PR TB 065 Die Welt Der Glückseligen
daraus, daß der Administrator patriarchalisch
regierte, wie es auf den meistenjungen Siedlungswelten gang und gäbe
war. Jovilla übrigens, erklärte sie, studierte
Kosmohistorik. Begeistert sprach sie von den Funden, die hier auf
Homy gemacht würden. Marat hörte ihr nur mit halbem Ohr zu.
Er hatte sich noch nie für dieses Gebiet interessiert.
„Nächste Woche führt eine Gruppe von uns eine
Exkursion zu den Ausgrabungsstätten auf dem zweiten Kontinent
durch“, berichtete Jovilla enthusiastisch. „Hätten
Sie nicht Lust, sich uns anzuschließen?“
„Ich fürchte, ich werde damit zu tun haben, mich nicht
zum nächsten Opfer der ,Unfallserie' machen zu lassen, Jovilla.“
„Seien Sie bloß vorsichtig!“ warnte Jovilla.
Unvermittelt warf sie die Arme um seinen Hals, drückte ihm
einen Kuß auf die Lippen - und glitt aus dem Fahrzeug, bevor er
sie festhalten konnte.
Marat beugte sich hinaus und rief gedämpft:
„Wo treffen wir uns morgen abend?“
„Im Tribulon, Pierre. Ich werde vorher noch einmal anrufen.
Gute Nacht!“
Damit entschwand sie seinen Blicken hinter den Grenzsträuchern.
Kurz darauf hörte Marat eine Tür auf- und zugehen.
Er seufzte und schloß die Tür seines Gleiters. Dann
steuerte er das Fahrzeug über die blau leuchtende Bahn, die der
städtischen Fernsteuerzentrale unterstand, und nahm Kontakt auf.
Er bat darum, zum „Nivarra“ geleitet zu werden, wurde
registriert und wenig später in Fernsteuerung genommen.
Jean Pierre Marat schloß die Augen und lehnte sich bequem
zurück. Er fühlte sich plötzlich todmüde. Kurz
darauf glitt er in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Deshalb bemerkte
er nicht, daß sein Gleiter einige Kilometer vor dem Stadtkern
nach rechts ausscherte und in eine Ausfallstraße einbog ...
*
Roger McKay erwachte, als die ersten Sonnenstrahlen des
anbrechenden Tages ihm ins Gesicht schienen. Er hob den Kopf und sank
mit einem unterdrückten Schmerzenslaut wieder zurück.
Dumpf erinnerte er sich daran, daß er nach der Rückkehr
aus dem Tribulon noch eine ganze Flasche Whisky geleert hatte.
Offenbar war das zuviel gewesen.
Aber zuvor hatte er Kathleen nach Hause gebracht - oder vielmehr
zu ihrem Hotelzimmer. Kathleen war Kosmobiologin und befand sich auf
Homy, um die Arbeit ihrer araischen Kollegen in der Tephora-Klinik zu
studieren.
Stöhnend wälzte McKay sich aus dem Bett. Nackt, wie er
war, warf er sich ins Badebecken. Allmählich ließen die
Kopfschmerzen nach. Er dachte mit grimmigem Lächeln an Kathleen,
mit der er sich wirklich ausgezeichnet verstanden hatte. Dennoch
hatte sie ihn abgewiesen, als er mehr verlangt hatte als
Sympathieküsse. Das war für ihn, der sich für
unwiderstehlich hielt, ein schwerer Schlag gewesen.
McKay kletterte aus dem Wasserbecken und stellte sich unter die
kalte Dusche. Anschließend ließ er sich von einem
Heißluftstrahl trocknen. Er beschloß, nicht über
seinen Mißerfolg zu sprechen - auch nicht seinem Partner
gegenüber. Er schämte sich deswegen. Dennoch fühlte er
sich weiterhin zu
Kathleen hingezogen. Vielleicht gerade deshalb, weil sie ihn
offensichtlich mochte und dennoch standhaft geblieben war.
„Allmählich werde ich alt und weise“, murmelte
Roger McKay zu sich selbst.
Er öffnete die Tür zum gemeinsamen Wohnraum und rief
nach Marat. Als er keine Antwort bekam, sah er im Schlafzimmer seines
Freundes nach. Das Bett war leer und unberührt.
Kopfschüttelnd kehrte er ins Wohnzimmer zurück und
schenkte sich einen Whisky ein. Seine Laune stieg. Er begann mit
seiner obligatorischen Frühgymnastik.
Deshalb überhörte er den Eintritt der beiden Männer.
Erst als sie sich räusperten, erblickte er sie. Der eine war
schlank und drahtig, mit intelligenten Zügen und einer
Narbe quer über der Stirn; der andere entsprach mehr dem
bulligen Typ: rotgesichtig, breitschultrig und stiernackig.
Der Schlanke neigte ironisch lächelnd den Kopf.
„Mr. Marat...?“
„Tut mir leid“, erwiderte McKay. „Aber ich bin
nicht Marat.“
Der Schlanke wölbte die Brauen.
„Wir möchten aber Mr. Marat sprechen.“
„Da kann ich Ihnen nicht helfen“, antwortete McKay
gelangweilt. „Kommen Sie ein andermal wieder.“
Der Bullige trat einen Schritt auf ihn zu. Er funkelte ihn an,
dann wandte er sich fragend nach seinem Begleiter um.
Der Schlanke schüttelte kaum merklich den Kopf. Dann zog er
eine glänzende Marke hervor, zeigte sie McKay und steckte sie
wieder ein.
„Captain Mesville von der Stadtpolizei -
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