PR TB 068 Die Säulen Der Ewigkeit
er.
Zuerst wusch ich vorsichtig den Sand und das geronnen Blut vom
Körper des Feldherrn. Die Wunden zeigten sich langsam, und ich
preßte die Kiefer aufeinander, um nicht aufzustöhnen —
der verwundete Löwe hatte Neter-Nacht buchstäblich halb
zerfleischt.
Die Brust des Mannes hob und senkte sich schwach, und als ich die
rechte der beiden Taschen öffnete, den Kasten mit den bewußt
primitiv aussehenden Geräten hervorhob, stand Hepetre da und
staunte schweigend.
»Bringe saubere Tücher — aber stehle sie den
Hirten nicht!« sagte ich.
Hepetre nickte und verschwand.
»Das wird eine Sache auf des Dolches Schneide«,
murmelte ich. Zuerst spritzte ich dem jungen Mann, dessen Gesicht
merkwürdigerweise unverletzt war, ein kreislaufstabilisierendes
Mittel, dann übersprühte ich die schwersten Wunden mit
einem Breitbandantibiotikum, anschließend legte ich eine
Schicht Plasma darüber, das sich binnen Stunden mit dem rohen
Fleisch verbinden würde.
Das Blut war von der Brust abgewaschen, die Wunden geschlossen,
einige Nähte hatte ich schnell gezogen. Jetzt legte ich die
Streifen der zerrissenen Leinwand darauf und drehte mit Hilfe
Hepetres den schlaffen Körper des Feldherrn um. Der Rücken
war, abgesehen von einigen Prellungen, fast unversehrt, aber
Neter-Nacht hatte viel Blut verloren. Knochen waren nicht gebrochen;
wir stellten es fest, als wir die feuchte Unterlage, die mit Wasser,
Sand und Blut getränkt war, gewechselt und den Körper
wieder auf dem harten Tisch liegen hatten. Ich tastete jeden Knochen
ab, bewegte die Finger, dann opferte ich einige der kombinierten
Pflaster, um kleinere Wunden abzudecken.
Noch immer lag der Zellaktivator, dessen Heilkraft den Feldherrn
durchströmte, auf seiner Brust.
Ich hütete mich, den Aktivator auch nur zu beachten; je
unauffälliger ich mit dieser Garantie für mein eigenes
Leben — und jetzt für das Neter-Nachts — umging,
desto ungefährdeter war ich.
»Hepetre — Neter-Nacht hat viel Flüssigkeit
verloren. Lasse von den Hirten viele Früchte auspressen und in
einen Krug füllen. Aber es dürfen keine Kerne in dem Saft
sein.«
Deine Aussprache ist gerade so unkorrekt, daß man dir den
weisen Fremdling glaubt, sagte mein Logissektor.
Fast scheu, irgendwie schuldbewußt, kamen jetzt die anderen
acht Männer. Sie standen in der Nähe des Tisches, hatten
sich an der Quelle gewaschen, und erst jetzt konnte ich erkennen, daß
sie wirklich der Garde angehörten. Sie waren einfach, aber
kostbar gekleidet. Harte, entschlossene Gesichter, Muskeln und jene
Aura von Todesverachtung, die einen Krieger umgab, ob er es wollte
oder nicht. Im Augenblick aber waren sie schüchtern
und benahmen sich, als wären sie Zeugen eines Wunders
gewesen. Die Ärzte dieses Landes schienen nicht gerade mit allen
Erkenntnissen der Medizin gesegnet zu sein. »Herr«, sagte
einer von ihnen. »Arzt! Ist er tot?«
Ich schüttelte den Kopf und deutete auf die Brust des
Feldherrn. Sie hob und senkte sich kräftig, aus dem Weiß
der Haut wurde langsam wieder ein natürliches Braun. Es
kontrastierte mit dem Weiß des Leinens.
»Nein«, sagte ich. »Er wird leben, aber er muß
zehn Tage hier liegen. Nicht gerade auf
den Brettern, aber er darf sich wenig bewegen, muß viel
trinken und in der Sonne liegen.« Hepetre kam zurück mit
einem großen Krug, der bis an den Rand gefüllt zu sein
schien, denn er wog schwer. In der anderen Hand hielt der etwa
dreißigjährige Mann mit dem langen schwarzen Haar einen
Becher, aus dünnem Bronzeblech gehämmert.
»Richtig, Herr?«
Ich schüttete einen Becher voll, nahm einen tiefen Schluck
und war überzeugt, daß diese Mischung aus Kürbisfrucht,
Dattelsaft und anderen Früchten, die ich nicht kannte,
Neter-Nacht helfen würde.
»Gut!« sagte ich und trank den Becher aus.
Dann flößten wir gemeinsam dem Feldherrn einen Becher
nach dem anderen ein. Der Junge befand sich zwischen Bewußtlosigkeit
und Wachsein, aber er schluckte und erbrach sich nicht. Der
Zellaktivator beschleunigte den Heilungsprozeß, und selbst wenn
ich ihn entfernte, weil ich ihn selbst brauchte, hatte er soviel
geleistet wie ein Ärzteteam in einer arkonidischen Stadt. Ich
nickte und stellte den Tonkrug weg.
»Er ist erwacht«, sagte ich, »und jetzt schläft
er. Ich werde heute hier bleiben und nach ihm sehen, aber morgen seid
ihr für ihn verantwortlich. Er muß zehn Tage hier
bleiben!« Hepetre nickte schweigend.
Ich verstaute die Geräte wieder in meiner Tasche,
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