PR TB 069 Menschen Aus Der Retorte
überstürzten
Wiedergeburtsprozesses ausdeuten.
„Ich fühle mich gut, Fhami-Yang“, antwortete er
und erwiderte das Lächeln des Regenerationstechnikers. „Wie
geht es Sidni-Calv?“
„Nossa-Khlem kümmert sich um ihn“, erwiderte
Fhami-Yang. „Er wird mit dir zugleich erwacht sein. Babakow
Irul-Luzie hat sich bereits nach dir erkundigt. Sie läßt
mitteilen, daß sie heute noch deinen Besuch erwartet.“
Ein wärmendes Gefühl durchströmte Sidni-Stem.
Irul-Luzie hatte ihn also nicht vergessen. Er würde sich wohl
doch bald um Aufnahme in ihre Familie bewerben. Stem wußte, daß
er eigentlich anderes zu tun hatte, aber noch wichtiger war, daß
er sich wie jeder beliebige andere Zweitgeborene verhielt.
Seine Nervosität ließ sich allerdings nur schwer
unterdrücken. Er mußte ständig daran denken, was wohl
die Fremden zur Zeit unternahmen. Bereiteten sie sich auf einen
Angriff vor? Oder beobachteten sie vorläufig nur? Starben
vielleicht zu diesem Zeitpunkt andere Menschen, weil sie zufällig
auf die Spur der Eindringlinge stießen?
Trotz der Nervosität blieben Sidni-Stems Überlegungen
rein sachlicher Natur. Als Angehöriger einer Zivilisation, der
die Möglichkeit der bioenergetischen Regeneration die Furcht
nach dem „Nichts nach dem Tod“, wie sie anderswo
das Leben formte, genommen hatte, kannte er die Endgültigkeit
des Todes nicht. „Tod“ bedeutete für die Refugier so
etwas wie ein vorübergehendes Stadium geistiger und körperlicher
Inaktivität.
Stem ließ die Nachbehandlung geistesabwesend über sich
ergehen. Die Massagen mit einem Spezialöl sowie die stärkenden
Injektionen waren für ihn lästige Nebensächlichkeiten.
Dennoch registrierte er dankbar die zunehmende Vitalisierung.
Als der Regenerationstechniker ihn endlich entließ, eilte er
zuerst in den Nebenraum, wo sein Mutterbruder sich soeben erhoben
hatte.
Sidni-Calv winkte ihm lächelnd zu, was Stem wieder daran
erinnerte, daß Calv keine Ahnung von seiner Todesursache hatte.
Stem erschrak, als ihm dabei seine eigene Unterlassungssünde
einfiel.
Er hatte den Regenerationstechniker nicht nach den Umständen
seines Todes gefragt.!
Mit verlegenem Lächeln blieb er stehen und rieb sich das
Kinn.
„So etwas!“ entfuhr es ihm mit gespielter
Selbstironie. „Ich habe doch tatsächlich vergessen, woran
wir gestorben sind. Es muß ein Unfall gewesen sein, Calv.“
Sidni-Calv betrachtete seinen Mutterbruder verwundert. Dann lachte
er.
„Typisch Sidni-Stem! Wahrscheinlich warst du in Gedanken bei
deinem nächsten Buch, wie?“
Das war die erste Gelegenheit, das Geheimnis anzudeuten!
Sidni-Stem nickte.
„Das stimmt. Mein jetziges Buch fesselt mich stärker
als alle vorangegangenen. Vor allem deshalb, weil ich bei den
wissenschaftlichen Recherchen auf etwas Seltsames gestoßen
bin.“ Er sah Calvs interessierten Blick und winkte lächelnd
ab. „Es ist noch zu früh, etwas zu verraten.
- Also, was war mit uns? Ich weiß nur noch, daß du mir
deine Meeresfarm zeigen wolltest.“
„Unser Alsatian muß unter Wasser explodiert sein“,
erklärte Sidni-Calv ernst. „Als wir uns nicht meldeten,
schickte man eine Suchmannschaft aus. Sie fand einige Trümmer
des Hütebootes und unsere Körper.“
„Der Alsatian - explodiert.“, murmelte Stem, als
überraschte ihn die Mitteilung. „So etwas ist bisher noch
niemals geschehen, soweit ich weiß. Kennt man die Ursache der
Explosion?“
Sidni-Calv verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
„Sie war nicht mehr zu ermitteln. Man vermutet aber, daß
der Alsatian mit einer Klippe kollidierte.“
Stem spielte den Betroffenen.
„Was.? Dann gibt man mir womöglich die Schuld. Soviel
ich weiß, wollte ich das Boot steuern, oder?“
„Ja, und wahrscheinlich hast du es gesteuert. Das heißt
aber nicht automatisch, du hättest versagt. An der
Explosionsstelle hat nämlich ein Felssturz stattgefunden. Das
Boot könnte durchaus in die absinkenden Brocken geraten sein.“
„Hm!“ machte Sidni-Stem mit gespielter Erleichterung.
„Anders kann ich es mir nicht erklären. Ich hätte
bestimmt keinen Fehler gemacht. Schließlich sind mir die
Alsatians fast so vertraut wie dir.“
Schade! dachte er gleichzeitig. Es wäre schön gewesen,
wenn die Untersuchungskommission Anhaltspunkte für äußere
Einwirkungen gefunden hätte.
Nein, sagte er sich sofort darauf. Selbst wenn das der Fall
gewesen wäre, hätte man sie nicht richtig gedeutet. Jedem
Refugier mußte es nicht nur absurd
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