PR TB 066 Supernova
solches nicht
gesagt werden. Das Gesetz war im höchsten Grade flexibel und
konnte je nach Lage und Vorfall so oder so ausgelegt werden. Der
Prozeß, den er soeben erlebt hatte, war eine Farce ersten
Ranges gewesen - ein schlechtes Theaterstück, in dem sich die
Schauspieler nicht die Mühe gemacht hatten zu verbergen, daß
sie nur Theater spielten.
Wäre es jedoch auf Josaph so, daß man weiter nichts als
Geld brauchte, um sich vor der Strafe zu drücken, dann säßen
seit langem alle armen Leute im Gefängnis, die Reichen wären
längst arm gewesen, und die Anwälte und Richter hätten
sich inzwischen nach anderen Weidegründen umsehen müssen.
Mit anderen Worten: Das Leben auf Josaph wäre zum Stillstand
gekommen. So einfach, schloß Stoke, konnte es also nicht sein.
Es gab nur eine Erklärung. Josaph wurde von
Interessentengruppen beherrscht, die die Gesetze so handhabten, wie
es ihren Zwecken am besten diente. Der Zustand schien stabil zu sein,
sonst wäre es über kurz oder lang zur Revolution gekommen.
Die verschiedenen Interessengruppen schienen sich untereinander
abgesprochen und eine Lösung erreicht zu haben, die allen genehm
war. Nicht das Gesetz, sondern die Interessengruppen sorgten auf
Josaph für Ordnung.
Im Lichte dieser Erkenntnis gewann auch Stokes Lage ein neues,
nicht unbedingt erfreuliches Aussehen. Keiner der verschiedenen
Gruppen konnte daran liegen, ihm die Mühe eines längeren
Gefängnisaufenthaltes zu ersparen - den meisten deswegen nicht,
weil sie ihn nicht kannten, und ein oder zwei anderen, die ebenfalls
hinter, Astram Olbrichs Geheimnis her waren, aus einem Grunde, der
offen auf der Hand lag. Im ersteren Falle, also in dem der
uninteressierten Gruppen, war Stoke seiner Sache völlig sicher.
Es mußte also eine der interessierten Gruppen (falls es mehr
als eine gab) gewesen sein, die die achttausend Einheiten aufgebracht
hatte, um Kara Ling zur Zitierung eines Rechtsbeistandes zu bewegen.
Warum, fragte sich Stoke, würde jemand, der ebenso wie er
hinter Astram Olbrichs geheimnisvoller Entdeckung her war wie er
selbst, achttausend Einheiten ausgeben, nur um ihm, Stoke, von dem er
erwarten mußte, daß er ihm über kurz oder lang in
die Quere käme, aus dem Gefängnis zu helfen?
Die einzige Antwort, die Stoke vorläufig auf seine
selbstgestellte Frage fand, war erschreckend und plausibel zugleich.
Er war für den Unbekannten eine Drohung. Er mußte
beseitigt werden. Im Gefängnis wäre er vor unbefugtem
Zugriff sicher gewesen, und vielleicht hätte er über kurz
oder lang seine Freiheit doch wiedererlangt - zu einem Zeitpunkt und
unter Umständen, über die der Unbekannte in solchem Fall
keine Kontrolle gehabt hätte. Er hatte achttausend Einheiten
ausgegeben, um Stoke aus dem Gefängnis ans Freie zu holen, zu
genau vorbestimmter Zeit. Er hatte ihn sich somit auf die Zielscheibe
gesetzt, und die Waffe, mit der der unerwünschte Neugierige von
Terra ausgeschaltet werden sollte, war wahrscheinlich schon angelegt.
Die terranische Handelsmission residierte in einem wenig
ansehnlichen Gebäude am Rande der Innenstadt. Stoke und Shink
Ool wurden von einem Beamten empfangen, der sie zum Arbeitszimmer des
höchsten Vertreters des Solaren Imperiums auf Josaph führte.
Der Chefrepräsentant - so lautete sein offizieller Titel - wer
ein hagerer Mann in den mittleren Jahren, der die Angewohnheit zu
haben schien, Geschäfte, in denen es sich um Geldausgaben von
seiner Seite drehte, rasch und mit einem Mindestmaß an
Höflichkeit abzuwickeln. Stoke erhielt eine Anweisung über
achtunddreißigtausend Einheiten josaphischer Währung,
ausgestellt auf eine örtliche Bank, und die frostig zum
Ausdruck gebrachte Versicherung, daß man sich freue, ihm zu
Diensten gewesen sein zu können.
Im Foyer überreichte Stoke dem Anwalt die Anweisung. Shink
Ool nahm sie ohne Kommentar entgegen. Er schickte sich an, das
Gebäude zu verlassen; aber Stoke hielt ihn zurück.
»Ich kann Sie gebrauchen«, sagte er. »Sie sind
ein Mann, der sich auskennt. Sind Sie zu haben?«
Shink Ool wiegte den Kopf.
»Von Zeit zu Zeit und gegen entsprechende Entlohnung -
sicher. Was haben Sie vor?«
»Das steht noch nicht fest.«
»Wo kann ich Sie erreichen?«
»Nirgendwo. Ich erreiche Sie.«
Der Akone musterte ihn mit einem Blick, der Erstaunen und Achtung
zum Ausdruck brachte.
»Sie sind ein vorsichtiger Mann, Stoke Derringer«,
sagte er ernst, »und Sie tun gut daran. Ich bin jederzeit zu
erreichen, wenn Sie mich
Weitere Kostenlose Bücher