- und Stützarme, und in ihren kuppei-förmigen
Schädeln saßen Plan- und Ordinärgehirne wie bei
richtigen Halutern.
„Ich bin Alrun Tokart", erklärte das Wesen. Ohne
diese Erklärung hätten die Menschen nicht gewußt,
welchen Haluterähnlichen sie vor sich hatten. Es gab zwar äußere
Unterschiede, aber sie wurden nur von Gleichartigen erkannt.
„Wohin fahrt ihr?"
Franklin Kendall erklärte es ihm. Tokart hörte
schweigend zu, dann bat er, mitgenommen zu werden. Die Terraner
stimmten erfreut zu; Alrun Tokart war einer der ersten Uktaner, mit
denen sie nach der unfreiwilligen Aussetzung auf Uktan
zusammengetroffen waren. Er hatte sich als hochintelligent und
friedfertig erwiesen. Außerdem kannte er die Gefahren dieser
Welt besser als die Terraner.
Nachdem alle Platz gefunden hatten, setzte sich der Gleiter mit
röhrendem Antigravtriebwerk in Bewegung. . . .
.
Franklin steuerte. Die Scheinwerfer warfen einen breiten Korridor
aus Licht in die Finsternis; die Helligkeit wurde lediglich von dem
Wetterleuchten des heranziehenden Gewitters übertroffen. Zuerst
folgte der Gleiter dem Transportband. Es lag still, denn die erzeugte
Energie reichte nicht aus, die Arbeitsstellen bei Nacht so zu
beleuchten, daß gearbeitet werden konnte. Später bog
Franklin nach Nordosten ab, hielt sich über den Resten einer
halbverschütteten Straße und steuerte schließlich
zwischen eingesunkenen Bauwerken hindurch bis zu einem weiten Platz.
Wenige Meter vor der Kreislinie, an der die Vegetation abrupt
aufhörte, setzte er das Fahrzeug auf die Kufen.
„Hier ist es. Fahren wir erst einmal eine Runde?"
„Ja, aber außerhalb des Platzes",
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